Paracelsus war ein tiefgründiger, genialer Arzt und Heiler, der von enormer Energie und Schaffenskraft beseelt war.
Sein Leben, Wirken und Heilen war so vielschichtig und umfassend, dass immer wieder nur ein ganz kleiner Teil zu verstehen und beschreiben möglich ist. So ist auch diese Darstellung zu seinem Wirken im Bad Pfäfers nur eine Anregung für eigenes, weitergehendes Studium und Nachforschen.
Während dem Sommer 1535 war Paracelsus Gast von Fürstabt Johann Jakob Russinger, auf dessen Burg Wartenstein in Pfäfers. Dieser Ort wurde früher Pfeffers genannt. Paracelsus nannte dieses Gebiet in der Pfäferser Badeschrift „Oberschwytz“ = heute Ostschweiz. Diese Schweizer Ortschaft Pfäfers grenzt an den heutigen Kurort Bad Ragaz im Kanton Sankt Gallen. Fürstabt Russinger nahm Paracelsus’ ärztlichen Rat in Anspruch.
Paracelsus heilte den Fürstabt Russinger von seinem Magen- und Nierenleiden.
Was er ihm genau verschrieb, zeigt das Konsilium = medizinischer Ratschlag, das er für den Fürstabt ausgestellt hatte. Es ist das einzige deutschsprachige Dokument, das in seiner Handschrift original erhalten geblieben ist und wird im Stiftsarchiv St. Gallen, Bestand Pfäfers, aufbewahrt. Das medizinische Consilium des Paracelsus für Abt Johann Jakob Russinger wurde 1986 von Willem F. Deams und Werner Vogler neu ediert und kommentiert, Hrsg. Schweiz. Paracelsusgesellschaft, Einsiedeln. Darin sind genaue Anweisungen für die einzunehmenden Medikamente aufgeführt und vermerkt, in welchen Jahreszeiten, welchen Tierkreiszeichen und bei welchem Stand des Mondes diese einzunehmen sind, ein Beispiel daraus:
„Zum magenn
Soll Ewer gnod all jor zweiy mol, purgierenn, ein mol im herbst in abnemmendem nwenn monn, so es im zeychenn Scorpionis, oder Visch ist, zue morgens die artzny innemmenn, umd die 4. ist ein pulver gedrunken in einem win, und doruff fasten iij stund, dornoch essenn ein erbs brue on saltz und schmaltz …“
Für das Magenleiden empfiehlt Paracelsus, zwei Mal im Jahr bei abnehmendem Mond im Zeichen Skorpion und Fische, eine Purgatia (Reinigung, Ausleitung) durchzuführen, so dass Schlacken – oder Giftstoffe ausgeschieden werden. Die Arznei soll am Morgen eingenommen und nachmittags um vier Uhr ein Pulver in Wein getrunken werden. Anschließend soll während drei Stunden gefastet und dann eine Erbsenbrühe ohne Salz und Schmalz gegessen werden.
Fürstabt Russinger beauftragte Paracelsus, die Quelle in der Taminaschlucht zu untersuchen
Zur Fürstabtei Pfeffers gehörte das Heilbad in der Taminaschlucht, das schon damals berühmt war. Es liegt in einer Erosionsspalte von oft senkrechten, überhängenden Felswänden. Unter und neben dem Flussbett der Tamina entspringen eine Anzahl zusammenhängender Quellen. Auf alten Karten wurde die Tamina lat. «Caminus» = Feuerofen/Kamin genannt, denn die warmen Dämpfe der Quellen stiegen aus dem mächtigen Abgrund der Taminaschlucht herauf. Die Patres entdeckten, dass die Quellen Kräfte haben, um Kranke zu heilen. Daraufhin ließen sie Strickleitern anbringen, Stufen in die Felsen schlagen und tiefe Wannen in die Felsen hauen, damit in diesem Quellwasser gebadet werden konnte.
Es kamen viele Kranke, die hier nach Heilung suchten. Vom Kloster Pfeffers her führte der Weg zum Zugang zum Baden im heilenden Thermalwasser. Doch dann mussten die Kranken einen abenteuerlichen, steilen, schwindelerregenden Abstieg zur Therme hinunter überwinden. Sie mussten nämlich von den oberen Felsrändern über Strickleitern hinunterklettern oder sich in Körben über die steilen Felswände in die Schlucht hinabseilen lassen. So kamen sie vom hellen Taglicht hinunter in die Dunkelheit der Schlucht. Nur die Mittagssonne vermag durch diese Felsspalte hinunterzustrahlen.
Die Mönche des Klosters Pfeffers besorgten den Transport durch die Felsspalte in die Schlucht hinunter. Sie verrichteten auch die Aufgaben der Pflege und der Verpflegung für die Kranken.
Der Chronist Stumpf bemerkte damals, in der Schlucht müsse man einander wie in einer Mühle laut zurufen, um verstanden zu werden. Das ist auch heute noch so, denn die Schlucht ist erfüllt von dem mächtigen, tosenden Rauschen der Therme und dennoch, wenn wir in innerem Einssein des Herzens hier lauschen, von erhabener, erquickender Stille, ein wahrhaft heiliger Ort.
Bei Dunkelheit und Kerzenlicht mussten die Kranken sechs bis sieben Tage lang ununterbrochen im sich laufend erneuernden, körperwarmen Heilwasser geduldig ausharren. Sie aßen, tranken und schliefen auch in der Therme. Das wurde so gehandhabt, weil einerseits der Auf – und Abstieg überaus gefährlich war, andererseits aber auch, um die volle Heilkraft des Wassers zu nutzen.
Über hundert Jahre lang wurde auf diese beschwerliche Art in der Schlucht gebadet. Die Zahl der Heilsuchenden nahm ständig zu, obwohl der eine oder andere beim Anblick des Eingangs in die Felsspalte, von Angst überwältigt, wieder umkehrte. Das kostbare Wasser wurde dadurch bekannt, dass es die rühmlichen Vorteile des Goldes besitze, das zum Segen der Heilsuchenden genutzt wurde.
Die Krankheiten der Heilsuchenden waren Arthritis, Gicht, Krätze (stark juckender Hautausschlag), Ekzeme, Wunden, Gelenkversteifung und verletzte Gelenke.
So war die Situation, als Paracelsus in die Schlucht hinabstieg, um das Klosterbad im Auftrag seines Gastgebers, Abt Russinger, auf seine Heilwirkung zu untersuchen. Paracelsus fand, dass ein Heiler ein guter Student der Natur sein sollte. Die Natur offenbart viele Geheimnisse, die man wahrnehmen kann, wenn man dafür offen ist. Genauso wie die Atmung hilft, den Vitalkörper zu energetisieren, hilft auch das Wasser, die Vitalkraft zu erhöhen und den physischen Körper zu heilen. Für ihn drängten die Wasser und Dämpfe der Therme wie aus unterirdischen Laboratorien ans Licht. Er erkannte die heilende Wirkkraft des Wassers und versuchte als erster, die biologische und therapeutische Wirkung der Quelle nachzuweisen und sie so von gewöhnlichen Süßwassern zu unterscheiden.
Mit dieser Arbeit von Paracelsus begann die balneologische Wissenschaft = die Bäderheilkunde. Das ist die Lehre von der Entstehung, Gewinnung und therapeutischen Anwendung ortsgebundener Kurmittel wie Heilquellen, Heilpeloide (z.B Heilerde), Heilgase (z.B Schwefel). Die Anwendungen nennen wir heute Hydrotherapie = Wasserheilkunde, die methodische Anwendung des Wassers in seinen verschiedenen Temperaturen und Aggregatzuständen wie flüssig, fest, gasförmig zu diätetischen (Maßnahmen einer gesunden, dem Körper angepassten Lebensweise), prophylaktischen (vorbeugenden) und therapeutischen (heilenden) Zwecken.
Paracelsus verfasste die erste Badebeschreibung mit genauen Indikationen und Behandlungsvorschriften für die Anwendung der Therme mit dem Titel „Vonn dem Bad Pfeffers in Oberschwytz gelegen / Tugenden / Krefften und Würckung / Ursprung und Herkommen / Regiment und Ordinanz“ d.h. von den Tugenden, Kräften und Wirksamkeit, Ursprung und Herkunft, Richtlinien und Verordnungen.
Diese umfangreiche Schrift, datiert vom 31. August 1535, ist eines der frühesten Zeugnisse einer wissenschaftlichen Bäder – und Heilquellenkunde, der heutigen Hydrotherapie. Paracelsus widmete sie dem Fürstabt Johann Jakob Russinger, der die Schrift unverzüglich drucken ließ. Seine Zeitgenossen nannten es Bäderbüchlein. Im Gegensatz zu anderen seiner wichtigen Schriften nahmen sie dieses begeistert zur Kenntnis. Durch die Betriebsamkeit der Badeverwaltung kam es in Umlauf und wurde immer wieder neu gedruckt. Es ist auch heute noch bedeutungsvoll und Paracelsus Erkenntnisse finden in der neuzeitlichen Medizin immer mehr Beachtung.
Das Wildbad von Pfäfers wurde von Paracelsus am höchsten eingeschätzt
Von allen Heilquellen, die Paracelsus im Verlauf seines Lebens besuchte, schätzte er das Wildbad von Pfäfers am höchsten ein. Er sagte: „Es ist ein lauteres klares Wasser, das keinem Körper anhängt und auch keinen Geschmack hat.“2 Und dennoch übt dieses geruch – und geschmacklose Wasser auf den Organismus eine starke Wirkung aus.
Ein Wildbad wird heute eine Akrathotherme (griech. akratos = unvermischt, rein; thermē = Wärme, thermai = warme Bäder), genannt. Darunter versteht man eine warme, mineralarme Quelle, die ein 20 – 50° C warmes Wasser führt. Das an gelösten mineralischen Substanzen speziell arme Wasser darf max. 1 Gramm gelöster Stoffe enthalten. 3 Das 36,5° C warme Wasser der Taminaquelle enthält nur 0.4 Gramm. Nach neueren geologischen Erkenntnissen reicht das Einzugsgebiet der Thermalquelle ins Gebiet des Tödi, wo es in große Tiefen versickert. Das Wasser benötigt nach seinem Eintritt in den Boden des Einzugsgebiets über 10 Jahre, bis es mit ca. 5000- 8000 Liter pro Minute wieder aus dem Quellschacht der Taminaschlucht hervortritt. Die chemische Zusammensetzung bleibt praktisch konstant, unabhängig vom Ertrag der Quelle, von der Jahreszeit und von den Niederschlägen.4
Der große Arzt bewies immer wieder sein starkes und geschultes Wahrnehmungsvermögen.
Die Temperatur der Quelle, 36.5° C bleibt konstant, unabhängig von den Jahreszeiten, das ganze Jahr über. Paracelsus beschrieb die Temperatur der Quelle „…die sich so lieblich verglicht mit menschlicher Natur“, das heißt mit der Blutswärme, weil diese der Kerntemperatur des menschlichen Körpers, 36.5 – 37.5° C entspricht.
Das ist wichtig für unsere Gesundheit, denn die Stoffwechselprozesse benötigen diese menschliche Betriebstemperatur, damit sie mithilfe von Enzymen optimal funktionieren können. Je tiefer die Körpertemperatur, umso langsamer funktionieren die Stoffwechselprozesse, das Blut und die Lymphe werden kühler. Dadurch fließen sie langsamer, ebenso werden die Zellfunktionen verlangsamt, die Entgiftungsleistung wird reduziert und die Ablagerungsprozesse werden erhöht. Das wiederum führt zu mangelnder Vitalkraft und Energie. Die Körperwärme von ca. 37° C ist Voraussetzung für gut funktionierende Stoffwechselvorgänge, sie erhöht die Vitalkraft , steigert die Leistungsfähigkeit und ist heilsam für die Psyche. Um dies zu gewährleisten, besitzt der Körper einen Wärmeregulationsmechanismus, d.h. in der Haut befinden sich Thermorezeptoren = Temperaturfühler, womit er diese Temperatur halten kann.
Die Wasserläufe in der Erde sind analog der Bäume auf der Erde
Die wunderbaren Naturbäder waren für Paracelsus Orte, an denen die Kräfte aus der Tiefe der Erde und von den Höhen der Sterne zu einer Einheit verschmelzen. Die Natur zeigt sich im Wasser genau so wunderbar wie im Firmament: „Haben die Sterne ihren Lauf, so hat ihn auch das Wasser. Der Lauf des Wassers in der Erde und Erdkugel ist so wunderbar wie der Lauf der Sterne. So hat die Natur nichts ohne große Wunder gemacht.“ 5
Er erklärt, dass es mehr solche warmen Wässer gibt, als wir erfahren können. Sie bewirken, dass die Meere und Gewässer nicht zufrieren können, und das Gefrieren keinen Bestand hat. Die warmen Wässer liegen in der Erdkugel wie die Bäume auf der Erde.
So wie ein Baum von seinem Samen heraus, hinaus an die Luft, der Sonne entgegenwächst, so dringt aus dem Zentrum der Erde ein Samen, woraus Wasserläufe entstehen . Sie teilen sich in Äste, soweit die Erde reicht und kommen an den Tag, denn was innen oder oben auf der Erde ist, drängt zum Himmel. So dringt der Baum der Wasserläufe mit seinen Ästen durch die Erde. Dadurch gelangt die Wärme der Erdkugel in alle Gegenden.
Wo diese Wärme infolge Fehlens von Wasserläufen nicht hinkommt, dort gibt es keinen Sommer. Manchmal kommt es vor, dass solche Wasserläufe abgeschnitten werden, wie einem Baum ein Ast abgesägt wird. Dies geschieht durch ein Erdbeben oder einen Verfall der Wasserläufe.6
An ihren Früchten erkennt man die Eigenschaften der Bäume und auch der Bäder. „Die Art, Materie und Eigenschaft der Bäder sollen so wie die Bäume verstanden werden,“ sagte Paracelsus. „An ihren Früchten erkennt man die Art und Eigenschaft der Bäume. Jedes Ding, das in der Natur ist, soll durch seine Früchte erkannt werden.“ 7
Die Früchte, welche uns die Art der Bäder zeigen, erkennen wir durch die Wirkung, die sie bei den Krankheiten vollbringen. Das Bad Pfäfers hat seine Wärme nicht von der Scheidung, sondern von der Zusammensetzung der Minerale des Vitriols auf der einen Seite und von den drei ersten Dingen des Kupfers, des Goldes und des Bleis auf der anderen Seite. Es hat die angeborene Art, Kraft und Tugend wie die Flüssigkeiten des Vitriols, des Goldes, Kupfers und Bleis. Es läuft durch diese Erze und zuletzt durch Eisenerze und einige Alabastersteine, unvermischt durch Einfall anderer Wasserläufe. Vom vierten Teil der Erdkugel hat es sein Zentrum und seinen Durchbruch. 8
Die wirksamen Tugenden vom Bad Pfäfers, sie erinnern an naturheilkundliche Aus – und Ableitungsverfahren, beschrieb er so:
- Es heilt den podagrischen, gichtischen Schleim (Podagra = akuter Gichtanfall am Großzehengrundgelenk) und den Schleim der Paralysis (des Schlaganfalls).
- Es stärkt und heilt die Paralysiskranken (Gelähmten), die noch nicht an Gewicht abgenommen haben und wo noch kein Muskelabbau stattgefunden hat.
- Es entfernt die Colica (die schmerzverursachenden Ablagerungen) aus den Gliedern und treibt sie über den Harn und den Stuhl aus. Deshalb ist es bei Kontrakturen (Gelenkversteifung, bei gekrümmten, kraftlos gewordenen Gliedmaßen oder Lähmungen) gut.
- Es zieht den Leprakranken die Haut ab und macht ihnen eine große Trockenheit, dann eine neue geschlossene Haut. Daher kann man sagen, dass es die Lepra gleichsam heilt.
- Es heilt die Oelschenkel (Ödeme, Unterschenkelgeschwüre mit Ekzemen) und alle ätzenden offenen Schäden, wenn sie durch eine Reinigung vorbereitet wurden.
- Es hält die Menstruation in Ordnung, vermindert sie oder ruft sie hervor.
- Es ist auch für die gut, die lange krank waren und beginnen, wieder zu Stärke zu kommen.“ 9
Für Paracelsus sind in den Wässern alle wirksamen Tugenden, welche die Kräuter und Steine auszeichnen, enthalten. Sie enthalten die Kraft, Tugend und Eigenschaft dieser Kräuter, Bäume usw., die in ihrem unmittelbaren Umkreis wachsen. Er beobachtete, dass an solchen Plätzen besonders wirksame Heilkräuter wachsen. Er machte Analogien und setzte die Wirkung der Bäder mit den Vorzügen der verschiedenen Heilkräuter gleich. Er lehrte, dass im Wasser ebenso viele Tugenden = wirksame Inhaltsstoffe sind, wie in den Kräutern. Die einzelnen Heilwasser sollen daher wie Stein, Kräuter und Früchte erkannt werden. Wie die Kräuter einen Arzt machen, so macht auch das Wasser seinen Arzt, beide besitzen viele vollkommene Kräfte.
Anatomisch vergleicht Paracelsus das Bad Pfäfers mit der Melisse.
Zu den Eigenschaften der Melisse gehören krampflösende Eigenschaften, die besonders bei Migräne und Neuralgien, Schmerzen aufgrund von Magenkrämpfen oder schmerzhafter und unregelmäßger Menstruation helfen. Sie hat auch magenstärkende, verdauungsfördernde Wirkung. Äußerlich fördert sie die Narbenbildung und durch Einreiben lassen sich rheumatische und neuralgische Schmerzen lindern.
Paracelsus sagte: „Damit ihr aber die Eigenschaft der Bäder leichter und besser versteht, merket euch, mit welchen Kräutern und Simplicia sie sich vergleichen.“ 10Er vergleicht das Bad Pfäfers u.a. auch mit der Iva Arthetica, Feldzypresse oder Schlagkraut genannt, woraus eine Arznei für gelähmte Gliedmaßen hergestellt wird.10
Eine Badekur im Bad Pfäfers ist nach Paracelsus am nützlichsten bei diesen Krankheiten:
- Jede Kontraktur (Gelenkversteifung), kraftlos gewordene Gliedmaßen oder Lähmungen, die durch Zorn, Wein oder Kolik entstehen.
- Jedes Zittern der Hände und Beine, das durch eine Schwächung des Markes entsteht, durch Zorn, durch ein unordentliches Leben, auch durch Kälte der Blutgefäße.
- Jede Art Podagra und Arthetica, das ist jede Art von gichtischen Erkrankungen der Gelenke mit entzündlichem Erguss der Gelenkflüssigkeit. Auch so geartete Schmerzen im Rücken, in den Hüften und dergleichen.
- Schwache Glieder, die von Natur aus vorkommen oder durch lange Berufsarbeit.
- Alle an Auszehrung leidenden Körperteile, die durch Gerinnung entstehen.
- Alle chronisch gewordenen Fieber, besonders die Quartana (viertägiges Fieber), die schon lange dauern, die übermäßig mit Arznei bekämpft und hartnäckig geworden sind.
- Alle Krankheiten, die zur Gelbsucht neigen, die sich aus der Galle, aus Ursache innerer Abszesse (apostemata) erheben. 11
Paracelsus sagte: „Wer das Bad Pfäfers in seine Kraft bringen will, dass es für die gemeldeten Krankheiten gut sei, der muss so handeln wie angegeben wird.“ Er gibt genaue Anweisungen wann, in welchen Krankheitsfällen und wie die Kräuterauszüge dem Badewasser oder dem zu trinkenden Wasser beizumischen sind.
„Merket euch, dass diese Kräuter, obwohl sie mit vortrefflichen Tugenden begabt und versehen sind, manchmal nicht helfen können. So wanken auch die Bäder in ihren Tugenden. Darum soll diese Vorsichtsmaßregel beim Ratgeben für ein Bad beachtet werden.“ 12
Zur Badekur gibt Paracelsus u.a. folgende Empfehlungen:
Die Arznei beweist, dass Gott mehr ist als die Natur. Darum soll der Kranke seine Kur in diesem Bad nicht nach dem gewöhnlichen Brauch, sondern die Kur soll sich nach der Konstitution des Kranken und dessen Krankheit richten.
Paracelsus gibt auch keine genaue Zeitdauer an, denn es kommt zusätzlich noch darauf an, wie kräftig das Bad ist. Dies ist von der Jahreszeit abhängig und entsprechend dieser Kraft gibt Paracelsus seine Anweisungen für die Verordnung der Badezeit. Er gibt auch an, dass schwere chronische Krankheiten nicht immer auf einmal geheilt werden können. Eine zweite und dritte Badekur kann notwendig sein, denn das Bad ist ein eigenes verdauungsanregendes Mittel.
In der Ordnung für Speis und Trank gibt Paracelsus u.a. folgenden Rat zur Verdauungsförderung als für alle, die baden nützlich:
- jeden Morgen 3 Wacholderbeeren in Essig zur Reinigung des Blutes einzunehmen
- morgens und abends nach dem Essen zwei oder drei Corianderkörnlein, auch aus dem Essig genommen, einzunehmen, um die Speise bekömmlicher zu machen, den Dampf der Speise niederzudrücken. 13
- Die heilenden Kräfte vom Bad Pfäfers
Paracelsus beschreibt das so: Der Mensch hat Orte der Reinigung oder Ausscheidung an sich. Diese nennt er Emunctoria. Durch diese Ausscheidungsorte treibt die Natur die krankmachenden Schadstoffe aus. Oftmals ist die Natur zum Austreiben zu schwach, weil es viele Hindernisse an diesem Ausscheidungsort gibt. Die Arznei ist geschaffen, um hier zu helfen. Dann gibt es auch Orte der Reinigung in der Haut. Wenn nun die Natur an diesem Ort krank ist, soll auch geholfen werden. Denn wo sie austreiben will, da soll der Arzt behilflich sein. Die austreibenden Kräfte, die abführen, reinigen, läutern, nennt er Purgantia. Einige treiben von innen heraus, wie Rhabarber, andere ziehen es von außen heraus, wie die Bäder. So ist das Bad Pfäfers Purgation, um das auszuziehen, was die inneren Emunctoria nicht vermögen. Es zieht mit Gewalt durch Fleisch und Haut aus. In seiner Tugend gleicht es der Scammonea, lat. Purgierwinde, welche ein Abführmittel ist. 14
Paracelsus Empfehlungen an die Ärzte
Was durch äußere Purgationen gereinigt werden soll, das könnt ihr in dieses Bad Pfäfers schicken. Erkennt auch gut die Tugenden der Cicatrisantia (Pflanzen, die hautöffnend wirken und Bläschen bilden). Denn die Tugend dieses Bades übertrifft andere Simplicia. Sie kann nahezu mit der Quinta Essentia verglichen werden. 15
Eine Quinta Essentia ist ein Mittel, das machtvoll zur Belebung aller Körperprozesse beiträgt und bedeutet in diesem Sinne, dass das Wasser vom Bad Pfäfers in seiner aktivierenden Wirkung einer Quinta Essentia nahezu gleichkommt. Den Kranken sagte er: „Jeder Kranke soll sich selbst erkundigen und die Ordnung des Bades einhalten, wie sie jetzt beschrieben ist.“ 16
Die Wirkung des Pfäferser Heilwassers wird so vollbracht, dass die Materie, von der die Krankheit stammt, ausgezogen und dann verzehrt wird. Das erklärte Paracelsus so: «Wie Gott die Kraft des Magneten, Eisen an sich zu ziehen, geschaffen hat, so hat er auch diesem Pfäferser Wasser eine anziehende Kraft gegeben, alle Krankheiten, die der Chirurgie angehören, aus den Muskeln des Körpers auszuziehen. Das Wasser ist die Arznei, die der Chirurg bei allen verzweifelten Krankheiten anwenden soll. Wenn die natürliche Wirkung nicht vorangehen will, so wirkt dieses Bad.» 17
Das heilende Quellwasser aus der Taminaschlucht
wird heute zum größten Teil zu den Kliniken Valens hochgepumpt sowie zu den modernen Thermalbädern von Bad Ragaz befördert.
Ein Erfahrungsbericht zu Paracelsus Aussage: «Wenn die natürliche Wirkung nicht vorangehen will, dann hilft dieses Bad.» 17
Frau, 48 J., mit HWS-Syndrom (Entzündung der Halswirbel) kam nach dem Spitalaufenthalt in die Rehabilitations-Kur ins Medizinische Zentrum der Tamina Therme in Bad Ragaz. Nach 5 Tagen Therapie im Thermalwasser, kombiniert mit Osteopathie, war sie von den sie während mehreren Wochen belasteten Schmerzen befreit. Nach Abschluss der 14-tägigen Reha-Kur ging die Genesung Schritt für Schritt voran und dieses Leiden wurde vollständig ausgeheilt.
Neben verschiedenen Möglichkeiten bietet auch das öffentliche Thermal-Heilbad Tamina Therme in Bad Ragaz Badekomfort auf höchstem Niveau, Wellness und Erholung pur und ist allemal einen Aufenthalt wert, besonders auch nach dem Besuch der Taminaquelle in der Schlucht. Siehe auch https://www.altes-bad-pfaefers.ch/museum-taminaschlucht
Ein Erfahrungsbericht in der Taminaschlucht und dem heilenden Quellwasser. Anatomisch vergleicht Paracelsus das Bad Pfäfers mit der Melisse, welche u.a. auch krampflösende Eigenschaften bei Migräne hat:
Es war um das Jahr 2000. Smartphons wie man sie heute kennt, hatte man damals noch nicht. Eine Frau machte sich wandernd ab Bahnhof Ragaz auf den Weg, die Quelle der Tamina zu rekognoszieren. Sie war in dieser Gegend völlig unkundig. An diesem wunderschönen, sehr heißen Sommertag im Juli, verpasste sie die Abzweigung Richtung Taminaquelle und ging von ihr unbemerkt irrtümlich hoch in Richtung Dorf Pfäfers. Als sie oben bei der Burgruine Wartenstein ankam, war ihr klar, sie hatte sich verlaufen, zudem hatte sie beginnende Kopfschmerzen. Trinkwasser hatte sie nur noch ganz wenig dabei, weil sie ja geplant hatte, an der Taminaquelle ihre Flasche aufzufüllen.
Also ging sie den Weg zurück und fand diesmal die richtige Abzweigung zur Taminaschlucht. Doch total verschwitzt und durstig wurden die Kopfschmerzen immer stärker. Endlich, nachdem sie für den Weg hierher drei Mal mehr Zeit brauchte als geplant, kam sie beim Alten Bad Pfäfers (Museum ehemaliges Kurhaus) an. Nachdem sie Tamina-Quellwasser getrunken und ein leichtes, warmes Essen eingenommen hatte, machte sie sich auf den Weg in die Schlucht zur Quelle, die hinter dem ehemaligen Kurhaus liegt. Und das, obwohl sie sich kräftemäßig am liebsten irgendwo hingelegt hätte.
Unterwegs auf dem Steg zur Taminaquelle wurden die Kopfschmerzen immer stärker und entwickelten sich zu einer akuten Migräne = heftige Kopfschmerzen, Lichtempfindlichkeit, Schwindel, Erbrechen und in der Folge Kraftlosigkeit. Ein Zustand, den sie seit Jahren kannte und der einige Stunden anhielt.
Angekommen ganz hinten in der Schlucht bei der Quelle, war sie so von dieser Migräneattacke geplagt, dass sie sich nicht mehr vorstellen konnte, in diesem Zustand den über drei Stunden dauernden Weg nachhause zurückzumachen. In dieser gepeinigten Situation stellte sie sich vor, sich dann irgendwie aus der Schlucht zu bewegen und irgendwo an der rauschenden Tamina hinzulegen, bis die quälenden Kopfschmerzen abgeklungen wären. Erfahrungsgemäß dauerte dieser Zustand bis zum nachfolgenden morgen früh an, wo dann auch die Lebenskräfte langsam wieder zurückkamen.
So saß sie da und trank immer wieder von dem Wasser der heilenden Quelle.
Zudem hatte sie sich vorige Woche beim Kochen unvorsichtig in den Finger geschnitten. Diese Wunde wollte nicht heilen, war leicht schmerzlich entzündet. Deshalb hielt sie auch die Hände, besonders diesen Finger immer wieder in das beim Brünnlein aus dem Hahn fließende Quellwasser. Zwischendurch saß sie da in stillem Gebet. Dann entdeckte sie, dass die Felswände den Klang auf angenehme, wohltuende Weise verstärkten, wenn sie das OM intonierte. Diese besondere Energie des Klanges, in Verbindung mit dem heilenden Quellwasser, ließ sie die Zeit vergessen.
Als sie mal wieder auf die Uhr schaute, waren fast drei Stunden vergangen. Während dieser ganzen Zeit war sie erstaunlicherweise die einzige Besucherin in der Schlucht gewesen. Sie füllte ihre Flasche nochmals mit dem Quellwasser und machte sich auf den Rückweg.
Auf der Mitte des Weges sah sie durch die Felsspalte hoch zu den Bäumen und zum sonnigen Himmel. Da wurde ihr auf einmal bewusst, dass sie keine Kopfschmerzen mehr hatte. Sogar der Finger schmerzte nicht mehr. Es kam ihr vor wie ein kleines Wunder, dank dem es ihr jetzt doch möglich wurde, nach diesem ganz besonderen Heil-Erlebnis schmerzfrei und glücklich zum Bahnhof zurückzuwandern und die Reise nachhause anzutreten.
Die Taminaschlucht ist immer auch einen Ausflug wert
Von Frühling bis Herbst führt von Bad Ragaz her ein wunderschöner, an Fauna und Flora reichhaltiger, einstündiger Natur- und Spazierweg der Tamina entlang zum ehemaligen Kurhaus dem heutigen Museum «Altes Bad Pfäfers“.
Der Durst kann am Weg vom Quellwasser gelöscht werden, man kann seine Trinkflasche immer wieder auffüllen. Es fährt auch ab Bahnhof Ragaz ein Bus, der sog. Schluchtenbus oder ein Pferdewagen dorthin. Das Alte Bad Pfäfers hat ein Museum, das auch eine Ausstellung über das Wirken von Paracelsus beinhaltet.
Ein paar Schritte hinter dem Alten Bad Pfäfers ist ein Felsentor. Durch dieses gelangt man auf einen schmalen Weg, welcher der Felswand entlang zur Quelle führt. Auf der rechten Seite rauscht tosend die Tamina. Nach etwa einer Viertelstunde kommt man hinten in der Schlucht an, wo damals die Patienten gebadet wurden und Paracelsus seine Wasseruntersuchungen machte. Am Brünnlein kann man seinen Durst löschen und schmerzende Glieder unter das fließende Wasser halten. Trinkwasser aus der Taminaquelle gibt es auf dem Wanderweg unterwegs, beim Brunnen neben dem Alten Bad und hinten bei der Quelle frei zu trinken. Und es gibt immer wieder Naturschönheiten zu entdecken, wie diese Spierstaude (Mädesüß), Filipendula ulmaria. Heilpflanze gegen Rheuma und Gicht,
entdeckt auf einem Felsvorsprung ganz hinten in der Taminaschlucht.
Der ursprüngliche Badeort in der Taminaschlucht gehört zu den herrlichen Kraftorten.
Wenn wir in die einzigartige Atmosphäre eintauchen, entdecken wir, was Paracelsus zu vermitteln versuchte. Die Strahlen, welche über die Gestirne auf uns einwirken, haben ihre eigene Qualität. Sie wirken durch das Wasser, genauso durch die Luft, die Mineralien, die Pflanzen, durch die gesamte Umgebung. Und der Ort, als umfassendes Kraftfeld zwischen Himmel und Erde, fördert die Gesundheit und bringt im ganzheitlichen Sinne heilenden Segen.
Quellenverzeichnis:
1 Paracelsus – Von dem Bad Pfeffers in Oberschwytz gelegen. Übersetzt und eingeleitet von Gunhild
Pörksen. Hrsg. Stiftungsrat Altes Bad Pfäfers 1993.
2 Aschner, Dr., Bernhard: Paracelsus Sämtliche Werke. Jena/Fischer. 1926. Bd.III, S. 741
3 vgl. https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/akratotherme/1736
4 https://www.altes-bad-pfaefers.ch/taminschlucht-badragaz
5 Aschner, Dr., Bernhard: Paracelsus Sämtliche Werke. Jena/Fischer. 1926. Bd.III, S. 757 6vgl. Aschner, Dr., Bernhard: Paracelsus Sämtliche Werke. Jena/Fischer. 1926. Bd.III, S. 719
7 Aschner, Dr., Bernhard: Paracelsus Sämtliche Werke. Jena/Fischer. 1926. Bd.III, S. 724
8 Aschner, Dr., Bernhard: Paracelsus Sämtliche Werke. Jena/Fischer. 1926. Bd.III, S. 728 9vgl. Aschner, Dr., Bernhard: Paracelsus Sämtliche Werke. Jena/Fischer. 1926. Bd.III, S. 728f
10 vgl. Aschner, Dr., Bernhard: Paracelsus Sämtliche Werke. Jena/Fischer. 1926. Bd.III, S. 757
11 vgl. Aschner, Dr., Bernhard: Paracelsus Sämtliche Werke. Jena/Fischer. 1926. Bd.III, S. 746ff
12 Aschner, Dr., Bernhard: Paracelsus Sämtliche Werke. Jena/Fischer. 1926. Bd.III, S. 738
13 vgl. Aschner, Dr., Bernhard: Paracelsus Sämtliche Werke. Jena/Fischer. 1926. Bd.III, S. 745-749
14 vgl. Aschner, Dr., Bernhard: Paracelsus Sämtliche Werke. Jena/Fischer. 1926. Bd.III, S. 743
15 vgl. Aschner, Dr., Bernhard: Paracelsus Sämtliche Werke. Jena/Fischer. 1926. Bd.III, S. 743
16 Aschner, Dr., Bernhard: Paracelsus Sämtliche Werke. Jena/Fischer. 1926. Bd.III, S. 748
17 vgl. Aschner, Dr., Bernhard: Paracelsus Sämtliche Werke. Jena/Fischer. 1926. Bd.III, S. 745
Bild: Baden in der Taminaschlucht zu früheren Zeiten: Museum Bad Pfäfers
Fotos: Erika Röthlisberger
12.08.2024: Erika Röthlisberger (Dieser jetzt überarbeitete Artikel erschien im Magazin Paracelsus Health & Healing, Hefte Nr. 10, 11/II, August, September 2005)
Kontakt:
Erika Röthlisberger, Hochhüsliweid 13, CH-6006 Luzern,
eroethlisberger.lu@bluewin.ch
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