Das Leben von Paracelsus ist immer wieder eine Inspiration, auch wenn schon viel darüber geschrieben wurde.
Damals, vor über 500 Jahren
Gutenberg hatte gerade vor kurzem den Buchdruck erfunden. Im Titel eines Flugblattes tauchte erstmals das Wort „Zeitung“ auf. Das 16. Jahrhundert war eine Zeit neuer Erkenntnisse und des Umbruchs. Kolumbus entdeckte Amerika, Kopernikus verkündete, dass nicht die Erde, sondern die Sonne das Zentrum des Weltalls ist. Leonardo da Vinci entwarf seine Flugmaschine, Martin Luther leitete die Reformation ein und die Fugger gründeten in Augsburg ihre Handelsgesellschaft, womit sie ungeheure Macht gewannen.
Auch in der Medizin begann ein neuer Abschnitt. Die Durchschnittsbürger glaubten zwar noch fest an Geister, Vorzeichen und Zauberei, aber ein paar Denker waren ganz beseelt von Wissensdurst, einem Kennzeichen der Renaissance. Sie begannen meist heimlich, im Versteck, die Welt zu untersuchen. Damit kam die Anatomie auf, welche die Griechen zwar schon gekannt hatten, die aber wieder in Vergessenheit geriet. Nachdem Leonardo da Vinci den menschlichen Körper wiederentdeckte, nahm das Interesse für die Anatomie, dem Widerstand der Kirche zum Trotz, ständig zu und wurde richtig Mode.
Die Geschichte bestätigt, dass bedrängte Zeiten große Geister hervorbringen. Wenn die Zeit für eine Umwälzung auf politischem, religiösem oder wissenschaftlichem Gebiet reif geworden ist, haben sich immer Männer und Frauen gefunden, um diese Veränderungen zu vollziehen. Die Weltgeschichte kennt eine Anzahl von hervorragenden Persönlichkeiten, deren Schicksal es war, eine bedeutende Rolle in der Förderung der menschlichen Evolution zu spielen. Diese hatten vor ihrem großen Dienst für das Allgemeinwohl die Schule des Großen Wissens besucht.
Paracelsus war einer jener großen Männer. Er hielt sich einige Jahre in einer Transhimalaya-Schule auf und erlangte großes spirituelles Wissen, das er später in vielen Bänden erläuterte.
Dies tat er oft symbolisch, denn er musste häufig die unverständlichsten Ausdrücke verwenden, um den Verfolgungen zu entgehen, die in jenen Tagen so mächtig gegen jeden erleuchteten Träger des Wissens gerichtet waren. Auch ist die allgemeine Rohheit des 16. Jh. zu bedenken, um zu verstehen, dass das Leben eines Gelehrten wie Paracelsus durch die unaufhörlichen Angriffe eine große Herausforderung war und auch mal zu heftigen Worten führte.
Dennoch gibt es kaum eine Stadt oder Landschaft, wo Paracelsus gewirkt hat, die sein Andenken nicht in die Sage aufgenommen hätte. Wenn Sagen auch nicht historisch sind, so sind sie doch nie ohne Wahrheit. Am Etzel wurde er vertraulich «der Paracelsi» genannt und lebt im Gedächtnis des Volkes weiter, wie kaum ein zweiter großer Wissenschaftler der Geschichte.
Paracelsus soll auffallend klein, ca. 150 cm, von zartem Körperbau gewesen sein, eine hohe dünne Stimme gehabt und von ungeheurer Energie und Schaffenskraft beseelt gewesen sein. Er war das Wunder eines Arztes. Dr. Franz Hartmann sagte: „Die Paracelsische Weltanschauung ist identisch mit derjenigen der Inder, wie sie in den Veden und Upanishaden dargestellt ist.“ 1
Der Legende nach soll Paracelsus in der Zeit von 1513 bis 1521 gefangengenommen und von den Tartaren nach Indien, dann aber nach Konstantinopel zurückgebracht worden sein. Wie dem auch sei, seine Lehre ist in ihren Grundzügen identisch mit der indischen Geheimlehre. Nur finden wir dieselbe in den indischen Schriften noch viel klarer und deutlicher dargestellt und besser ausgearbeitet, als dies Paracelsus unter den Beschränkungen seiner Umgebung zu tun imstande war.
Seine Lehre ist im Geiste, wenn auch nicht der Form nach identisch mit denen der indischen, buddhischen, griechischen Weisen und christlichen Mystiker. Die Geheimnisse, welche er lehrt, wurden auch in Ägypten und Griechenland in den Schulen der Mysterien Eingeweihten gelehrt. Sie bilden die Grundlage aller wahren Religionssysteme.
Aus diesem Grund sind als Grundlage für ein besseres Verstehen der Lehre Paracelsus auch die Schriften, die der Menschheit seit dem 19. Jahrhundert gegeben wurden, wie jene von H.P. Blavatsky, Alice A. Bailey u.a.m. unerlässlich. Ansonsten ist sie, wie viele sagen, sehr schwer verständlich.
Franz Spunda beschreibt: «Was Paracelsus von den anderen faustischen Naturen des ausgehenden Mittelalters unterscheidet, ist sein Blick in die Zukunft. Denn während die anderen in den Labyrinthen der Alchemie, Mystik und Magie herumtaumeln, sind ihm diese Disziplinen nur die von der Zeit gegebenen Ausdrucksformen, um seinen Forscherdrang zu befriedigen. Darüber hinaus sieht er das eigentliche Problem: Die Stellung des Menschen in der Natur. Und dieser Standpunkt macht ihn zum Arzt, dem der menschliche Körper ein Heiligtum ist, dessen Erkenntnis einem Gottesdienst gleichkommt. Dem von der Kirche verachteten Menschenleib wird durch Paracelsus seine Würde zurückgegeben. Denn seine Heiligung bedingt seine Heilung.»2
Es besteht kein Zweifel, dass jeder, der die Richtung andeuten kann, die unvermeidlich für die Evolution ist, gerade durch diese Fähigkeit ein Lehrer wird. Und zwar für diejenigen, deren Bewusstsein unreif ist und die, wie die Geschichte zeigt, auch noch kein Verständnis für soziale Probleme erlangt haben. Doch es liegt in der menschlichen Psychologie, dass sie Veränderungen nicht wirklich mögen und mangels besserer Erkenntnis gegen alles Neue erst einmal mächtig ankämpfen. Doch die Evolution schreitet unaufhaltsam, z.B. gemäß den Naturgesetzen voran.
So mussten auch die Alchemisten des Mittelalters ihr großes Wissen unter verwickelten Allegorien und verschiedenen Symbolen verheimlichen, damit sie ihr Leben für die selbstaufopfernde Arbeit für das Wohl der Menschheit erhalten konnten. Denn viele Wissensträger sind durch die Hände der Unwissenheit umgekommen. Deshalb mussten auch die Alchemisten des Mittelalters ihr großes Wissen unter verwickelten Allegorien und verschiedenen Symbolen verheimlichen. Auch Paracelsus musste sehr vorsichtig sein mit dem, was er sagte, und stets in Übereinstimmung mit der Bibel bleiben. Daher sagte er nicht alles und seine Texte müssen innerlich wie äußerlich gelesen werden.
Ab dem 1./2. Jh. bedeutete Alchemie als Eigenschaften der Stoffe und ihren Reaktionen. Alchemie war ein Zweig der Naturphilosophie und wurde im 17./18. Jh. von der modernen Chemie und der Pharmakologie begrifflich abgetrennt und schließlich durch diese Fächer ersetzt. Doch die Arbeit der damals verspotteten Alchemisten hat sich weiterentwickelt. Im Jahr 1999 erregten sie ernsthaft wieder Aufmerksamkeit durch die Ausstellung «Geheimnisse der Alchemie» der Universitätsbibliothek Basel. In der Alchemie steckt das Geheimnis der Verwandlung. Spagyrik wurde zum Synonym der medizinischen Alchemie. Paracelsus prägte den Begriff Spagyrik und gilt als der berühmteste Verfechter der Alchemie. Er sagte: «Der Arzt wächst durch das Feuer, drum lerne er Alchimiam, auch Spagiria geheißen, die das Falsche vom Rechten scheidet.» 3
Trotz allen Schwierigkeiten wurden alle seine Werke ins Deutsche, Französische und Englische übersetzt. Viele Wissenschaftler und Ärzte sammeln ihr Wissen aus diesen Büchern, aber wie gewöhnlich wird die Quelle oft wohlweislich nicht erwähnt. Paracelsus sagte der Schulmedizin voraus, dass sie dann beginnen würde, bei ihm in die Lehre zu gehen, wenn sie sich aufmachte, eine natur- und menschengerechtere Heilweise zu suchen.
Die Werke des großen Paracelsus sind heute in den Bücherregalen von großen Wissenschaftlern und Ärzten zu finden. Die Geschichte zeigt, dass die Wahrheit immer erst unter einem gewissen Deckmantel gegeben werden musste, damit die Menschen wenigstens irgendeinen Bruchteil der Wahrheit annehmen konnten, die für das Fortschreiten in diesem Zyklus wichtig waren. Dies, weil bekanntlich im Mittelalter alles, was Licht ins Dunkel brachte, mit dem Siegel des Satans versehen wurde. Im Verlaufe der Zeit hat dieser Stempel nur seinen Namen gewechselt, das ist alles. Ähnliche Anschuldigungen und auch Titel wie „Scharlatan“ wurden vielen der besten Denker und großen Arbeiter für das Allgemeinwohl verliehen, so auch Paracelsus. Denn wie Plato, Konfuzius und andere, wurde auch er von Bürgern, die für den Stolz des Landes gehalten wurden, unterdrückt und zur Zielscheibe für Hohn und Bosheit gemacht. Dr. Franz Hartmann sagte: „In Paracelsus erblicken wir einen Mystiker von hoher Begabung, der auf einer viel höheren Entwicklungsstufe stand, als die meisten seiner Zeitgenossen, und da er eine höhere Selbsterkenntnis und daher höhere mystische Kräfte besaß, so ist der Erfolg seiner Kuren vielmehr in seinem eigenen Talent als in der Zusammensetzung seiner Rezepte zu suchen.“ 4
Paracelsus lehrte: „Alle Dinge sind Gift und nichts ist ohne Gift, allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift ist.“ Er galt als friedliebender Mann. Dennoch trug er immer das Schwert an der Seite, dessen Knauf eine hohle Kugel bildete. Die Kugel war abschraubbar. In ihrem Innern verwahrte er seine berühmten Laudanumpillen, welche seine kostbarste, oft lebensrettende Arznei waren. 5
Paracelsus war der Entdecker des Hydrogens (Wasserstoff, ein chemisches Element mit Symbol H und Ordnungszahl 1) und kannte alle seine Eigenschaften und Zusammensetzung lange bevor ein orthodoxer Akademiker daran dachte. Er war auch der Entdecker der verborgenen Eigenschaften des Magneten und des tierischen Magnetismus. Das Wort Magnetismus im eigentlichen Sinne nimmt bei Paracelsus seinen Ursprung.
Weiter war er der kühne Schöpfer der chemischen Medizin und der Begründer mutiger Gemeinden. Siegreich im Streit, gehörte er zu jenen Geistern, die unter uns eine neue Gedankenrichtung über die natürliche Existenz der Dinge eingebürgert haben. Mehr als ein Pathologe, Chemiker, Homöopath und Magnetopath hat seinen Durst nach Wissen in den Büchern von Paracelsus gestillt.
Paracelsus studierte Astrologie und Astronomie wie es alle Feuer-Philosophen taten. Wenn er behauptete, der Mensch stehe in einer direkten Verwandtschaft zu den Sternen, so wusste er sehr wohl, was er sagte. Paracelsus lernte aus der Natur, aus der Beobachtung des Himmels und der Erde. Jahrzehnte hindurch war wohl niemandem das damalige Zusammenspiel zwischen Himmel und Erde so vertraut wie ihm.
Wie kam er aber dazu, etwas von der Zusammensetzung der Sterne zu erfahren, bevor die Entdeckung des Spektroskops gemacht wurde? Er brauchte keine Bücher für die Himmelsbeobachtung. Könnte er über die Natur des Sternenmeeres so sicher gewesen sein, wenn er nicht Mittel gehabt hätte, von denen die Wissenschaft nichts wusste? Seine Mittel waren: hermetische Philosophie und Alchemie.
Kindheit und Jugendzeit
Paracelsus Leben ist von unsteter Wanderschaft gekennzeichnet, auf die er sich manchmal freiwillig begab, meistens wurde er jedoch gezwungen. Dabei blieb er „allein und fremd und anders“, da er die Welt von Grund auf neu interpretierte. Es ist historisch belegt, dass alle Umstände darauf hinausliefen, aus Paracelsus einen Außenseiter zu machen. Werfen wir einen Blick auf seinen Lebenslauf:
Es gibt viele Quellenhinweise und die verschiedenen Biographen geben dieses und jenes Geburtsdatum an. Aber an seinem Geburtshaus in Einsiedeln steht, dass Philippus Aureolus Theophrastus Paracelsus Bombastus von Hohenheim am 17. Dezember 1493 geboren ist, also im Tierkreiszeichen Schütze.
Sein Vater, Wilhelm Bombast von Hohenheim stammte aus der altberühmten schwäbischen Familie der Bombaste ab, die Besitzer des adeligen Schlosses Hohenheim in Nähe des Dorfes Plieningen bei Stuttgart, Bombaste von Hohenheim nannten. (Dieses Schloss beherbergt heute Teile der Universität Hohenheim.) Dessen Vater wiederum war der außereheliche Sohn des damaligen Großmeisters des Johanniterordens, Georg Bombast von Hohenheim. Der Vater von Paracelsus ließ sich in Maria-Einsiedeln, damals Herrschaftsbereich des Benediktinerklosters Einsiedeln, als Arzt nieder.
1492 heiratete er die Aufseherin des Krankenhauses der dortigen Abtei. Den beiden wurde ein Kind geboren. Seine Eltern nannten ihn Philippus Aureolus. Theophrastus nannte er sich erst ab seinem öffentlichen Auftreten. In Briefen und Büchertiteln unterschrieb er meist „Theophrastus von Hohenheim“, manchmal mit dem Zusatz „genannt Paracelsus“.
Woher kommt aber der Name Paracelsus? Wir kennen „Parapsychologie“, die Wissenschaft von den inneren, außerhalb der normalen Wahrnehmbarkeit liegenden, übersinnlichen Erscheinungen. So können wir Para, was in Sanskrit das Höchste, das Absolute bedeutet und Celsus, von Celsius, Wärmegrad kommend, interpretieren. Para-celsus, ein Feuer-Philosoph. Wegen seines Geburtsortes in der Schweiz wurde er auch Helvetius Eremita genannt und führte außerdem noch den Beinamen Germanus oder Suevus oder Arpinas. Übrigens wird er in der Broschüre „Die Waldstatt Einsiedeln – Ein Führer durch Geschichte und Kultur“, die 1983 im Auftrag des Bezirksrates Einsiedeln verfasst wurde, als „großer Einsiedler und Schweizer“ bezeichnet. Im Paracelsuspark nahe dem Kloster Einsiedeln ist ihm ein Denkmal gewidmet.
Seine Landessprache war ein ländlich-derbes Frühneuhochdeutsch, auch Gemeines Landdeutsch genannt, das er später auch standhaft als Wissenschaftssprache behauptete. Er wurde angeklagt, ungehobelt zu sein, sich guter Sitte zu widersetzen, der Feinheit zu ermangeln. Paracelsus sagte von sich selbst in seiner herrlich verrenkten Ausdrucksweise: „Von der Natur bin ich nicht subtil gesponnen, ist auch nicht die Art meines Landes, dass man mit Seidenspinnen etwas erlange. Wir werden auch nicht mit Feigen großgezogen, noch mit Met, noch mit Weizenbrot, sondern mit Käse, Milch und Haferbrot: Das kann keine subtilen Gesellen machen. Zudem hängt einem für alle Lebtage an, was man in der Jugend empfangen hat. Dies ist nun halt nur grob gegen die Subtilen, Katzenreinen, Superfeinen. Denn diejenigen, die in weichen Gewändern erzogen werden, und wir, die wir zwischen Tannzapfen aufwachsen, verstehen einander wohl nicht.“ 6
Paracelsus begleitete seinen Vater, den Einsiedler Gemeindearzt, schon früh bei seinen Krankenbesuchen. In seiner Jugend wurde er von ihm unterrichtet, der ihm auch die ersten Kenntnisse der Alchemie, Wundarztneikunst (Chirurgie) und der Medizin beibrachte. Er bezeichnete seinen Vater als seinen ersten und einflussreichsten Lehrmeister.
Seine Mutter starb, als Paracelsus ca. acht Jahre alt war. Nach ihrem Tode, zog sein Vater mit ihm nach Villach in Kärnten/Österreich. Dort erhielt der Junge seine Grundausbildung in Klosterschulen. Mit sechzehn Jahren schickte ihn sein Vater auf die Universität nach Basel. Doch Paracelsus war die damalige Weisheit der Ärzte schon frühzeitig ein Gräuel, denn die damalige Wissenschaft bestand ausschließlich aus Bücherwissen, dem jegliche Bestätigung in der Praxis fehlte. Deshalb machte er keine regelmäßigen akademischen Studien. Als er sich später seinen eigenen Weg bahnte, wurde ihm das sehr übel ausgelegt.
Er machte absolut keine Konzessionen an den herrschenden aristotelischen Dogmatismus. Buchweisheit war nicht seine Schule, sondern die Welt der Schlachtfelder, Seuchen und unzähligen Krankheiten, welche durch Unwetter, Hitze und Kälte auf der See, auf dem Land entstanden.
Paracelsus ging in die Lehre beim in der Alchemie sehr berühmten Johann Trithemius. Seine Liebe zu diesen Wissenschaften führte ihn darauf in das Laboratorium des reichen Siegmund Fugger in Schwatz, Tirol. Dieser galt ebenfalls als einer der berühmtesten Chymisten. Als Laborant erlernte Paracelsus von ihm so manches Geheimnis. Den Abschluss seiner Studien machte er in Ferrara, der damals ältesten und berühmtesten Universität in Italien. Im Jahre 1516 promovierte er zum Doktor beider Arzneien, zum Chirurgus & Medicus.
Wandern und Erfahrungen sammeln im Handwerk des Arztes
Damals gingen nicht nur die Handwerker, sondern auch die Ärzte nach dem Studium auf Wanderschaft, um ihre Kenntnisse in der praktischen Erfahrung zu erhärten. Es folgten Jahre der Wanderschaft durch Süd- und Westeuropa, durch die nordischen Länder und durch den europäischen Osten. So nahm Paracelsus als Wundarzt an mehreren damaligen Feldzügen teil. Später sagte er über diese Lehr- und Wanderjahre, in denen er das medizinische Handwerk gründlich studierte: «Stark verachtet werde ich darum, dass ich meiner Lebtage nie einen Ort des Bleibens hatte, da ich nicht hinter dem Ofen gesessen bin und Birnen gebraten habe.» 7
«Wenn einer viele Krankheiten kennenlernen will, soll er reisen; wenn er weit reist, wird er viel erfahren und viel erkennen.» 8
Er ist gewandert, um überall zu lernen und fand es als ein großes „Irrsal und stets übel“, dass so viele Ärzte, vor allem in Montpellier, Salerno und Paris, die den Ruhm haben wollen, nichts wissen und können. Bedenken wir, Paris war damals die absolut orthodoxe Hochburg der mittelalterlichen Hochschulmedizin. Die Wissenschaft war wie versteinert in der Anbetung der nie hinterfragten Überlieferung. In diesem Umfeld machte Paracelsus von sich reden, weil er einige schwere Krebsfälle, die von den Pariser Ärzten längst aufgegeben worden waren, zu heilen vermochte. Statt ihm Hochachtung und Anhänger seiner Methode zu verschaffen, führten seine Erfolge dazu, dass die Pariser Ärzte den Reformator, später auch „Luther der Medizin“ genannt, mit erbittertem Hass verfolgten.
Der Aufenthalt in Paris ist deshalb so bedeutsam, weil der damals kaum fünfundzwanzigjährige Paracelsus sich hier zum ersten Mal der gesamten gängigen Medizin und ihren allerhöchsten, ehrwürdigen Autoritäten entgegenstellte. Seine ärztliche Kunst war aus Gott und beruhte auf Erkenntnis, die seiner Kollegen waren aus ihren Büchern und Autoritäten, sowie ihren auf blindem Festhalten an übernommenen Meinungen. Es war der Beginn eines lebenslangen Kampfes, den er mit der traditionellen Medizin führen sollte, „allein und fremd und anders“.
So ist er stets weitergewandert, hat in vielen Ländern und Orten unermüdlich und fleißig nachgefragt, um die Künste der Arznei gründlich zu erforschen. Dies tat er nicht nur bei Ärzten, Laboranten, Alchemisten. Er lernte auch aus dem Umgang mit alten Frauen, Scharfrichtern, Schäfern, Juden, Badern (damals Arzt der kleinen Leute, der Körperreinigung, Rasieren, Heilkunst, Massage, Aderlass, Wundpflege, Chirurgie wie Zahnziehen, Knochenbrüche heilen usw. ausführte), Zigeunern usw. Er suchte bei „Gescheydten und Einfeltigen“, um für seine Kenntnis der Natur und des Menschen gesundheitlichen Wohlergehens zu lernen, zu verstehen und anzuwenden. Man sah Paracelsus nicht selten in Gesellschaft von Kärnern (Wagenzieher, Karrenführer) und Fuhrleuten (Fuhrmann = der Führer von Fuhrwerken wie Pferde- oder Ochsenkarren, um Personen und/oder Waren zu transportieren) auf den Landstraßen und in den Wirtshäusern. Diese Art des Studiums vermochten ihm jedoch seine Gegner mit ihrer pedantischen Engherzigkeit nicht zu würdigen. Sie machten ihm dafür den bittersten Vorwurf.
Aber an solchen Treffpunkten der Volksmedizin konnten oft auch einfach aufgrund langer praktischer Erfahrungen Erfolge erzielt werden. Vielleicht konnte auch so manche neue und unkonventionelle Methode angepriesen und ausprobiert werden, gegen die sich die scholastische Schulmedizin verwahrte.
H.P. Blavatsky beschreibt: «Das Geheimnis seiner erfolgreichen und, wie sie genannt werden, magischen Kuren, liegt in seiner überlegenen Verachtung der sogenannten gelehrten „Autoritäten“ seiner Zeit. Diese gänzliche Verachtung feststehender Gesetze und wissenschaftlicher Formeln, dieses Streben eines sterblichen Stückchens Erde, sich mit dem Geiste der Natur zu vermischen, und bei ihm allein nach Hilfe und Gesundung und das Licht der Wahrheit auszuschauen, war die Ursache des eingewurzelten Hasses, der dem Feuer-Philosophen und Alchemisten von seinen zeitgenössischen Pygmäen gezeigt wurde. Von seiner Zeit wurde er als Zauberer gebrandmarkt, weil seine Heilerfolge wunderbar waren.» 9
Im Jahre 1524 wählte Paracelsus die Bischofsstadt Salzburg, um sich als praktizierender Arzt niederzulassen. Die Studien- und Wanderjahre sollten damit ihr Ende finden. Er wohnte „in Wolfgang Buchler’s Behausung bei der Kampfmühl“, der heutigen Pfeiffergasse 11. Hier richtete er sich ein kleines Laboratorium ein und betreute die Kranken der Stadt. Paracelsus war ein geschätzter und verehrter Arzt, der sich auch der verarmten Bevölkerung auf dem Lande annahm. Er erlebte so aus nächster Nähe, wo die Ursache der sozialen Unruhen lag.
1525 war die Zeit, da sich der lutherische Glaube mehr und mehr verbreitete und auch die Zeit der Bauernaufstände überall in Deutschland. Der religiös-soziale Konflikt beherrschte das Leben und es ist somit nicht verwunderlich, dass Paracelsus seine ersten theologischen Schriften verfasste. Es entstand das „Buch von der Jungfrauen, aus der Gott geboren ist“. Scheinbar hatte er sich als eine Art Armenpriester oder Bauernprediger betätigt, was er in einer anderen Kampfschrift, in der er sich gegen den christlichen Götzendienst wandte, auch offen zugab.
Die Reichen machten den Anschein, dass sie die herrschenden Strukturen beherrschen und in ihrer Überheblichkeit die gottgewollte Ordnung verdrehen. Paracelsus hatte ein großes Einfühlungsvermögen für die Bedingungen, in denen Menschen lebten, die ohne Sicherheit für das Notwendigste lebten. Nichts Menschliches blieb ihm fremd. Er prangerte die Ausbeutung der Armen durch die Reichen, der Kranken durch die Apotheker, der Gläubigen durch die Kirche, des Volkes durch die Mächtigen usw. an. Solche, für diese Zeit ketzerischen Worte führten dazu, dass Paracelsus bald einmal beim Erzbischof angezeigt und festgenommen wurde.
Es kam zur Gerichtsverhandlung gegen ihn. Man warf ihm vor zu verkünden, dass man die Todesstrafe abschaffen müsse, weil sie gegen den Willen Gottes sei, dass er sagte, die da essen von ihrer Hände Arbeit, die seien selig, die aber nicht ihre eigene Handarbeit essen, dieselben seien unselig. Das bedeutete Auflehnung gegen die geistliche und weltliche Obrigkeit. Zudem hatten die aufrührerischen Bauern und Bergknappen (frühere Bezeichnung für einen Bergmann, der in einem Bergwerk unter Tage Rohstoffe abbaut) diese seine Worte gebraucht. In der Folge kam es zum langen Verhör, in dem Paracelsus u.a. etwa sagte: „Was klagt ihr mich an? Ich hätte die Bauern widerspenstig gemacht, dass sie nicht mehr opfern und wenig von euch halten? Gedenket, wenn meine Rede aus dem Teufel wäre, folgten sie euch und nicht mir. Aber weil sie mir folgen und nicht euch, so denkt nicht anders, als dass der Heilige Geist in ihnen sei, welcher sie, euer Gemüt, eure Tücke und große Lügen zu erkennen lehrt. Was ich geredet habe, das ist aus dem heiligen Geist, also ist es das Evangelium.“ 10 Das Gericht konnte dem aufwieglerischen Ausländer Paracelsus zwar keine direkte Schuld nachweisen, um ihn hinzurichten, wie es damals in solchen Fällen üblich war. Doch man verfolgte ihn und trieb ihn dazu, dass er bei Nacht und Nebel im April des Jahres 1525 aus Salzburg flüchten musste.
Eine weitere ruhelose Wanderschaft folgte. Dabei lernte er die Heilquellen in Süddeutschland kennen und schrieb darüber. Er wurde an das Krankenbett des Markgrafen von Baden gerufen. Obwohl er diesen heilte, erhielt er die versprochene Belohnung nicht. So erging es ihm noch oft in seinem Leben. Paracelsus heilte nicht um des Lohnes willen. Von Armen nahm er kein Geld, aber von den Wohlhabenden verlangte er ein gutes Honorar. Doch sobald die reichen Leute genesen waren, vergaßen sie zu bezahlen.
So kam er auf seiner Wanderung nach Straßburg. Hier bewarb er sich um das Bürgerrecht. Am 5. Dezember 1526 wurde im Bürgerbuch der Stadt beurkundet: „Theophrastus von Hohenheim, der Arzneidoktor hat das Bürgerrecht kauft.“ Sein Ruf als Arzt war bald weit im Land am Oberrhein verbreitet. Dennoch waren jene, die seinen Ruf zu schädigen suchten unermüdlich, anstatt ihn als Vorbild zu nehmen und von ihm zu lernen.
Basel – Stadtarzt
In jenen Jahren war Basel die Hauptstadt Europas. Eines Tages wurde Paracelsus nach Basel gerufen, zum Buchdrucker Johann Froben. Dieser hatte ein krankes Bein, das nach Ansicht seiner Ärzte amputiert werden sollte. Johann Froben war ein einflussreicher Mann, der so berühmt war für seine Editionen, dass er „König der Buchdrucker“ genannt wurde. Es gelang Paracelsus, die Amputation zu verhindern und das Bein von Johann Froben zu retten. Dieser konnte sogar kurz daraufhin wieder zur Frankfurter Buchmesse reiten.
Was lag nun näher, als diesen Arzt nach Basel zu berufen? Die gesundheitspolitische Situation der Stadt war miserabel. Die medizinische Fakultät hatte nur einen einzigen Ordinarius. Die Stellung eines Stadtarztes war vakant, und Basel bedurfte dringend eines Mannes, der sich um die medizinische Versorgung und Betreuung der Bevölkerung kümmerte. Die hygienischen Verhältnisse müssen katastrophal gewesen sein. Zudem litt die Bevölkerung noch an den Nachwehen der Pestepidemie aus dem Vorjahr. Es kamen einige glückliche Fügungen zusammen und Paracelsus wurde zum Professor der medizinischen Fakultät und zum Stadtarzt.
Zielgerichtet, dynamisch ging er ans Werk. Seinen Amtsantritt begann er damit, dass er, so wie Luther die Bannbulle, die Schriften Galens und Avicennas, das traditionelle medizinische Lehrwerk, öffentlich verbrannte. Damit brach er mit dem Autoritätsglauben an die damalige Wissenschaft, genauso wie Luther durch das Verbrennen der Bannbulle, mit dem Autoritätsglauben der Kirche und leitete ein neues Kapitel in der Geschichte der Medizin ein.
Mit großen Opfern an Zeit und Mühe führte Paracelsus den Unterricht theoretisch und praktisch durch. Ihm genügte es nicht, einfach nur Vorträge zu halten, wie das bisher gehandhabt wurde. Er nahm die reiferen seiner Schüler mit ans Krankenbett, denn «Zu den Leuten zu gehen» hielt er wichtig für den angehenden Arzt.
Der Arzt Paracelsus nahm keine Rücksicht auf die eingespielten bestehenden Verhältnisse. Er verkündete seine Ansichten, die vielen Leuten in Basel nicht passten. Hemmungslos deckte er den korrupten, lebensgefährdenden Zustand des damaligen Apothekerwesens auf, ebenso die erstarrte medizinische Praxis seiner Kollegen. Doch damit nicht genug – die Medizin, welche in seinem Sinne eine theologisch verwurzelte Grundwissenschaft ist, sollte in alle Lebensbereiche hineinwirken und aus allen Bereichen Erfahrungen aufnehmen. So hatte er bald alle Ärzte und auch die Apotheker der Stadt gegen sich, denen er antwortete: «Die Apotheker sind mir auch feind, sie sagen, ich sei seltsam, wunderlich, niemand könne es mir recht tun. Ich schreibe kurze Rezepte, wenige und selten, nicht mit vierzig oder sechzig Ingredienzen; ich leere ihnen ihre Büchsen nicht und schaffe ihnen nicht viel Geld ins Haus. Das ist der Handel, weshalb sie mich verleumden. Nun urteile du selbst: Wem bin ich mehr schuldig, oder wem habe ich als ein Doktor geschworen? Dem Apotheker den Handel anzutreiben? Oder dem Kranken zu seinem Nutzen zu verhelfen?» 11
Es war vor über 500 Jahren, da Paracelsus sagte: „Man lästert und schreit von mir, weil ich nicht durch die rechte Tür der Kunst eingetreten wäre. Aber welches ist die rechte Tür? Galenus, Avicenna, Mesue, Rhasis, oder Ehrbarkeit? Ich glaube das Letztere. Durch diese Tür ging ich ein; das Licht der Natur und keine Apothekerlampe leuchtete mir auf meinem Weg.“ 12 Mit Sicherheit wäre Paracelsus nie aus den Irrtümern seiner Zeit zu einer reineren Erkenntnis der Wahrheit gelangt, hätte er seinen Geist durch die beengenden und drückenden Formen der damaligen gelehrten Bildung begrenzen und einschränken lassen.
Heute lesen wir auf https://www.paracelsus.uzh.ch: «Der Schweizer Arzt, Naturphilosoph, Alchemist und radikale Theologe Theophrastus Bombast von Hohenheim, genannt Paracelsus (1493-1541), gehört zu den bekanntesten Persönlichkeiten der Renaissancegeschichte. Die systematische Erforschung seiner gesammelten Werke ist noch immer eher vernachlässigt. Paracelsus‘ Schriften decken ein breites Spektrum ab, das Medizin, Chirurgie, Naturphilosophie, Alchemie, Astronomie, Naturmagie und reformatorische Theologie umfasst. Der wissenschaftliche Schwerpunkt der letzten Jahrzehnte lag eher auf dem Einfluss von Paracelsus auf die Entwicklung der Wissenschaften als auf den eigentlichen Ursprüngen: seinem Leben und seinen Werken. So wurde zum Beispiel ein ganzes Viertel seines umfangreichen theologischen Werkes trotz seines Ruhmes nie gedruckt. Bei den gedruckten medizinischen und philosophischen Schriften sieht die Situation kaum besser aus. Ihnen fehlt zum größten Teil eine wissenschaftliche Ausgabe mit kritischem Apparat und spezifischen Kommentaren.
Um diesen editorischen Ansprüchen gerecht zu werden, wurden das Zürcher Paracelsus-Projekt und die Neue Paracelsus-Ausgabe gegründet. Die Hauptziele des Paracelsus-Projekts sind die Fertigstellung der Werkausgabe und die inhaltliche Erschließung mittels eines Generalindexes und einer Datenbank.»
Damals kannte man noch keine Diplome. Als Zeichen der Doktorwürde durfte der rote Talar getragen werden. Die Überlieferung sagt, er habe während einer seiner vielbeachteten Vorlesungen über allgemeine Medizin, Chirurgie und die Zubereitung von Arzneien einmal Talar und Barett, die Insignien der Doktorwürde von sich geschleudert, um den Studenten damit zu demonstrieren, dass der wahre Arzt auf solche Äußerlichkeiten verzichten konnte.
Deutsch und deutlich statt Latein
Die Professoren jener Zeit beschränkten sich meistens auf Kommentare zu Galen, Hippokrates und Avicenna. Die Vorlesungen von Paracelsus waren anders. Er lehnte das Galenische Heilsystem ab, genauso das Gelehrtenlatein. Er war der erste, der auf einer Universität in deutscher Sprache vorgetragen hatte.
Für Paracelsus war die Sprache kein mechanistisches Instrument für die Datenvermittlung. Er sah in der Sprache die Gabe des Menschen, dem Licht der Natur und des Geistes Ausdruck zu geben, sodass die Wunderwerke Gottes offenbar werden. Diese Verweigerung, sich der gängigen Sprachmethode zu unterwerfen begründete er immer wieder mit seiner Kindheit inmitten der Natur Einsiedelns. «Dass ich mich keiner Rhetorik noch subtilitätem kümmmern kann, sondern nach der Zungen miner Geburt und Landssprachen, der ich bin von Einsiedeln, des Lands ein Schweizer.» 13Um für seine Lehre authentischen Worten zu finden, war für ihn die Kunstsprache Latein ungeeignet. Aufgrund seiner starken Verbindung mit der Natur, in deren Umgebung er seine Kindheit verbracht hatte, brauchte er jetzt die Sprache seiner Kindheit, wo die Worte mit dem was beschreiben eine magische Verbindung bilden.
Seine Lehre war im eigentlichen Sinne seine Wissenschaft, welche er unter dem größten Beifall der Studierenden und zum Entsetzen der Zunftpedanten in Deutsch vortrug. Ihm wurde nicht nur das Derbe und Grobkörnige seiner Werke zum Vorwurf gemacht, sondern vor allem die Tatsache, dass er «Teutsch und Teutlich» auf Deutsch und deutlich schrieb und lehrte.
Dies galt als unerhörte Ketzerei, denn im 16. Jahrhundert, war die Bildungssprache Lateinisch.
Wie jeder andere Student hatte auch Paracelsus Latein erlernt. Damals beherrschte jeder auch nur mittelmäßig gebildete Mann das Latein ausreichend, um sich verständlich machen zu können und um medizinisches Wissen auszudrücken. Doch Paracelsus verwarf die tote lateinische Sprache, welche wohl auch heute noch oft genug dazu dient, Kranke unwissend zu lassen. Denn wohl mancher würde die ihm verschriebene Medizin nicht einnehmen, wenn er im Rezept lesen könnte, was darin enthalten ist.
Diese Tat war eine seiner größten. Denn dadurch schüttelte er in der damaligen Wissenschaft, so wie Luther in der Kirche, das Sklavenjoch Roms ab. Die zerbrochenen Zwingketten des Geistes warf er den mittelalterlichen Dunkelmännern klirrend vor die Füße. Er verwarf die lateinische Sprache, weil er, wie Helmont sagt, glaubte, dass die Wahrheit nur deutlich gelehrt werden könne. Auf der Webseite der Universität Basel ist bei deren berühmten Lehrern und Forschern zu lesen: „Paracelsus (1493-1541), der „Lutherus medicorum“.
Bekanntlich wurden die Ärzte in alten Zeiten aus den Weisen, Philosophen und Priestern gewählt. Der Mensch, dem man sein Heiligstes, nämlich seine Gesundheit anvertraute, musste selbst heilig, liebevoll und weise sein. Die Ärzte des Mittelalters bestanden zum großen Teil aus Personen, die zu nichts tauglich waren, wie aus davongelaufenen Schulmeistern, Schreibern usw. Weil sie des Lesens kundig waren, hatten sie ein paar Bücher gelesen und wohl auch missverstanden. Die unwissendsten Menschen wurden zu Doktoren gemacht, wenn sie ihre 15 Dukaten dafür bezahlen konnten. Doch ihre ganze Kunst bestand aus Prahlerei. Über seine Zeitgenossen sagte Paracelsus, dass er mit ihnen wegen ihres Eigennutzes, ihrer Gewissenlosigkeit und Rohheit keine Gemeinschaft haben mochte, und dass man sich schämen müsse, unter diese „heillosen Lotterbuben“ gezählt zu werden.
Er empfahl den Ärzten, sie sollten zuerst das Reich Gottes suchen und dass ihnen dann gegeben werde „was ihnen not sei“. Mit dem Reich Gottes ist das Reich der höheren Erkenntnis und Erleuchtung gemeint und wer den nötigen Grad der Weisheit besitzt, weiß sich selber zu helfen. Wohl in diesem Sinne war sein Wahlspruch:
ALTERIUS NON SIT, QUI SUUS ESSE POTEST.
(Wer in sich selber kann bestahn, der gehöre keinem andern an.)
Wer die Wahrheit spricht, verschafft sich Feinde. Unaufhörlich verschmähten und verspotteten sie den berühmten Arzt. Als überraschend der Verleger Johann Froben starb, hatte Paracelsus keinen Fürsprecher mehr. Als ihm ein versprochenes Honorar nicht bezahlt wurde, klagte er. Da bekam er es mit dem Magistrat, der höchsten Obrigkeit, zu tun. Paracelsus schaffte die Flucht gerade noch einen Moment, bevor sich die gewaltigen Türen des Spalentores von Basel schlossen.
Syphilis – Guajak Holz
Darauf folgten wieder Jahre der Wanderschaft. So kam er nach Nürnberg, der wohlhabenden Reichsstadt, wo er endlich seine druckfertigen Schriften in Buchform herausbringen konnte.
Als Paracelsus in Sterzen im Tirol weilte, wurde die Stadt von der Pest heimgesucht. In seinem Büchlein „Von der Pest“ schildert er nicht nur die Symptome der furchtbaren Seuche, er sagt auch wie man sie bekämpfen, verhindern und ihr vorbeugen kann.
Viele grundlegende medizinische Werke folgten, darunter eine Schrift über die damals weitverbreitete Geschlechtskrankheit Syphilis. Paracelsus war auch da der erste, der über diese unheilbare Krankheit schrieb. Ihm ging es immer nur um die Heilung der Kranken. Er sah keinen Grund, auf andere Interessen wie Profit Rücksicht zu nehmen. Mit seinen Syphilis-Schriften gelangen Paracelsus so bahnbrechende medizinische Erneuerungen, dass er damit zwangsläufig gegen den Geldbeutel füllende Interessen verstieß. Die Ärzte standen der Seuche Syphilis damals hilflos gegenüber und behandelten sie mit Guajak, einem Tropenholz, das vom Handelshaus Fugger aus Südamerika eingeführt wurde.
In Paracelsus Schrift „Über das Holz Guajak“ relativierte er die vermeintliche antisyphilitische Heilkraft der Guajak-Rinde. Er befürwortete ein alchemistisch hergestelltes Quecksilbergemisch zur Behandlung der Seuche, was sich als richtig erwies.
Schriften veröffentlichen
Mit seinen erfolgreichen Schriften und Heilungserfolgen hatte er sich bisher nur den Hass und die Missgunst der Ärzte und Apotheker zugezogen. Aber jetzt bekam er den Einfluss des mächtigsten Handelsunternehmens des Mittelalters, der Fugger, zu spüren. Sie sahen ihr einträgliches Geschäft gefährdet, denn hätte sich die Meinung des Paracelsus durchgesetzt, hätte dies für die Fugger Verluste in Millionenhöhe bedeutet.
Profitgierig wandten sie sich an den Rat der Stadt Nürnberg. Da tönte es etwa so: „Meine Herren, die jüngst vom Kaiser erhobenen Reichsgrafen von Fugger wünschen nicht, dass hier in Nürnberg weitere Schriften des Paracelsus gedruckt werden. Sein Eintreten gegen die Verwendung des Guajak-Holzes als Heilmittel ist widerlegt. Der den Fuggern befreundete Professor Stromer, Dekan der medizinischen Fakultät, der Universität Leipzig hat ein Gutachten verfasst: Die Ansichten des Paracelsus sind irrig.“ 14 Der Rat der Stadt Nürnberg folgte der Empfehlung der Fugger und verbot den Druck. Dieses Druckverbot hatte zur Folge, dass 95 % der Schriften von Paracelsus erst nach seinem Tod erschienen.
Im Frühling 1534 wanderte Paracelsus mittellos, in abgetragenen Kleidern, als armer Landfahrer durch das Oberinntal nach Innsbruck. Der dortige Bürgermeister untersagte ihm den Aufenthalt, weil er nicht glauben wollte, dass ein Mann in so abgerissener Kleidung ein Arzt sein könne. So musste er weiter wandern über den Brenner nach Sterzing in Tirol, wo gerade die Pest wütete. In seiner Schrift „Von der Pest“ schildert er nicht nur die Symptome der furchtbaren Seuche, er beschrieb auch wie man sie bekämpfen, aber auch verhindern und ihr vorbeugen kann.
St. Gallen – Appenzellerland (Schweiz)
In St. Gallen (Schweiz) vollendete er sein medizinisch-alchemistisches Werk, das „Opus Paramirum“, das er dem Stadtarzt und Humanisten Joachim von Watt, genannt Vadianus, widmete. Niemand hat jemals an das Wissen, Können und die Charaktereigenschaften des Arztes so hohe Anforderungen gestellt wie Paracelsus. Die Grundlage seiner Weltanschauung basierte auf dem Wissen der Naturgesetze. Die Medizin war ihm nur Vorstufe der Gotteserkenntnis. Dr. Hartmann sagt: „Die Ausübung der Medizin ist für Paracelsus ein heiliges Amt und nicht ein Handwerk, das zum Zweck des Gelderwerbes betrieben wird. Wer es ausübt, der sollte selbst ein Heiliger und ein Weiser sein; weshalb ja auch in früheren Zeiten die Ausübung der Heilkunde in den Händen der Priester war.“ 15
In den folgenden Jahren begegnet uns Paracelsus als rastloser Wanderprediger in den abgeschiedenen Tälern und Wäldern des Appenzellerlandes der Schweiz.
Er suchte das wahre Christentum nicht in den Städten, nicht als Gast der Fürsten und Gelehrten seiner Zeit. Denn seine Erfahrung sagte ihm, dass in den einfachen Menschen, in den Laien, in den Bauern die Vollkommenheit christlichen seligen Lebens am meisten wohnt, bei den anderen gar nicht.
Er war der Meinung, beim „einfachen Volk“ mehr über das göttliche Licht, den theologischen Geist zu erfahren, so wie er einst in der Volksmedizin der Jahrmärkte mehr medizinisches Wissen fand, als an den Hochschulen.
Ein weiterer Aspekt sind die Volkslegenden. Diese berichten über den Paracelsus im Leben jener Tage. Den einen erscheint er als Narr, den andern als Heiliger, immer umgibt ihn eine Aura, die nicht mehr von dieser Welt ist. Für Paracelsus sind echte Magier «natürliche Heilige“, die dank ihrer tiefen Einsicht den Kräften über die Natur zu gebieten vermögen. Paracelsus war ein Christ im wahrsten Sinne des Wortes. Er suchte seine Lehre stets auf dem Wort der Bibel zu ergründen. In jenen Monaten schilderte er das apostolische Christentum in seiner Schrift „Vom seligen Leben“. So wie er die Medizin nicht als Buchweisheit verstand, sondern als Erkenntnis aus dem natürlichen Licht, so verstand er jetzt Religion als Leben aus dem göttlichen Licht.
Als Paracelsus wieder aus den abgeschiedenen Wäldern des Appenzellerlandes auftauchte, wanderte er über den Arlberg-Pass in das tirolische Inntal zu den Bergwerken von Hall und Schwaz. Vermutlich besuchte er auch die Eisenhütten von Jenbach und die Kupferwerke von Brixlegg. Er untersuchte als erster die Krankheiten der Erzknappen, Schmelzer, Silberbrenner und Quecksilberarbeiter. So verdanken wir ihm die erste medizinische Schrift über Gewerbekrankheiten und Gewerbehygiene „Von der Bergsucht und anderen Bergkrankheiten“. Als besonders gefährlich erkannte er die Quecksilberdämpfe, die in den Stollen aufstiegen und schwere Vergiftungen auslösten. Auch diese medizingeschichtlich so bedeutsame Arbeit fand kaum Beachtung. Doch das war der Anfang unserer heutigen Gewerbemedizin.
Bad Pfäfers – Taminaquelle
Auf seiner weiteren Wanderung kam er 1535 über Chur nach Ragaz und nach Pfäfers. Er verbrachte einige Monate in der Abtei des Klosters Pfäfers. Im Bad von Pfäfers untersuchte er die Heilwirkungen der heißen Taminaquellen und behandelte den kranken Abt Johann Jakob Russinger. Es entstand seine umfangreiche Schrift über das Bad Pfäfers, die eine genaue Indikationsliste und diätische Vorschriften enthält. Diese Schrift ist eines der frühesten Zeugnisse wissenschaftlicher Balneologie, der Anwendungen des Wassers, der heutigen Hydrotherapie. Die damaligen Badehütten vom Heilbad Pfäfers wurden in der Taminaschlucht hoch über dem Taminafluss in die Felswände gebaut. Sie waren nur auf abenteuerliche Weise über Seile und hängende Leitern zu erreichen. Zu den berühmtesten Gästen zur Reformationszeit zählte u.a. Huldrych Zwingli.
Erst im 17. Jh., als das blutwarme Wasser in Holzleitungen gefasst war, wurden auch Gästehäuser für den Badebetrieb vor dem Eingang zur Schlucht gebaut. Heute ist das alte Bad Pfäfers das älteste, erhaltene Barockbad in der Schweiz. Es dient als Museum und Gedenkstätte und enthält neben verschiedenen kulturellen Ausstellungsräumen auch eine Paracelsus-Gedenkstätte.
Die grosse Wundarzney
Im Jahre 1537 brachte er in Ulm eines seiner Hauptwerke „Die grosse Wundarzney“ zum Druck. Dies ist u.a. deshalb ein bedeutendes Werk, da damals zwischen den Ärzten und Chirurgen ein bedeutender Unterschied bestand, der mitunter zu heftigsten Fehden führte. Dies, weil im Gegensatz zu den gelehrten Ärzten setzte sich der Stand der Chirurgen oder Wundärzte aus ungelehrten Leuten zusammen. Meistens waren es Bartscherer, Schmiede, Henker oder Bader, denen man die Behandlung der im Kriege erhaltenen Wunden und vor allem das Zahnziehen anvertraute. Noch im 19. Jahrhundert hatte jedes Dorf einen „Bader“ als Chirurgen. In diesen früheren Zeiten hatte das Landvolk zu diesen Leuten Vertrauen und ließ sich nur schwer bewegen, einen Arzt in der Stadt zu konsultieren.
Frank Geerk beschreibt: «Die Ärzte waren sich zu gut, sich an ihren Patienten die Hände blutig zu machen. Indem Paracelsus erkannte, dass Wundheilkunde und Operationslehre nur dann wirklich zum Erfolg führen konnte, wenn sie in einem allgemeinmedizinischen Zusammenhang betrieben werden, wurde er zum Begründer der modernen Chirurgie. Er war es, der dazu aufrief, Amputationen und andere chirurgische Eingriffe künftig nicht mehr den Badern und Scherern zu überlassen, sondern als ein Fachgebiet der Medizin anzuerkennen.» 16 Paracelsus Grundsatz war, dass die Chirurgie Hand in Hand mit der internen Medizin gehen müsse, dass alle „chirurgikalischen Krankheiten durch physikalische Artzney geheilt werden“ sollen. Mit der „Grossen Wundartzney“ wandte er sich an die Jungen, denen er die Summe seiner chirurgischen Erfahrungen hinterlassen wollte. Doch auch lernwillige Bader und Scherer waren angesprochen. Es war diejenige seiner Schriften, welche die meisten Auflagen hatte.
Salzburg – sein letzter Aufenthaltsort
Wohin Paracelsus auch kam, überall fand er Feinde, aber auch Freunde. Studenten scharten sich um ihn. Zweimal wurde er sogar vom Kaiser Ferdinand in Wien empfangen und geehrt.
Um das Jahr 1540 rief ihn der Fürstbischof Ernst von Wittelsbach nach Salzburg. Ausgerechnet in die Stadt, aus der er 16 Jahre zuvor fliehen musste. Es sollte seine letzte Station sein. Er war jetzt 46 Jahre alt. Ein Jahr später starb er. Auf dem Friedhof von St. Sebastian in Salzburg findet man heute noch sein Grab. Die lateinische Inschrift auf seinem Grabstein lautet übersetzt: Hier ruht begraben Philipus Theophrastus, der ausgezeichnete Doktor der Medizin, der jene argen Wunden, Aussatz, Podagra (Gicht), Wassersucht und andere unheilbare Krankheiten des Leibes mit wunderbarer Kunst heilte und all sein Gut unter die Armen verteilte. Im Jahre 1541, am 24. Tag des September hat er das Leben mit dem Tode vertauscht.
Vermächtnis – Die Medizin des Paracelsus
Doch seine Lehre steht. Er hinterließ uns einen großen Schatz. Paracelsus sagte: „Ich will es bezeugen, dass keines meiner Werke früher geschrieben worden ist, weder von Philosophen noch von Ärzten gehört oder gelesen. Meine Schriften beweisen, dass ich 600 Erfindungen in diesem Buch anzeige, von denen keines je von einem alten oder neuen Philosophen oder Arzte erwähnt oder zugelassen wurde, denn er hätte alle alten Schriften verlassen müssen…“17 Im Paracelsus-Werk von Dr. Aschner steht: „Wir brauchen gerade in der jetzigen ‚Krise der Medizin‘ die Kenntnis der gesamten medizinischen Werke des Paracelsus…Oder soll es uns kalt lassen, dass Paracelsus Gicht, Steinbildungen, Schlaganfall, Epilepsie, Geisteskrankheiten, Infektionskrankheiten, Schwindsucht, Wassersucht und oft anscheinend auch den Krebs usw. mit Sicherheit heilen konnte und wir es in Unkenntnis seiner Schriften heute nicht mehr können? 18
Paracelsus steht für ein fast unauslotbares Vermächtnis tiefgründigen Wissens und Weisheit, festgehalten auf vielen tausend Seiten, das wir wohl, wenn überhaupt, erst im nächsten Jahrtausend voll und ganz überblicken und verstehen werden.
Aus seiner Feder stammt ein reiches schriftstellerisches Werk biologischen, philosophischen, theologischen, medizinischen Inhalts. Er sah den Menschen eingebunden als mitschwingendes Spiegelbild, in der ihn umgebenden Welt. Daher lehrte er das Verständnis für Alchemie, Astrologie, Natur und Gott, sodass die Ursache der Krankheit erkannt und wirkliche und bleibende Heilung erfolgen konnte.
Die Medizin von Paracelsus basiert auf vier Säulen. Aus diesen vier Quellen entspringt das Wissen und Können des Arztes, die Theorie und die Praxis:
Philosophia, d.h. die wahre Erkenntnis des Wesens des Menschen in Bezug auf Geist, Seele und Körper, und seiner Stellung in der Natur, sowie seiner Beziehung zu der ihn umgebenden Außenwelt mit allen ihren geistigen und materiellen Kräften.
Astronomia, d.h. die wahre Erkenntnis des Ganges der Gestirne im Menschen selbst, sowie der Einflüsse, die von außen kommen. Damit ist die Kenntnis der Kräfte gemeint, welche seinen innerlichen Organen die Fähigkeit verleihen, ihre Funktionen zu verrichten.
Alchemia, d.h. die richtige Erkenntnis des Ineinanderwirkens der im Menschen wirkenden Kräfte und der Gesetze, welche dieselben beherrschen.
Die Tugend, d.h. die Tauglichkeit des Arztes selbst, und damit ist nicht gemeint, dass er nur die Kunstgriffe versteht, um das, was er theoretisch gelernt hat, anzuwenden, sondern dass er selber diejenigen Kräfte erwirbt, besitzt und ausbildet, welche er anwenden soll. Der Arzt soll sich nicht mit dem begnügen, was er von den Autoritäten gelernt hat, sondern selber nach Erkenntnis ringen und eigene Kräfte erwerben.19
Zur Grundlage seiner Lehre gehören weiter die fünf Entien oder die fünf möglichen Ursachen von Krankheiten. Diese beschreibt er in seinem Buch Paramirum, das zu seinen wichtigsten Schriften gehört. Die fünf Entien sind
Ens Astrale (lat. astrum = Stern): «Die Kraft und das Wesen der Gestirne und ihre Gewalt über den Leib» 20. Es geht um Krankheiten, die ihre Ursachen im Astralkörper und in den astralischen und kosmischen Einflüssen haben. Sie entstehen durch die Kraft und das Wesen der Gestirne und ihre Gewalt über die drei feinstofflichen Körper physisch/ätherisch, astral und mental. Das können z.B. krankmachende Umweltfaktoren, chemische-physikalische Noxen = Gifte oder Infektionskrankheiten sein.
Ens Veneni (lat. venenum = Gift): Diese Krankheiten können aus Verunreinigungen und giftigen Substanzen entstehen, z.B. durch Ernährung, Funktion der Ausscheidungsorgane und im feinstofflichen Bereich.
Ens Naturale (lat. natur = Veranlagung): Diese Krankheiten entstehen aus den individuellen Eigenschaften, durch unsere genetische Konstitution, Diathese/Disposition = Anfälligkeiten, Neigung, Veranlagung des Organismus für bestimmte Erkrankungen.
Die zweite Gruppe von Entien betrifft die beiden, die über das grobstofflich/körperliche hinaus gehen und auf den Geist wirken. Deren Ursprung liegt in den magischen oder geistigen Einwirkungen.
Ens Spirituale (lat. spirituell = geistig): «Die Geister, die unseren Leib krank machen.»19 Es geht um Krankheiten, die durch magische Einwirkungen erzeugt werden, d.h. durch psychosoziale und psychosomatische Einflüsse auf die Gesundheit.
Ens Die (lat. deus = Gott): Krankheiten, die durch das Leben, Weben und Wirken sowie das Gesetz Gottes entstehen = Schicksal und Karma.
Die Kenntnis dieser fünf Krankheitsursachen ist Voraussetzung für eine sinnvolle Diagnostik und Therapie, denn eine Krankheit besteht aus mindestens einer der fünf Ursachen. Die Aufgabe eines jeden Arztes, Heilpraktikers oder Homöopathen liegt darin, genau zu beobachten, wo sich die Wurzel einer Krankheit befindet. Er muss wissen, woher die Krankheit kommt, welche Bedeutung und welchen Zweck sie hat. Denn da, wo Krankheit entspringt, findet man auch die Wurzel, womit Gesundheit wiederhergestellt werden kann. Die fünf Entien bilden somit den Weg zu wahrhafter Heilung.
Dabei ist es wichtig sich bewusst zu sein, dass der Mensch nicht nur aus dem physischen Körper besteht. Er ist eine Dreiheit: Körper-Seele-Geist. Eine Störung manifestiert sich nicht nur auf der körperlichen Ebene, wie das von der klassischen Medizin heute noch gesehen und behandelt wird. Symptome zeigen sich auch auf der emotionalen und/oder mentalen Ebene. Bei Vorliegen einer Krankheit ist immer der ganze Mensch gestört, wenn auch in unterschiedlichem Grad auf den verschiedenen Ebenen seiner Existenz. Es gilt mit offenen Augen zu erkennen, wo der wahre Ursprung der Krankheit liegt. Denn zu den fünf Krankheitsursachen gehören auch die fünf Heilswege. Liegt die Krankheit im Astral- oder Emotionalkörper, ist dort auch die Quelle für Gesundheit zu finden. Sind Gifte oder schädigende Einflüsse aus den mentalen oder feinstofflichen Bereichen die Ursache, ist die Wurzel für die Wiederherstellung der Gesundheit da zu finden.
Zu den weiteren Kernelementen seiner Lehre gehören die Lehre vom quintessenziellen Charakter der gereinigten Materie aus den vier Elementen, die Lehre der drei Prinzipien (Tria Principia) Sal (Kälte, zusammenziehend), Sulfur (Wärme, ausdehnend), Mercurius (ausgleichend, wandelnd).
Paracelsus‘ Werke umfassen das medizinische, philosophische, astrologische, religiöse und alchemistische Wissen. Er wusste mehr, als man damals, wie heute auf den Universitäten lernen konnte und kann. Doch seine Schriften eignen sich nur für jene, die gleich ihm ständig suchende Schüler der Natur bleiben wollen. Er ermutigt uns mit folgenden Worten: „Ein jeglich Werk, das Gott beschaffen hat, ist dem Menschen möglich zu ergründen, denn nichts ist beschaffen, das nicht dem Menschen zu ergründen sei.“ 21
Trotz der Anfeindungen seiner Gegner blieb sein Ruf als überragender Arzt unerschüttert. Einerseits erhöhten seine scharfsichtigen Prognosen, aber auch seine Kenntnis rasch wirkender Heilmittel sein Ansehen. Andererseits heilte er viele Krankheitsfälle, die nach der damaligen Schule als unheilbar und gefährlich galten. Er sagte ausdrücklich, ein Arzt, welcher nicht das Podagra, die Epilepsie, Wassersucht und Aussatz heilen könne, sei kein rechter Arzt. Gegenüber den Kranken war Paracelsus stets von größter Fürsorge und Barmherzigkeit, er sagte: „Die höchste und wirksamste Arznei ist die Liebe!“
In unserem Sonnensystem ist die Sonne das Zentrum und die Quelle der Lebenskraft. Das Zentrum der Lebenskraft im physischen Körper ist das Herz. Wenn Paracelsus sagt: «Das Herz begehrt nichts anderes als seine Stärkung» heißt das, dass es von allem Belastenden befreit wird. Mit der folgenden Analogie zeigte er uns das wahre innere Wesen des Menschen auf: «Wie kennen wir das Herz eines Menschen, wenn nicht durch das Wort? In den Worten und Taten enthüllt sich das menschliche Herz, nicht auf direkte oder sichtbare Art. Von den äußerlichen Signalen her öffnet sich auch der Weg zum „Grund“. Er ist Gegenstand der Suche, des geduldigen, unendlichen Nachforschens.» Mit dem «Grund» ist das innere Wesen des Menschen, die Seele gemeint.
Das Gebet des großen Arztes22:
„Du hast uns die Liebe als Arznei gegeben, o Gott,
und willst, dass der Arzt in dieser Liebe eingeschlossen sei,
um den Kranken zu heilen.
So wie Deine Liebe kein Ende hat,
soll auch unser Forschen und Dienen kein Ende haben.
Ohne Deine Hilfe ist der Arzt machtlos,
aber mit Dir vermag er das Höchste.
Du bedienst Dich unser,
weil Du selber gern im Verborgenen bleibst.
Dein Wille ist, dass Du durch uns die Kranken heilst.
Du gießest in das Herz ein Freude am ewigen Leben
Und jeder, der an Dich glaubt, wird lebendig auferstehen
Und den Tod nicht schmecken.
Du hast im Menschen die Kräfte aller Elemente
geheimnisvoll zusammengefasst, so wie ein Arzt, der aus den
Säften der Kräuter die Kraft zum Heilen zieht.
Lass mich alles zum Nutzen der Kranken
nach bestem Vermögen und Urteil anordnen,
alles Schädliche von ihnen fernhalten.
Lass mich heilig und rein meine Kunst und mein Leben bewahren.“
Amen.
Um Gesundheit zu erlangen, muss man lernen, im Einklang mit der Schöpfung zu leben. Die Kunst, Gesundheit herzustellen, besteht darin, dass man die Störungen aufhebt und den erkrankten Teil wieder in Harmonie mit dem Ganzen bringt.
Literaturhinweis:
1) Hartmann, Dr., Franz: Theophrastus Paracelsus von Hohenheim. Schatzkammer. 1977. S. 27-28
2) Spunda, Franz: Das Weltbild des Paracelsus. Andermann. 1941, S. 15
3) Geerk, Frank: Paracelsus. Arzt unserer Zeit. Patmos. 2001. S. 50
4) Hartmann, Dr., Franz: Theophrastus Paracelsus von Hohenheim. Schatzkammer. 1977. S, 53
5) Aschner, Dr., Bernhard: Paracelsus Sämtliche Werke. Jena/Fischer. 1926. Bd. I, vgl. XXXIII,
6) Braun, Lucien: Paracelsus, Alchimist – Chemiker, Erneuerer der Heilkunde. Silva. 1990. S. 22 (XI, 151/152)
7) Braun, Lucien: Paracelsus, Alchimist – Chemiker, Erneuerer der Heilkunde. Silva. 1990. S. 15 (X, 224)
8) Braun, Lucien: Paracelsus, Alchimist – Chemiker, Erneuerer der Heilkunde. Silva. 1990. S. 15 (XI, 142
9) Blavatsky, Helena Petrowna: Isis entschleiert. J.J. Couvreur.1977. S. 164
10) Achim D. Möller: Paracelsus. Schulradiosendung. 1978
11) Braun, Lucien: Paracelsus, Alchimist – Chemiker, Erneuerer der Heilkunde. Silva. 1990. S. 21 (XI, 154)
12) Blavatsky, Helena Petrowna: Isis entschleiert. J.J. Couvreur.1977. S. 164
13) Geerk, Frank: Paracelsus. Arzt unserer Zeit. Patmos. 2001. S. 28
14) Achim D. Möller: Paracelsus. Schulradiosendung. 1978
15) Hartmann, Dr., Franz: Theophrastus Paracelsus von Hohenheim. Schatzkammer. 1977. S, 24
16) Geerk, Frank: Paracelsus. Arzt unserer Zeit. Patmos. 2001. S. 50
17) Aschner, Dr., Bernhard: Paracelsus Sämtliche Werke. Jena/Fischer. 1926. Bd.II S. XX
18) Aschner, Dr., Bernhard: Paracelsus Sämtliche Werke. Jena/Fischer. 1926. Bd.II, S. IX
19) Hartmann, Dr., Franz: Theophrastus Paracelsus von Hohenheim. Schatzkammer. 1977. S,188
20) Aschner, Dr., Bernhard: Paracelsus Sämtliche Werke. Jena/Fischer. 1926. Bd. I, S. 10
21) Paracelsus: Philosophia. Vol. X.pg.45
22) Die schönsten Gebete der Welt. Südwest-Verlag
Kontakt:
Erika Röthlisberger, Hochhüsliweid 13, CH-6006 Luzern, Mail: eroethlisberger.lu@bluewin.ch
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