§ 289 – Sechste Ausgabe
Alle die gedachten Arten von Ausübung des Mesmerisms, beruhen auf einer dynamischen Einströmung von mehr oder weniger Lebenskraft in den Leidenden, und werden daher positiver Mesmerism genannt1. Eine dem entgegengesetzte Ausübung des Mesmerismus aber verdient, da sie das Gegentheil bewirkt, negativer Mesmerism genannt zu werden. Hieher gehören die Striche, welche zur Erweckung aus dem Nachtwandlerschlafe gebraucht werden, so wie alle die Handverrichtungen, welche mit den Namen CaImiren und Ventiliren belegt worden sind. Am sichersten und einfachsten wird diese EntIadung der, bei ungeschwächten Personen in einem einzelnen Theile übermäßig angehäuften Lebenskraft, durch den negativen Mesmerism bewirkt, mittels einer sehr schnellen Bewegung der flachen, ausgestreckten rechten Hand, etwa parallel, einen Zoll entfernt vom Körper, vom Scheitel herab bis über die Fuß-Spitzen geführt2. Je schneller dieser Strich vollführt wird, eine desto stärkere Entladung bewirkt er. So wird z. B. beim Scheintode einer vordem gesunden3 Frauensperson, wenn ihre dem Ausbruche nahe Menstruation plötzlich durch eine heftige Gemüthserschütterung gehemmt worden war, die, wahrscheinlich in den Präcordien angehäufte Lebenskraft, durch einen solchen negativen Schnellstrich entladen und wieder im ganzen Organismus ins Gleichgewicht gesetzt, so daß gewöhnlich die Wiederbelebung allsogleich erfolgt4, so mildert auch zuweilen ein gelinder, weniger schneller Negativstrich, bei sehr reizbaren Personen, die zuweilen allzu große Unruhe und ängstliche Schlaflosigkeit, welche von einem allzu kräftig gegebnen positiven Striche herrührte u. s. w.
- Mit Fleiß gedenke ich hier, wo ich von der entschiedenen und sichern Heilkraft des positiven Mesmerism’s zu sprechen hatte, nicht jener, höchlich zu mißbilligenden Uebertreibung desselben, wo vermittelst, während halber, ja oft ganzer Stunden auf einmal wiederholte, selbst täglich fortgesetzte Striche dieser Art, bei nervenschwachen Kranken jene ungeheure Umstimmung des ganzen Menschenwesens herbeigeführt ward, die man Somnambulism und Hellsichtigkeit (clairvoyance) nennt, worin der Mensch, der Sinnenwelt entrückt, mehr der Geisterwelt anzugehören scheint – ein höchst unnatürlicher und gefährlicher Zustand, wodurch man nicht selten chronische Krankheiten zu heilen vergeblich versucht hat.
- Daß die, entweder positiv oder negativ zu mesmerirende Person, an keinem Theile mit Seide bekleidet sein dürfe, ist eine schon bekannte Regel; aber weniger bekannt ist es, daß der Mesmerirer, wenn er selbst auf Seide steht, seine Lebenskraft in vollerem Maße dem Kranken mittheilen kann, als wenn er auf dem bloßen Fußboden steht.
- Einer chronisch schwächlichen, lebensarmen Person ist daher ein, vorzüglich sehr schneller Negativstrich, auf jeden Fall, äußerst schädlich.
- Ein zehnjähriger, kräftiger Knabe auf dem Lande, ward wegen einer kleinen Unpäßlichkeit, früh von einer sogenannten Streicherin mit beiden Daumenspitzen von der Herzgrube aus, unter den Rippen hin, sehr kräftig, mehrmals gestrichen, und verfiel sogleich mit Todtenblässe in eine solche Unbesinnlichkeit und Bewegungslosigkeit, daß man ihn mit aller Mühe nicht erwecken konnte und ihn fast für todt hielt. Da ließ ich ihm von seinem ältesten Bruder einen möglichst schnellen, negativen Strich vom Scheitel bis über die Füße hin geben, und augenblicklich war er wieder bei Besinnung, munter und gesund.
Da diese Systeme versuchen, dem Patienten Lebensenergie einzuflößen, bezieht sich dies auf den positiven Mesmerismus. Daneben gibt es auch den negativen Mesmerismus, der entgegengesetzte Reaktionen hervorruft. Magische Wirkungen, die hervorgerufen werden, um die Personen aus dem Schlaf (Tiefschlaf) zu wecken, gehören in diese Klasse. Auch das Segnen, Grüßen usw. gehören zu dieser Kategorie. Dies ist nützlich für Patienten, die nicht schwach geworden sind. Auf diese Weise wird die an einigen Stellen des Körpers angesammelte Lebensenergie nach außen abgegeben. Diese Energie kann leicht erzeugt werden, indem man die vollständig gestreckten Hände und Finger einen Zoll über dem Körper des Patienten von Kopf bis Fuß über den Körper laufen lässt. Je schneller dies geschieht, desto schneller kann die an bestimmten Stellen angesammelte Lebenskraft wieder freigesetzt werden. Wenn zum Beispiel eine gesunde Dame durch einen psychischen Schock bewusstlos wird, können alle Symptome auf den Zustand des Todes hindeuten. Das bedeutet, dass ein Zufluss von Lebenskraft in ihr Herz stattfindet. Wenn der o.g. Prozess durchgeführt wird, breitet sich die Lebenskraft gleichmäßig in ihrem Körper aus, und der Körper wird lebendig und sie steht auf. Auf die gleiche Weise können gestörte Gemütsverfassung, Schlaflosigkeit, Angstzustände usw. geheilt werden, wenn ein positiver Mesmerismus auf geregelte Weise einströmt. Diese Symptome bei einer Person, auch wenn sie auf eine übermäßige Übertragung zurückzuführen sind, können auch durch die Methode des negativen Mesmerismus geheilt werden.
Erklärung
Die Übertragung der Lebensenergie vom Arzt auf den Patienten ist eine positive Handlung. Das Erwecken der Lebenskraft beim Patienten ist eine negative Handlung (Empfangen). Wie und wann diese beiden Methoden angewendet werden sollen, wird hier erklärt. Liegt die Ursache der Krankheit in einer Schwäche, einem Mangel an Lebenskraft, so sollen Energien in ihn übertragen werden. Man sollte sich dann also der Methode der Übertragung bedienen. Wenn keine Schwäche vorliegt und plötzlich eine Gefahr auftritt, soll die Lebenskraft im Patienten geweckt werden, d.h. die Methode des Empfangens ist anzuwenden.
Es gibt noch einen weiteren Aspekt, der hier angesprochen wurde. Bei der Anwendung der Übertragungsmethode muss der Arzt den Patienten berühren. Dann fließt die Lebensenergie vom Arzt zum Patienten. Es ist so, als würde man das Eisenstück mit einem Magneten berühren. Wenn die Empfangsmethode (negative Handlung) befolgt wird, muss der Patient berührt werden, aber die Zirkulation kann hergestellt werden, indem die Hand einen Zoll über dem Körper gehalten wird. Ohne dass eine Berührung notwendig ist, wird in diesem Fall durch die Wirkung der Lebenskraft im Körper selbst die Lebenskraft im Patienten geweckt und der Kreislauf wiederhergestellt. Das ist kein Wunder. Ähnlich verhält es sich auch mit dem Empfang von Ideen zweier getrennt sitzender Personen. Wir sind nicht verwundert über die Verbundenheit. Wahr ist, dass ohne ein Gespräch, sondern nur durch den Anblick des Gesichts des anderen, die Wirkung der magnetischen Kräfte, wie Vorlieben und Abneigungen, Liebe und Hass und den daraus entstehenden Ernst oder das Aufblühen im Gesicht erkennbar sind. Der Wissenschaftler sagt, dass die gleiche Wirkung durch ein geregeltes Training erzielt wird und Krankheiten heilt.
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