Die ganze Welt klingt. Klänge umgeben uns nicht nur im Außen, sondern sind auch ein elementarer Bestandteil unseres Selbst. Ihre Wirkung beeinflusst uns ständig. Wie wir die Kraft des Klangs gezielt für unsere Gesundheit nutzen können und das Stille die eigentliche Essenz aller Klänge ist, lehrt uns die uralte Disziplin des Nada Yoga.
Klang in der indischen Philosophie
Nada Yoga – das Yoga des Klanges, beschreibt den Weg der Kontemplation durch die Praxis des bewussten Hörens und der aktiven Auseinandersetzung mit Musik. In den alten indischen Lehrschriften, den Veden und Upanishaden, wird Nada Yoga als der unmittelbarste Weg beschrieben, um den Menschen wieder mit seinem göttlichen Wesenskern zu verbinden. Nada Yoga gilt als wichtiger Bestandteil aller Yogadisziplinen und ist zugleich Grundlage der gesamten indischen Musiklehre.
Die Wortwurzel „Nad“ bedeutet übersetzt sowohl „Klang“ als auch „Strömen“ und steht in direkter Beziehung zu dem Begriff „Nadi“, der in der ayurvedischen Lehre die feinstofflichen Energiebahnen unseres Körpers bezeichnet. Nada ist daraus folgend der „Klang oder Strom des Bewusstseins“, der alle äußeren und inneren Welten durchdringt.
Nach der alten indischen Lehre ist die ganze Welt aus dem sogenannten Urklang – dem Klang der Schöpfung hervorgegangen. Diese Sichtweise kongruiert mit den Erkenntnissen der Quantenphysik, dass alles im Universum eine bestimmte Grundschwingung besitzt und mit anderen Schwingungsfeldern in Wechselwirkung steht.
„Die frühen Erkenntnisse der yogischen Meister gelten heute als erwiesen: Schwingung ruft Materie hervor und Materie ist eine Form von Schwingung“. 1
Die heilige Silbe OM- Urklang der Schöpfung
Das Tönen der Silbe OM ist jedem Yogapraktizierenden vertraut. Sie gilt als heilige Silbe, als der erste hörbare Laut aus dem alles entstand und steht symbolisch für das Absolute, die Einheit selbst. Das Chanten und die Meditation über diese Silbe gelten in allen Yogarichtungen als Mittel zur Befreiung und Selbsterkenntnis.
Die Heilkraft der Stimme im Nada Yoga
Neben bewusstem Hören und Lauschen wird in der aktiven musikalischen Praxis des Nada Yoga vor allem der Stimme besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Unter dem Aspekt, dass alles Lebendige schwingt, wird ersichtlich, dass Krankheiten immer zugleich Disharmonien des eigenen Systems sind. Durch den gezielten Einsatz von Klang lässt sich der harmonische Grundzustand wieder herstellen, unsere gesunde Essenz erfährt Stärkung. Die Stimme ist dabei unser erstes und wichtigstes Instrument. Durch die Praxis von „Pranayama“ – dem achtsamen Lenken des Atems, durch Tönen in Verbindung mit Körperübungen aus dem Hatha-Yoga und das zwanglose Singen einfacher Mantren und Chants, kann sich die Stimme auf natürliche Weise entfalten. Spannungen werden gelöst und die Aufrichtung des Körpers wird unterstützt, was wiederum zur Vergrößerung unseres inneren Resonanzraumes führt.
Durch den eigenen Stimmklang werden die Körperzellen in Schwingung versetzt und der Zellstoffwechsel wird angeregt. Die Zellen kontaktieren durch die Klangschwingung ein ordnendes Prinzip. 2
Singen als Hingabe an das Göttliche
Musik und Klang sind immer unmittelbar mit Emotionen verknüpft. Wer tönt und singt, überträgt diese Schwingung nicht nur auf sein gesamtes Körpersystem, sondern auch auf seine Umgebung. Mit Freude und Hingabe „aus dem Herzen“ zu singen, gilt deshalb in allen Yogadisziplinen als eine direkte Form der Kommunikation mit dem Göttlichen.
„Die Grundschwingung des Herzens ist Freude“ 3
Im Nada Yoga geht es dabei nicht um musikalische Leistung, sondern um authentischen Stimmausdruck unter Einbeziehung des gesamten Körpers. Gesungen werden vor allem Mantren und Kirtans, einfache Lieder und Wechselgesänge, die Lobpreisung und Anrufung des Göttlichen zum Inhalt haben. Durch die immer wieder kehrende Rezitation der einfachen Texte und Melodien kommt der Geist schnell zur Ruhe. Zentrierung und innerer Frieden werden erfahrbar.
Der innere Klang als Ziel des Nada Yoga
Das letztendliche Ziel aller Yogarichtungen ist die Erfahrung der Einheit, der Zustand des „Samadhi“, der zugleich als Wiedervereinigung mit „Brahman“, dem höchsten Schöpfungsprinzip verstanden wird. In den Upanishaden wird das Herz als die Wohnstätte Brahmans benannt. Die Verbindung zum Herzen geschieht nach yogischer Lehre über das „Lauschen auf den inneren Klang“. Ihn zu hören gelingt, wenn der Geist vollkommen still geworden ist. Dies zu üben ist der tiefere Sinn jeder Yogapraxis.
Die Entdeckungsreise in die Welt der äußeren und inneren Klänge beginnt jedoch nicht erst auf der Yogamatte, sondern genau Hier und Jetzt. Mit jedem bewussten Atemzug, dem Lauschen auf die Klänge der Natur, dem hingebungsvoll gesungenen Lied, der Wahrnehmung des Augenblicks. Das Leben klingt.
Literatur
Barbara Irmer, Carmen Mager: Nada Yoga. Hinwendung zum inneren Klang. Theseus Verlag, Bielefeld, 2009.
1 zit. Barbara Irmer, Carmen Mager: Nada Yoga. Hinwendung zum inneren Klang. Theseus Verlag, Bielefeld, 2009, S.18.
2 zit. aaO. S.25.
3 zit. aaO. S.47.
Kontakt
Seelenton-Praxis für komplementäre Methoden
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