Methodik der TEN
4.2 Therapie, Prävention und Salutogenese
Spagyrik
Diese, auf der Grundlage einer jahrtausende alten alchemistischen Tradition gewachsene Heilkunst ist ein wichtiger Bestandteil des traditionellen Weltbildes. Durch die spagyrische Zubereitung werden die verwendeten Ausgangssubstanzen in spezifischen mehrstufigen Herstellungsschritten (mittels Gärung, Destillation, Veraschung) aufgeschlossen, umgewandelt und schlussendlich in der spagyrischen Arznei wieder vereinigt. Nach dem Verständnis der Spagyrik werden sie dabei aus ihrer Bindung an die Materie herausgelöst, gereinigt – und auf einer höheren Ebene wieder zusammengefügt. Selbst hochgiftige Heilpflanzen wie beispielsweise Tollkirsche (Atropa belladonna) können durch diese Umwandlung in ungiftige Essenzen überführt werden.
Weitere Ausgangsstoffe von Arzneien
Neben der Anwendung pflanzlicher Arzneien verwendet die TEN Substanzen aus folgenden Bereichen:
- Mineralien (z. B. Silicea, Calcium phosphoricum, Barium carbonicum)
- Metalle (z. B. Magnesium phosphoricum, Mercurius solubilis – Quecksilber, Aurum metallicum -Gold)
- Produkte tierischen Ursprungs (z.B. Lachesis – Buschotter und andere Schlangengifte, Apis mellifica – Honigbiene)
- Nosoden (Arzneimittel aus Krankheitserregern und -sekreten, Körpergeweben und chemisch definierten Substanzen (z. B. Tuberculinum aus Sputum eines Tuberkulosekranken, Endometrium – Gebärmutterschleimhaut, Cortison)
- Autonosoden (Arzneimittel aus patienteneigenem Material (z. B. Eigenblut, -urin, -lymphe)
Aranea diadema – Kreuzspinne
Die genannten Substanzen werden in der Regel als homöopathische Niedrigpotenzen angewendet, meist in den Potenzstufen D2 bis D6. Ausnahme sind Nosoden, die meist höher potenziert (> D12) eingenommen werden. Dennoch richtet sich die Auswahl der Mittel nicht nach den Kriterien der klassischen Homöopathie, sondern nach den qualitativen, humoralen sowie gewebs-, krankheits- und konstitutionsorientierten Aspekten der TEN-spezifischen Pharmakologie. Joachim Broy prägte dafür den Begriff der „funktionellen Homöopathie“.
Die TEN arbeitet häufig mit individuellen Rezepturen, z. B. Teemischungen aus verschiedenen Pflanzen oder Tropfenmischungen aus pflanzlichen Zubereitungen, gemischt mit potenzierten Bestandteilen (Dilutionen).
Eigenblut und -urin wird alternativ zur potenzierten Anwendung auch intramuskulär injiziert.
4.2.4 Ab- und Ausleitungsverfahren
Die ausleitenden Verfahren |Ab- und Ausleitungsverfahren gehören zu den therapeutischen Kernelementen der TEN. Den einzelnen Verfahren werden die folgenden qualitativen und humoralen Wirkungskriterien zugeordnet:
- trockenes Schröpfen: Primärer Bezug zum Blutsystem. Aktivierung des Wärmeprinzips, dadurch reflektorische, tonisierende Wirkung auf die zu behandelnden Gewebe
- blutiges Schröpfen: Primärer Bezug zum Blutsystem. Dämpfung des Wärmeprinzips, dadurch reflektorische, detonisierende Wirkung auf die zu behandelnden Gewebe
- Baunscheidtverfahren (mit histaminhaltigem Öl): Primärer Bezug zum Phlegmasystem (hier repräsentiert durch das Lymphsystem). Aktivierung der Säftebewegung (‚Klärstrom‘) mit reflektorischer, ausgleichender Wirkung auf die zu behandelnden Gewebe Baunscheidt-Anwendung am Rücken.
- Aderlass: Primärer Bezug zum Blutsystem. Starke allgemeine Dämpfung des Wärmeprinzips des Blutes. Nach Hufeland wichtigstes Verfahren bei sthenischen (heute besser: hyperkinetischen) Krankheitsprozessen.
- Blutegeltherapie: Primärer Bezug zum Blutsystem. Reflektorisch entstauende und dadurch reinigende Wirkung auf die zu behandelnden Gewebe. Anwendung bei plethorischen Zuständen, die auf cholerischen bzw. melancholischen Schärfen basieren.
- Cantharidenpflaster: Primärer Bezug zum Phlegmasystem (hier repräsentiert durch das Lymphsystem). Reflektorisch stark ausleitende Wirkung auf die zu behandelnden Gewebe. Wird vor allem bei lokalisierten Schmerzzuständen angewendet.
4.2.5 Manuelle Therapien
Manuelle Therapieverfahren sind wichtiger Bestandteil einer naturheilkundlichen Behandlung und werden in der TEN-Praxis oft mit physikalischen Therapien sowie Ab- und Ausleitungsverfahren kombiniert. Organisches Zentrum der meisten manuell-therapeutischen Anwendungen sind Becken, Wirbelsäule, Kopf- und Kiefergelenke sowie andere Gelenke und ihre entsprechende Muskulatur und dazu gehörenden Sehnen und Bänder. Funktionelles Zentrum ist die Statik des Beckens und der Wirbelsäule als Ergebnis komplexer energetischer Regulationsmechanismen. Die manuellen Therapieverfahren stellen unspezifische oder spezifische Reize dar, die vom Körper wahrgenommen, verarbeitet und beantwortet werden.
Typische Formen der manuellen Therapien in der TEN-Praxis sind klassische Massage, Bindegewebs-, Reflexzonen-, Schröpfmassage und manuelle Lymphdrainage.
4.2.6 Physikalische Therapien
Zu den physikalischen Therapien gehören die Hydro-, Thermo-, Schallwellen-, Licht-, Klimatherapie, aber ebenso auch Bewegung, Sauna, Inhalationsbehandlungen oder die Anwendung von Heilerde. Die therapeutischen Anwendungen der vier Elemente Luft, Wasser, Erde und Feuer (Wärme) bewegen und regulieren durch ihre Reizwirkung die Humores und regen die Selbstheilungskräfte an. Sie werden individuell und nach TEN-spezifischen Überlegungen ausgewählt. Die Absicht, physikalische Therapien anhand wissenschaftlicher Parameter zu beschreiben und zu praktizieren, würde den Menschen auf Symptome reduzieren und kann dem systemischen Denken der TEN nicht gerecht werden.
… wird fortgesetzt
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