Von Johann Wolfgang von Goethe stammt folgende Aussage:
„Möge das Unsere wahr sein oder falsch, wir haben als Lebende die Pflicht, das Lebendige zu verteidigen, das Kommende vorzubereiten. Denn die Jugend, die zu unseren Füßen spielt, wird dereinst unser Richter sein.“
Goethe selbst war sich der großen Bedeutung seiner Farbenforschung vollauf bewusst, ja, er stellte sie sogar höher als seine Dichtkunst. Seine eigenen Worte darüber sind:
„Auf alles, was ich als Dichter geleistet habe, bilde ich mir gar nichts ein, es hat berühmte und große Dichter vor mir gegeben und wird es nach mir geben. Aber, dass ich in meinem Jahrhundert der Einzige bin, der das wahre Wesen der Farben erkannt hat, darauf tue ich mir etwas zugute.“
Und Goethe hatte Recht. Er war der Einzige, der das Wahre von den Farben wusste, auf dessen Fundament eine Weiterentwicklung zu einer Naturwissenschaft der Farben und einer sich daraus entwickelten Farbentheorie möglich ist. Goethe fühlte instinktiv, dass es Harmoniegesetze auch bei den Farben gibt.
Goethe ist auch der Begründer der physiologischen Optik. Durch Goethes Farbenlehre bekommen die Farben eine hohe Bedeutung. Für Goethe ist die Farbe das Zeugnis einer höheren Welt, das er mit folgenden Worten bekennt:
„Ich Prisma bin ins Licht gestellt
Zum Zeugnis einer besseren Welt,
die aus der Dünste trübem
Netz Erkennt Gott und sein Gesetz.“
Goethe lehnte die rein physikalische Betrachtungsweise der Farben ab. Harmonisch kann für ihn nur etwas sein, das aufgrund von Erlebnissen erschlossen ist. Wer nicht imstande ist, die Farbe zu erleben, der wird auch nie einen Begriff von der großen Bedeutung der Goetheschen Farbenlehre bekommen und wird auch nie Gottes Gesetz in den Farben als Zeugnis einer besseren Welt erkennen. Das Erleben der Farben, so wie Goethe sie erlebt hat, ist also nur möglich durch die Betrachtung der Farben in der Natur.
Wer in dem Buch der Natur zu lesen versteht, dem werden wunderbare Erkenntnisse zuteil, der wird beobachten, dass alle Gesetze der Natur von einer großen geistigen Ordnung zeugen, der wird ein ordnendes Prinzip erkennen in allem, was die Natur schafft. In der heutigen Zeit kennen wir nur technische Ordnungen. Die Natur aber ist die Ordnung des Geistigen; sie ordnet nach Kräften, Energien und Charakteren, sie ordnet das Sichtbare aus dem Unsichtbaren, das Körperliche aus dem Geistigen. Nur in den Farben zeigt sie uns sichtbar den Geist, der das Zeitliche, das Räumliche und das Körperliche verbindet, d. h. „eins werden lässt“.
In der Farbe wird uns nicht nur Geist und Körper getrennt oder zusammen sichtbar gemacht. Durch sie ist auch der Begriff zeitlich und räumlich vereint. Man könnte sagen, die Farben schlagen eine Brücke vom Diesseits ins Jenseits, durch die gleichzeitige Verbildlichung von Geist, Zeit, Raum und Körper. Die Spenderin der Farben ist die Sonne, sie ist der Urquell des Lebens und die Bedingung allen Daseins – die geistige Ordnerin der Farben aber ist die Natur. So wie sie uns die Anordnung und die Reihenfolge in der Anwendung positiver und negativer Kräfte zeigt, sind wir auch verpflichtet, sie anzuwenden, wenn wir nicht gegen die Natur verstoßen wollen, was sich immer bitter rächt, wie die Erfahrungen lehren.
Goethe hat nicht nur die Natur der Farben ergründet, sondern auch ihre Wirkungen auf die Psyche des Menschen. In seiner Farbenlehre (sechste Abteilung) schreibt er wörtlich: „Die Erfahrung lehrt uns, dass die einzelnen Farben besondere Gemütsstimmungen geben.“
„Gelb führt in ihrer höchsten Reinheit immer die Natur des Hellen mit sich und besitzt eine heitere, muntere, sanft reizende Eigenschaft. In diesem Grade ist sie als Umgebung, es sei als Kleid, Vorhang, Tapete angenehm. Das Gold in seinem ganz ungemischten Zustand gibt uns, besonders wenn der Glanz hinzukommt, einen neuen und hohen Begriff von dieser Farbe;
Wenn nun diese Farbe in ihrer Reinheit und hellem Zustand angenehm und erfreulich, in ihrer ganzen Kraft aber etwas Heiteres und Edles hat, so ist sie dagegen äußerst empfindlich und macht eine sehr unangenehme Wirkung, wenn sie beschmutzt wird. So hat die Farbe des Schwefels, die ins Grüne fällt, etwas Unangenehmes. Gelb wird als die Farbe der Intelligenz bezeichnet, ein auf tiefer Stufe stehendes Gelb wäre also vergleichbar mit einer schmutzigen Intelligenz.“
Über den Gegenpol Blau dagegen berichtet Goethe folgendes:
„So wie Gelb immer ein Licht mit sich führt, so kann man sagen, dass Blau immer etwas Dunkles mit sich führt. Diese Farbe macht für das Auge eine sonderbare und fast unaussprechliche Wirkung. Sie ist als Farbe eine Energie; allein sie steht auf der negativen Seite und ist in ihrer höchsten Reinheit gleichsam ein reizendes Nichts.
Wie wir den hohen Himmel, die fernen Berge blau sehen, so scheint eine blaue Fläche auch vor uns zurückzuweichen. Wie wir einen angenehmen Gegenstand, der vor uns flieht, gern verfolgen, so sehen wir das Blau gern an, nicht weil es auf uns dringt, sondern weil es uns nach sich zieht. Das Blaue gibt uns ein Gefühl von Kälte, so wie es uns auch an Schatten erinnert.“ (Als Schattenfarbe meint Goethe natürlich das dunkle Spektrumsblau.)
Spektralanalyse lüftet Farbengeheimnisse
Der durch Prismen zerstreute Lichtstrahl erzeugt Farbenbilder. Die Reihenfolge der Farben ergibt sich wie im Regenbogen in naturgesetzlicher Anordnung. Diese Anordnung der Farbenfolge nennt man Spektrum. Kommen diese z. B. von glühenden Körpern her, so kann man auf deren chemische Natur schließen, da jeder chemische Stoff ein eigenes, von anderen verschiedenes Spektrum hat.
Durch die Chemie erfährt man heute, dass sich die schwach leuchtende Flamme eines Bunsenbrenners gelb färbt, wenn man in sie eine in das Öhr eines Platindrahtes eingeschmolzene Probe eines Natriumsalzes, wie etwa Soda oder Kochsalz bringt. Die Flamme färbt sich gelb. Im Spektroskop erblickt man eine schmale gelbe Linie etwa auf dem ersten Drittel der Spektralskala. Diese Linie ist für das Natrium charakteristisch und verrät die geringsten Spuren dieses Elements. Noch der dreimillionste Teil eines Milligramm Natriumsalzes kann auf diesem Wege nachgewiesen werden.
Von ähnlicher Empfindlichkeit ist die Reaktion (das ist gegenseitige Einwirkung) des Lithiums, dessen Spektren sich durch eine schwache orangegelbe und eine intensiv rote Linie kennzeichnet. Kalisalze geben ein schwaches ununterbrochenes Spektrum mit einer Linie im äußersten Rot, einer weiteren im Violett.
Bunsen und Kirchhoff, welchen das Verdienst gebührt, die Spektralanalyse zu einer chemischen Untersuchungsmethode im Jahre 1859 ausgebildet zu haben, fanden auf spektralanalytischem Wege die bis dahin unbekannten Metalle „Rubidium“ und „Cäsium“. Andere Forscher entdeckten auf gleichem Wege das „Indium“ und „Talkium“.
Es wird angegeben, dass der Mond und die Planeten, welche mit erborgtem Sonnenlicht leuchten, dasselbe Spektrum aufweisen wie die Sonne. Man hat diese Tatsache als einen weiteren Beweis dafür gewertet, dass der Mond keine eigene Atmosphäre hat. Venus, Mars, Jupiter und Saturn dagegen lassen in ihren Spektren deutlich den Einfluss ihrer Atmosphäre erkennen, welche unzweifelhaft Wasserdampf enthält. Die Spektren der Fixsterne zeigen dunkle Linien, ähnlich dem Spektrum unserer Sonne, die jedoch unter sich und vom Sonnenspektrum Abweichungen zeigen. Huygens vermochte zum Beispiel im Fixsternspektrum des Aldebaran Natrium, Magnesium, Calcium, Eisen, Wismut, Tellur, Antmen, Quecksilber und Wasserstoff nachzuweisen. Der Fixstern Beteigeuze enthält dieselben Elemente wie Aldebaran mit Ausnahme von Quecksilber und Wasserstoff.
Farben geben der Natur Leben, Seele, Geist. Die Natur zeigt uns auch die einzig richtige Art der Anwendung ihrer Kräfte.
Vor einigen Jahrzehnten hatte man die Farben aus den Wohnungen fast ganz verbannt, und die Herrenmode blieb vollständig farblos. Damit auch kein Lichtstrahl die Haut treffe, waren reichliche Schutzmittel vorhanden; die Kleidung bis oben zugeknöpft, große Sonnenhüte, in den Wohnungen schwere, lichtdichte Vorhänge, die den Sommer über dicht zugezogen wurden, Jalousien, die außerdem herabgelassen wurden, sobald sich ein Sonnenstrahl in eine Wohnung verirren wollte, dazu die dunkelsten braunen und grauen Tapeten. Und in einer solchen Umgebung sollte der Mensch nicht krank werden?
Heute kann man sich solch ein licht- und farbenabgeschlossenes Leben nicht mehr vorstellen. Licht und Farbe haben sich überall ihren Platz erobert. Umso notwendiger ist es, die Wirkungen dieser verschiedenen Energien zu beobachten, zu kontrollieren und richtig anzuwenden. Unser Körper, unser Geist und unsere Seele haben Eigenschaften und Schwingungsfähigkeiten, und wir machen uns keine Vorstellungen davon, wie wir beständig von den umgebenden Feinkräften und Schwingungen beeinflusst werden.
Es gibt verschiedene harmonische und disharmonische Verbindungen dieser Feinkräfte, die auf den Menschen je nach seiner Veranlagung einwirken. Diese beiden Kräfte durchziehen das ganze Weltall und bewirken Leben durch Harmonie oder Verfall und Tod durch Disharmonie.
Gute Verbindungen wirken sich harmonisch, schlechte disharmonisch aus. Das gilt auch für Farbenzusammenstellungen. Wenn wir wissen, dass Harmonie die aufbauende, wohltuende nützliche Kraft ist, Disharmonie dagegen oft als kleine Ursache großer, schlechter Wirkungen anzusehen ist, so müsste uns doch einleuchten, dass Harmonien zu fördern und Disharmonien (in erste Linie auch bei Zusammenstellung der Farben) zu bekämpfen, dem allgemein Wohl der ganzen Menschheit dienlich ist.
… wird fortgesetzt
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