Der Geist und der Körper im Zusammenspiel
Irgendwann hat unsere Kultur beschlossen, unsere Welt in zwei Sphären einzuteilen. Diese werden Geist und Körper, Leib und Seele oder Materielles und Immaterielles genannt. Wolfgang Pauli sagt jetzt, es müssen beide Sphären zusammengebracht werden. Denn um Materie zu gestalten und zu nutzen, brauche ich eine Idee, diese ist aber immateriell. Also muss das Immaterielle mit dem Materiellen verbunden werden, um als Mensch produktiv zu sein. Aus dieser Verbindung entsteht eine ganzheitliche Sphäre, in dem der Archetypus angesiedelt sein sollte. Dabei liefert die seelische Sphäre die Idee und die körperliche Sphäre das Gesetz. So gehören beide Seiten zusammen.
Wie archetypisch schon manche Begriffe für die Menschheit sind, soll an dem Beispiel des Atoms dargestellt werden. Was ist eigentlich ein Atom? Wir wissen es nicht genau. Wir sagen manchmal „Welle“, manchmal sagen wir „Teilchen“. Außerdem wissen wir, dass der Begriff „Atom“ völlig unsinnig ist. Atom heißt eigentlich „unteilbar“, aber wir können es seit über 100 Jahren teilen, hängen aber an diesem Wort. Es hat in der Wissenschaftsgeschichte schon mehrere Versuche gegeben, dieses Wort abzuschaffen, doch vergebens, es ist archetypisch.
Genauso ist es mit der Energie. Wer weiß denn schon, was Energie ist? In einem Lehrbuch finden wir als ersten Satz: „Wir können mit Energie alles machen. Wir können sie verwandeln, verschicken, bezahlen, teurer machen oder billiger. Wir können nur nicht sagen, was sie ist.“ Energie scheint auch so etwas Archetypisches zu sein und wir müssen sie sozusagen als etwas verstehen, als etwas, ohne das ich überhaupt keine wissenschaftliche Theorie machen kann.
Der Wissenschaftshistoriker Thomas Kuhn veröffentlichte 1962 ein Buch mit dem Titel: „Die Struktur wissenschaftlicher Revolution“. Darin unterteilte er den wissenschaftlichen Betrieb in einen, der normal abläuft, und einen, der revolutionär stattfindet.
Der normale Wissenschaftsbetrieb läuft im Sinne von Karl Popper wie folgt ab: Sie wollen zum Beispiel eine Diplomarbeit schreiben. Zuerst formulieren Sie Ihre Hypothese und machen im Anschluss das Experiment. Hypothese und Experimentalprotokoll geben Sie ab und bekommen dafür Ihr Diplom. Und das nennt man dann wissenschaftliche Arbeit und Sie nennt man ab sofort einen Wissenschaftler.
Ich finde dieses Vorgehen nicht gerade aufregend und für den Laien ist es meistens völlig uninteressant. Dieses logische Vorgehen steht aber immer unter einem Paradigma, welches sehr begrenzend wirkt. Paradigma ist ein nettes Wort für Voraussetzungen und Annahmen, auf die sich alle geeinigt haben, wie langweilig! Man könnte auch böswillig sagen: Ein Paradigma ist das Brett vor dem Kopf, mit dem alle forschen in der Hoffnung, dass irgendwann einmal einer eine neue Idee bekommt. Genau das führt zu einem Grundkonsens, der den Geist unbeweglich macht und an dem man nicht rüttelt, wenn man normale Wissenschaft betreibt. Im Grunde werden nur Fakten gesammelt, die das Paradigma bedienen.
Was macht aber das Zündende, Revolutionäre aus, das man ab und zu in der Wissenschaft ebenso entdecken kann?
Warum entstehen große Entdeckungen häufig unter primitivsten wissenschaftlichen Bedingungen? Diese Revolution entsteht durch eine Offenbarung, durch eine plötzliche Einsicht. Leider ist der Begriff einer wissenschaftlichen Revolution sehr häufig in Gebrauch. Bei fast jedem wissenschaftlichen Kongress wird er heute verwendet, schon allein um den Forschungsetat zu erhöhen. Merkwürdigerweise hassen wir Revolutionen in unserem bürgerlichen Leben. Dafür lieben wir Revolutionen im wissenschaftlichen Leben. Die Frage ist nur, wie lange es braucht, um das wissenschaftliche Paradigma auf die neue Erkenntnissituation einzustellen.
Häufig sind drei Wissenschaftlergenerationen dazu notwendig: die des Lehrers vom alten Paradigma und zwei weitere Schülergenerationen dieses Lehrers. Bei kleineren Paradigmen kann es allerdings auch einmal schneller gehen. Die Grundstruktur des heutigen Wissenschaftsbetriebes anzuzweifeln ist äußerst problematisch. Zu tief sitzt die Angst vor Veränderung, wenn man sich als Wissenschaftler fest etabliert hat.
Was kann man nun eine Revolution nennen? Vom Wort her ist es etwas, was einen zum Ursprung wieder zurückführt. Sie machen also eine Umdrehung, allerdings auch wenn sie am gleichen Ort wieder herauskommen, so wie bei einer Spirale auf einem höheren Niveau.
Dabei ist eine Idee alleine noch keine Revolution. Es bedarf des sozialen Feedbacks der anderen Wissenschaftler, sonst machen alle trotz neuer Idee so weiter wie bisher. Eine Revolution in der Wissenschaft ist es erst dann, wenn die Idee erstens geprüft ist, zweitens abgesegnet ist, drittens im Lehrbuch aufgeführt wird, viertens vom Studenten akzeptiert wird und fünftens gemeinschaftliche Praxis der Wissenschaft wird. Ein langer Weg, der drei Jahrzehnte und noch mehr umfassen kann. Nicht umsonst sind viele Nobelpreisträger bis zur Preisverleihung steinalt geworden.
Das Interessante ist aber der Punkt, bei dem eine neue Idee beim Entdecker geboren wird. Das setzt aber den Mut zu einer kreativen Wissenschaft voraus.
Die kreative Wissenschaft unterscheidet sich von der normalen Wissenschaft!
Bei der normalen Forschung besteht als Antrieb in aller Regel eine Forderung, die von außen auf Grund irgendwelcher Bedingungen herangetragen wird. Es soll zum Beispiel endlich ein wirklich effizientes Krebsmedikament entwickelt werden, da immer mehr Menschen weltweit an den Auswirkungen und den Therapiemaßnahmen dieser Erkrankung sterben. Die schon erwähnte Maschinerie läuft an. Kreative Fortschritte in der Wissenschaft sind so nicht zu erzeugen. Bei einer Kreativität entsteht vor dem geistigen Auge plötzlich ein neues Bild, das nach einer Umsetzung strebt.
Doch wer ist in einem solchen Wissenschaftsbetrieb bereit auf dieses neue Bild, diese neue Idee einzugehen, wenn Forschungsgelder knapp und über Jahre bilanziert sind? Und so bleibt häufig ein mitleidiges Lächeln der normalen Wissenschaftler gegenüber dem kreativen Sonderling.
Die kreativen Gedanken kommen zumeist plötzlich, nachdem man sich eine ganze Weile mit einem bestimmten Problem geistig auseinandergesetzt hat.
Der Berliner Physiker, Philosoph und Physiologe Hermann Helmholtz formulierte 1847 als erster Wissenschaftler sauber den Energiesatz. Ebenso entdeckte er Gesetzmäßigkeiten über Tonempfindungen, Farben und damit optische und physiologische Sinneswahrnehmungen. 1891 schreibt er zu seinen plötzlichen Ideen:
„Einfälle treten plötzlich ein, ohne Anstrengung, wie eine Inspiration, aber ich musste mein Problem erst nach allen Seiten so viel hin- und hergewendet haben, dass ich alle Wendungen und Verwicklungen im Kopf überschaute und sie frei, ohne zu schreiben durchlaufen konnte . Oft waren die Einfälle morgens beim Aufwachen da.”
Auch der große Mathematiker Carl Friedrich Gauß beschreibt 1835 die morgendlichen Einfälle:
„Das Induktionsgesetz, gefunden am 23. Januar morgens um 7 Uhr vor dem Aufstehen.
Helmholtz verweist auf ein Goethezitat mit folgendem Vers:
„Was vom Menschen nicht gewusst oder nicht bedacht, durch das Labyrinth der Brust wandelt in der Nacht.“
Auch die Entdeckung des Benzolrings durch den Chemiker August Kekulé, die er im Jahr 1868 beschreibt und einen ungeheuren Fortschritt in der chemischen Industrie auslöste, basierte auf kreativen Eingebungen. Kekulé döste 1865 vor dem Kaminfeuer ein und er beschreibt die Situation wie folgt:
„Wieder gaukelten die Atome vor meinen Augen. Kleine Gruppen hielten sich diesmal bescheiden im Hintergrund. Lange Reihen, vielfach dichter, alles in Bewegung, schlangenartig sich windend. Und siehe: Was war das? Eine der Schlangen fasste den eigenen Schwanz und höhnisch wirbelte das Gebilde vor meinen Augen. Wie durch einen Blitzstrahl erwachte ich. Und auch diesmal verbrachte ich den Rest der Nacht, um die Konsequenzen der Hypothese auszuarbeiten.“
Hatte er die Ringstruktur des Benzols gesehen? Nein! Er sah das archetypische Modell des Uroboros. Das ist die sich in den Schwanz beißende Schlange, die ein wichtiges Symbol in der Alchemie darstellt. Die Alchemie war, als sozusagen „allgemeine Chemie“, der Vorläufer unserer heutigen modernen anorganischen und organischen Chemie.
War Kekulé in einem früheren Leben Alchimist und die Flammen seines Kamins erinnerten ihn an den Ofen der Alchimisten, den Athanor, vor dem man Tag und Nacht zubrachte, um die Temperaturen bei Destillationsprozessen feinfühlig zu steuern?
Ein weiteres Beispiel stammt aus dem Jahr 1965 mit dem Franzosen François Jacob. In seinem Labor am Pariser Pasteurinstitut entdeckt er nach zehnjähriger Auseinandersetzung mit dieser Thematik, wie genetische Regulationen vor sich gehen. Er schreibt in seiner Autobiographie:
„Ich gehe in meinem Büro auf und ab, gehe vage Hypothesen und mögliche Experimente durch. Etwas verdrossen gehen wir am Spätnachmittag ins Kino. In meinem Sessel zurückgelehnt spüre ich, wie meine Gedankengänge wie von selbst weiterstricken. Ich schließe die Augen, gespannt darauf, was in meinem Inneren vor sich geht. Plötzlich spüre ich eine freudige Erregung in mir wach werden und jäh ein Gedankenblitz. Es ist zu offensichtlich.“
Der Energiesatz ist ein Archetypus, er kann nicht aufgegeben werden, wie viele andere Physiker der damaligen Zeit bereit waren es zu tun. Heisenberg spürte das an dieser Stelle nur zu genau. Jetzt kommt der entscheidende Moment für Heisenberg:
“Dann bemerke ich, dass es ja keine Gewähr dafür gebe, dass das so Entstehen des mathematischen Themas überhaupt widerspruchsfrei durchgeführt werden könnte. Insbesondere war es völlig ungewiss, ob in diesem Schema der Erhaltungssatz der Energie noch gelte und ich durfte mir nicht verheimlichen, dass ohne Energiesatz das ganze Schema wertlos wäre. Ich hatte das Gefühl, durch die Oberfläche der atomaren Erscheinungen hindurch, auf einen tief darunter liegenden Grund von merkwürdiger innerer Schönheit zu schauen und es wurde mir fast schwindlig bei dem Gedanken, dass ich nun dieser Fülle von mathematischen Strukturen nachgehen sollte, die die Natur dort unten vor mir ausgebreitet hatte.“
Hier erkennt man die Bescheidenheit eines Wissenschaftlers, der genau weiß, dass er als Kanal für derartige Gedanken fungiert, die nicht allein aus ihm selbst kommen. Solche Intuitionen werden Wissenschaftler nie kennen lernen, die aufgeblasen herumlaufen und verkünden, sie hätten die Welt verstanden.
Jeder von uns kann solche Erfahrungen machen, wenn er bereit ist, sich zu öffnen, sein Ego zu reduzieren und in Dankbarkeit eins zu werden mit der Schöpfung.
Entnommen aus Paracelsus „Health & Healing“, Heft IX/2, Dezember 2011
Kontakt
Prof. E. h. Iwailo Schmidt BGU
Heilpraktiker und Dozent für Naturheilkunde
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Tel.+49(0)3514-71 75 68
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www.naturheilpraxis-i-schmidt.de
Literatur
Iwailo Schmidt: Die feinstoffliche Naturheilkunde, Eigenverlag, Dresden 2007,
ISBN 978-3-00-021462-2
Iwailo Schmidt: Lehrbuch der Bioenergetik, Eigenverlag, Dresden 2006,
ISBN 978-3-00-018674-5
Iwailo Schmidt: Lehrbuch der Bewusstwerdung, Dresden 2007,
ISBN 978-3-00-021434-9
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