Der Reduktionismus
Dekart begründet eine Methode, die man heute Reduktionismus nennt. Sein Vorschlag ist, wenn ein Objekt kompliziert genug ist, dieses auseinander zu nehmen, um es besser untersuchen zu können. Das zerlegte Produkt wird so lange zerlegt, bis man auf einer Ebene ankommt, die unteilbar ist. Das Unteilbare wurde in der Antike Atom genannt. Und dennoch hat der Mensch begonnen, das Atom zu spalten und sich damit über die Naturgesetze gestellt.Was dabei herauskommt ist krankhaft und gefährlich. Die Wissenschaft hat mit diesem Vorgehen des Reduktionismus ein weiteres Problem geschaffen. Sie ist häufig nicht in der Lage, den Überblick über die Gesamtheit zu bewahren.
Es kommt damit zur Spezialisierung. Man hat den Eindruck, dass diese Spezialisierung eines Tages so weit getrieben wird, bis die wissenschaftlichen Spezialisten von immer weniger immer mehr wissen, bis sie eines Tages vom Nichts alles wissen.
Oberflächlich betrachtet gewinnt man den Eindruck, dass Dekart durch diese Zerlegungsmethode uns exakt gesagt hat, wie wir die Geheimnisse des Lebendigen und die Geheimnisse der Dinge verstehen können.
Im 19. Jahrhundert entdeckten aber die Wissenschaftler, dass nicht alles nach Newtonschen Gesetzen, auf determinierter kausal eindeutiger bestimmter Weise abläuft, sondern dass man manchmal überlegen muss, ob die Wahrscheinlichkeit eine Rolle spielt. Durch diese Überlegungen wurde die Wahrscheinlichkeitsrechnung in die Mathematik eingeführt, die auch in der Physik hilft, bestimmte Modelle weiterzuentwickeln. Es ist damit eine völlig neue Art zu denken entstanden, die zu völlig neuen Voraussagen führt.
Dennoch gilt generell die Frage: Wo kommt eigentlich eine solche Idee her? Warum ist diese Idee genau zu einem bestimmten Zeitpunkt verfügbar und das interessanterweise nicht nur in einem Kopf, sondern häufig zeitgleich bei mehreren Menschen weltweit? Der Grundgedanke, dass alles vielleicht irgendwo vorhanden ist und nur abgerufen werden braucht, ist den meisten Wissenschaftlern verloren gegangen, so dass sie geneigt sind, das Alte neu zu erfinden. Somit ergibt sich auch die Frage:
Wer ist der Mensch und wer hat ihn erfunden?
Die Darwinsche Evolutionstheorie ist für mich unbefriedigend. Der Literaturwissenschaft ist ein Buch mit dem Untertitel „Die Erfindung des Menschen“ bekannt. Der Haupttitel des Buches heißt „Shakespeare“ und ist Ende des 16. Jahrhunderts, Anfang des 17. Jahrhunderts geschrieben worden. Dieses Buch gestattet uns, den Menschen nicht nur als ein Wesen zu begreifen, welches untrennbar in einem kollektiven Verband, also einer Gemeinschaft sich organisiert, sondern es gestattet uns auch, ihn als ein Individuum mit eigener Gefühls – und Traumwelt zu entdecken.
Genau das läuft aber unserer gegenwärtigen Industriegesellschaft zuwider. Diese will den profitablen Massenabsatz. Sie redet zwar von individueller Persönlichkeitsentwicklung, betreibt aber in Wirklichkeit eine Sklaverei auf hohem Niveau. Denn, wenn du nicht ein bestimmtes Auto fährst, nicht die entsprechende Kleidung trägst oder dir nicht einen bestimmten Urlaubsplatz gönnst, wirst du zum bemitleidenswerten Außenseiter.
Das beginnt schon in der Schule. Dort geht es um Systematik, um das Quantitative, um das Logische, um das Rationale und Nachvollziehbare. In der Schule darf man nicht individuellen Träumen nachgehen. Auch in der späteren Firma, in der man als kleiner Angestellter seine Karriere beginnt, ist das Träumen nicht erwünscht. Doch ohne Träume kommen keine Ideen. Und ohne Ideen und Träume wird der Mensch nicht gerade glücklicher. Auch der befriedigte Konsum macht auf Dauer nicht glücklich. Das sollte man spätestens nach dem fünften Auto in der Garage mitbekommen.
In dem Fortschritt der letzten 400 Jahre, die wir hier betrachten wollen, ist der Mensch nicht glücklicher geworden.
Es ist trotz Wohlstands mehr als genug Unzufriedenheit vorhanden, und man muss sich fragen, wo das herkommt. Vielleicht fehlt den Menschen neben den scheinbar notwendigen Dingen die schöne Seite des Lebens. Es muss einen anderen Teil der Wirklichkeit geben, der außerhalb der entdeckten wissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten steht.
Hinweise dazu findet man zum Beispiel bei E. T. A. Hoffmann und seinen Erzählungen. Hier kann man den Romantiker entdecken, der gegen die vorbestimmten Newtonschen Gesetze denkt und handelt. Dadurch entsteht eine völlig andere Lebenssituation. Immer haben sich die Romantiker dagegen gewehrt, dass sie von einer Industrie bedient werden, da sie in diesem Moment zum konsumierenden Objekt werden. Denn wir sind ja eigentlich Subjekte und haben als solche einen freien Willen. Immer dann, wenn wir uns diesen freien Willen rauben lassen, werden wir unglücklich. Der Mensch als Subjekt eignet sich ebenso wenig dazu, sich durch die Medizin- und Pharmaindustrie objektivieren zu lassen.
Der Gedanke der Romantik verbreitete sich genau mit der zunehmenden Industrialisierung. Er erlaubt uns, ein Leben zu führen, welches nicht so klar strukturiert ist, wie man es in der Industriegesellschaft gerne normieren möchte. Im Gegensatz dazu kann ich mein Leben in der Romantik frei gestalten. Dabei kann ich selbstverständlich auch zu widersprüchlichen Entscheidungen kommen. Ich kann manchmal auch in Situationen geraten, wo ich gar nicht weiß, was ich eigentlich will. Dann kann ich nicht irgendein Gesetz bitten, mir das zu erklären, sondern ich bin plötzlich in der merkwürdigen Situation, dass ich erkennen muss, in zwei Welten zu leben.
Das eine ist die materielle Welt, die voller Kausalitäten ist, und die Welt des Geistigen, in der freie Entscheidungen zu Widersprüchen führen können. Dennoch hat man bei romantischen Gedanken trotz der Widersprüche immer das Gefühl von etwas Schönem.
Das ewige Wachstum der Wirtschaft kann also nicht Ziel der Menschheit sein.
Denn wir haben nur diese eine Erde, die wir mit diesem Denken zugrunde richten. Jemand, der Innovation und Wachstum vertritt, ohne dabei rot zu werden, wird damit zum Selbstmordattentäter. Die logische Konsequenz aus dem Gesagten ist, wir sollten neue Gedanken niemals im Außen, sondern immer in uns selbst suchen.
Wie kommt also eine solche Erkenntnis zustande und kann man diesen Prozess bei berühmt gewordenen Wissenschaftlern nachvollziehen? Recherchieren wir doch noch einmal in der Wissenschaftshistorie.
Johannes Kepler hat zwischen 1600 und 1620 die Planetengesetze entdeckt. Diese Erkenntnisse haben ihn, wie er es selber beschreibt, in „heilige Raserei“ versetzt. Er hatte also gewissermaßen das Gefühl, dass Gott ihm diese Gesetze offenbart hat, was ihn natürlich überglücklich machte, so dass er tagelang nicht schlafen konnte. Er war so ergriffen, dass er ganz sicher wusste, seine postulierten Gesetze waren absolut richtig. Im Anschluss machte sich dann Kepler Gedanken darüber, woher er seine Sicherheit dafür nahm. Er schlussfolgerte:
„Erkennen heißt, das äußerlich Wahrgenommene mit den inneren Ideen zusammen zu bringen und ihre Übereinstimmung zu beurteilen.“
Wir ahnen manchmal schon, was wir dann irgendwann einmal wissen. Wir müssen das Wissen nur in uns hineinholen. Dieses Denken erinnert natürlich an Platon, der meint, dass ein Erkennen immer ein Wiedererkennen ist. Ich mache also eine Wahrnehmung und versuche das, was ich gesehen habe, mit dem sinnlichen Eindruck einer Idee, die mir gegeben ist, zu verbinden.
Kepler geht tatsächlich so weit, dass er äußert, alles, was ich an wissenschaftlichen Erkenntnissen habe und in mir trage, also als Potentia in mir habe, produziert nach außen Bilder, wenn ich diese zulasse. Man kann also durch Wahrnehmungen und Messungen äußere Bilder bekommen; es können aber auch Bilder aus mir selbst entstehen.
Diese inneren Bilder müssen auch irgendwo herkommen und die morphogenetischen Felder sind für mich die logischste Erklärung.
Bei derartigen Erkenntnisvorgängen hat man das Gefühl, als würde die Seele in einem aufleuchten.
Albert Einstein sagt zu diesem Zustand: „Ich bin zufrieden. Ich habe plötzlich das absolute Gefühl der Ruhe.“ Und das hat nun wirklich nichts mit Rationalität zu tun, sondern mit Emotionalität. Es entsteht in einem das Gefühl der Sicherheit und nicht das Drängen nach dem Nachweis der Sicherheit. Dieses Sicherheitsgefühl kommt aus dem Bauch und gibt mir die Gewissheit, über mich Bescheid zu wissen.
Auch der Franzose Enric Berksan äußerte in seinem 1908 erschienenen Werk: „Man solle die Welt um sich betrachten wie das Objektiv einer Filmkamera. Das Ganze sollte als Film gedeutet und ausgewertet werden. Man nimmt sozusagen einen Film auf, von seinem eigenen Leben, in seiner eigenen Umgebung. Parallel nimmt man einen zweiten inneren Film auf, der auch die Emotionalität widerspiegelt. Beide Filme bringt man im Anschluss in Deckung. Wenn das geschehen ist, weiß ich sozusagen Bescheid.“
Auch Kepler identifiziert seine inneren Bilder und bemerkt, dass diese strukturiert sind. Diese Strukturen entsprechen bestimmten Gesetzmäßigkeiten und er nennt sie aus diesem Grund archetypische Bilder. Sie vermögen zum Bewusstsein aufzusteigen und zu Erkenntnisprozessen zu führen.
Archetypisch bedeutet aber auch archaisch oder primordial, also des Vorgegebenen, mit dem wir versuchen, an eine Situation heranzugehen. In der Biologie hat man den Begriff des Archetypus benutzt, um Bauprinzipien von Organismen zu begreifen. Man setzt also diesen Begriff mit einer Art Urbauplan für Pflanzen oder Tiere gleich. Die Molekulargenetik tastet sich ebenfalls an diesen Begriff heran. Die Philosophen verstehen unter Archetypus das Urbild des Wirklichen, des Seienden.
Der Psychologe Carl Gustav Jung ist der Meinung, dass alle Menschen so etwas wie ein Unbewusstes aufweisen, in dem alles notwendige Wissen verankert ist.
Ich kann mir dagegen nicht vorstellen, dass jeder einzelne von uns alles vorhandene Wissen unbewusst in sich trägt. Ich gehe eher davon aus, dass wir ständig mit einem riesigen Datenfeld, dem so genannten morphogenetischen Feld verbunden sind, und wenn wir wollen, auch bewusst bestimmte Informationen aus diesem Feld abrufen können. Über dieses morphogenetische Feld sind wir auch mit anderen Lebewesen verbunden und könnten miteinander telefonieren, ohne technische Hilfsmittel zu benutzen. Carl Gustav Jung dagegen nennt das, was unter anderem auch Massenhysterie auslösen kann, kollektives Unbewusstsein.
Dieses kollektive Unbewusstsein benötigt natürlich klare Strukturen und Regeln wie ein Netzwerk in der Computerbranche. Erkenne ich etwas über das kollektive Unbewusste, habe ich eine archetypische Erkennungsweise und damit auch archetypische Bilder, die gleichzeitig in vielen Menschen entstehen können. Leider ist es auch möglich, wenn man die dahinter steckenden Gesetzmäßigkeiten kennt, negativ auf das kollektive Unbewusste zu wirken und zu manipulieren.
Der 1900 in Wien geborene und 1958 in Zürich verstorbene Physiker und Nobelpreisträger Wolfgang Pauli war Zeit seines Lebens nur bekannt als jemand, der wunderbare theoretische Physik gemacht hatte. Er entdeckte den Spin als etwas Merkwürdiges, welches den atomaren Bausteinen hinzugefügt werden musste, um die Grundlagen von chemischen Verbindungen überhaupt verstehen zu können.
Auch Paulis Hinweise auf die Existenz neuer Teilchen in der Physik sind äußerst interessant. Seit 1990 weiß man, dass Pauli sehr intensiv über seine Arbeit träumte. Mit dem Psychologen Carl Gustav Jung wertete er diese Träume aus.
Das wissenschaftliche Weltbild des Wolfgang Pauli basierte auf diesen Träumen, wie sich herausstellte.
Pauli war überzeugter Anhänger der Idee von Kepler, dass es archetypische Grundmuster gibt, die sich im Erkenntnisprozess offenbaren. In den fünfziger Jahren sprach er sich aus diesem Grunde ganz entschieden gegen die Methode und Denkweise von Karl Popper aus. Folgendes Zitat von Wolfgang Pauli stammt aus dem Jahr 1957:
„Ich hoffe, dass niemand mehr der Meinung ist, dass Theorien durch zwingende logische Schlüsse aus Protokollbüchern abgeleitet werden, eine Ansicht, die in meinen Studententagen noch sehr in Mode war… Theorien kommen zustande durch ein vom empirischen Material inspiriertes Verstehen, welches im Anschluss im Platon als zur Deckung kommend, von inneren Bildern mit äußeren Objekten und ihrem Verhalten zu deuten ist.“ Pauli weiter: „Und die Möglichkeit des Verstehens zeigt aufs Neue das Vorhandensein regulierender typischer Anordnungen, denen sowohl das Innen, wie das Außen des Menschen unterworfen ist.“
An dieser Stelle riskiert Pauli etwas Großartiges, was meiner Ansicht nach nicht genau genug verfolgt worden ist. Er möchte nämlich wirklich das erreichen, was eigentlich alle anstreben, nämlich die ganzheitliche Sicht der Welt.
… wird fortgesetzt
Entnommen aus Paracelsus „Health & Healing“, Heft IX/1, November 2011
Kontakt:
Prof. E.H. Iwailo Schmidt BGU
Heilpraktiker und Dozent für Naturheilkunde
Dora-Stock-Str. 1
01217 Dresden
Tel.+49(0)3514-71 75 68
info@naturheilpraxis-i-schmidt.de
www.naturheilpraxis-i-schmidt.de
Literatur:
Iwailo Schmidt, Die feinstoffliche Naturheilkunde, Private Publishing House, Dresden 2007
Iwailo Schmidt, Lehrbuch der Bioenergetik, Private Publishing House, Dresden 2006
Iwailo Schmidt, Lehrbuch der Bewusstwerdung, Private Publishing House, Dresden 2007
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