Tod
Der Vorgang des täglichen Schlafens und der Sterbeprozess sind identisch, bis auf einen Unterschied. Beim Schlafen bleibt der magnetische Faden bzw. der Strom der Lebenskraft unversehrt erhalten und stellt den Rückweg in den Körper dar. Beim Sterbeprozess wird der Lebensfaden zerrissen bzw. durchtrennt. Wenn der Lebensfaden durchtrennt ist, kann das bewusste Lebewesen nicht in den physischen Körper zurückkehren. Im Schlaf funktioniert unser Bewusstsein bereits anderswo und gleichzeitig bewahrt das Lebensprinzip weiterhin den Zusammenhalt des Körpers. Wenn wir schlafen, sterben wir in Bezug auf die physische Ebene, aber wir sind woanders lebendig und aktiv. Jede Nacht geht das Bewusstsein hinaus, solange wir schlafen, während der Körper durch das Lebensprinzip aufrechterhalten wird. Regelmäßig verlässt der Bewusstseinsfaden den Körper. Es ist eine tägliche Routine, die das Bewusstsein kennt. Gewöhnliche Menschen können die Erinnerung an ihr Hinausgehen und Wiedereintreten nicht in ihr physisches Gehirnbewusstsein mitbringen.
Letztendlich ist der Tod nur eine lange Pause im aktiven Leben auf der physischen Ebene. Wenn man stirbt, geht man sozusagen für eine längere Zeit „ins Ausland“ und wenn man schläft, tut man das Gleiche für eine kurze Zeit. Der Mechanismus des täglichen Schlafens und des wiederkehrenden Sterbens sind identisch, mit dem einzigen Unterschied, dass der magnetische Lebensfaden während des Schlafs im Körper unversehrt bleibt. Deshalb sollte man sorgfältig beobachten, wie sich das Bewusstseinsprinzip während der Schlafstunden zurückzieht und man sollte diesen Rückzug sogar während des Einschlafens verfolgen. Aufmerksam wie ein Spion, der seinem Überwachungsobjekt folgt, sollten wir das Zurückziehen des Bewusstseinsprinzips im Körper beobachten. In der Yoga-Disziplin wird dies als ein wesentlicher Schritt für den bewussten Rückzug aus dem Körper beschrieben, damit man genau weiß, wo das Bewusstsein ansonsten noch aktiv ist.
Die Erforschung der Träume und das Studium des Schlafs sind außerordentlich wichtig, da sich in beiden Fällen das Bewusstseinsprinzip vom physischen Körper zurückzieht. Genauso wie sein Zurückziehen beim Einschlafen kann man im halbbewussten Zustand auch sein Ankommen vor dem vollständigen Erwachen wahrnehmen. Es ist von entscheidender Bedeutung, das Hinausgehen des Bewusstseinsprinzips beim Einschlafen und das Wiedereintreten in den Körper aufmerksam zu beobachten, um den Mythos vom Tod zu verstehen.
Für den Durchschnittsmenschen ist der Tod eine Katastrophe. Da er mit der Beendigung aller menschlichen Beziehungen und der Einstellung aller körperlichen Aktivitäten verbunden ist, bedeutet er auch das Abschneiden aller Gefühle der Liebe und Zuneigung. Der Tod wird auch deshalb gefürchtet, weil man nicht weiß, wo man hingeht. Es ist nicht klug, dass die Menschen an diesen Dingen festhalten. Wir müssen uns den vorübergehenden Charakter aller menschlichen Beziehungen und die noch viel vergänglichere Dimension von Dingen und Orten, die man liebt, von Zeit zu Zeit in Erinnerung rufen, damit wir nicht an unserem Lebensumfeld hängen bleiben. Die Philosophie sagt, dass jeder von uns nur ein Reisender ist und dass alle Dinge kommen und vorübergehen. Orte und Ereignisse treten in unser Leben und gehen vorüber. Personen steigen zu, reisen eine Zeitlang mit uns und steigen aus dem Zug aus. Die harte Realität ist: Wir kommen allein und wir gehen allein. Deshalb sollten wir, während wir Beziehungen zu Personen und Ereignissen aufbauen, in unserem Bewusstsein behalten, dass alle kommen, um vorüberzugehen.
Jede Ankunft einer Person ist mit ihrer Abreise verbunden. Alles, was kommt, trägt auch die Zeit für das zu Ende gehen in sich. Jeder Reisende ist ganz allein, er gruppiert Menschen um sich, er trägt Dinge und Gegenstände zusammen und er sammelt Annehmlichkeiten und Genüsse, aber auch Unannehmlichkeiten und Ärgernisse. Die Wahrheit ist, dass er allein in diese Welt gekommen ist und ganz allein aus dieser Welt gehen wird. Wenn diese Weisheit im Hintergrund des Denkens gehalten wird, tun Abschiede und Trennungen nicht sehr weh. Doch die Menschen leben in Illusionen. Sie vergessen, dass alle Dinge vorübergehen. Um den Tod zu überwinden, sollte man daher an der Weisheit festhalten, dass das physische Leben zeitlich bemessen ist. Daran sollte man sich immer erinnern. Das ist ein Gebot. Letzten Endes wird auch der Körper um den Menschen gebildet und entwickelt sich bis zu seiner Vollendung, um anschließend zu verfallen und sich aufzulösen. Auch der Körper hat eine zeitliche Dimension. Diese Philosophie gilt für diejenigen, die den Tod überwinden oder bewusst sterben bzw. ihren Körper verlassen wollen.
Der Tod ist nur der Übergang von einem Zustand in einen anderen.
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