Gebot 24:
Verlasse den Lehrer nicht
Es wird als Glücksfall betrachtet, wenn man als Mensch geboren wird. Allein die menschliche Gestalt ist eine Kopie der göttlichen Form. Keine andere ist so vollkommen wie die menschliche Gestalt, und keine andere Form in der Schöpfung hat ein so großes Potential wie die menschliche Gestalt. Das Göttliche kann in seiner Vollkommenheit auf allen seinen sieben Ebenen nur in der menschlichen Gestalt erlebt werden. Sogar die Devâs nutzen die Gelegenheit, als Menschen geboren zu werden, um greifbare physische Erfahrungen zu machen. Devâs leben auf den feinstofflichen Ebenen, und somit entgeht ihnen die physische Ebene. In der menschlichen Gestalt gibt es die Astronomie, Astrologie, alle kosmischen, solaren und planetarischen Intelligenzen, die 4 Kumâras, die 7 Seher, die 14 Manus, die 27 Konstellationen, die 12 Sonnenzeichen usw. Die menschliche Form ermöglicht die Erfahrung aller sieben Bewusstseinsebenen. Wenn man von der menschlichen Form sprechen will, gibt es keine bessere Möglichkeit als die biblische Aussage: „Gott schuf den Menschen nach seinem eigenen Ebenbild und Abbild.“ Inkarnierende Seelen nehmen bei jeder Verkörperung unterschiedliche Formen an, und es ist eine großartige Gelegenheit, als Mensch geboren zu werden. Dann hat man die Möglichkeit, Gott im eigenen Inneren und überall ringsum zu erkennen. Diese Gelegenheit darf nicht verworfen werden, sagen die Seher. Der Seele wird ein großes Glück zuteil, wenn sie in einer Inkarnation die menschliche Gestalt erhält.
Es ist das höchste Glück, den Lehrer zu finden
Wenn ein Mensch sich umwendet, um nach der Wahrheit zu suchen, nach der Wahrheit seines Seins, gilt dies als doppelt glückliche Situation. Er ist nicht nur ein Mensch, sondern hat auch beschlossen, die Wahrheit zu erkennen statt sich mit anderen Tätigkeiten zu beschäftigen. Sich selbst zu erkennen, Gott zu erkennen ist das höchste Ziel, an das ein Mensch überhaupt denken kann. Alle anderen Ziele sind weit niedriger als das Ziel, die Wahrheit zu erkennen. Folglich gilt der Wahrheitssucher als doppelt glücklich, denn er sucht nach den universalen Gesetzen, Strukturen, Kräften und Formen. Er versucht die Klänge, Zahlen, Farben und Strukturen zu erkennen und die Schwingung des Klangs, die Geschwindigkeit der Farbe, die Potenz der Zahl und die Ökonomie der Materie zu verstehen. Ein wahrer Sucher sucht nach dem Unbekannten. Dies ist das größte Abenteuer. Sich auf dieses Abenteuer einzulassen, wird als die edelste Aufgabe betrachtet, da sie zur Erfüllung, zur Selbst-Verwirklichung und zur Gotteserkenntnis führt.
Wenn solch ein Suchender einen Lehrer findet, gilt er als dreifach vom Glück gesegnet. Er ist ein Mensch, er sucht nach der Wahrheit, und er hat den Lehrer gefunden. Dies ist das Beste, was einem passieren kann. Daher sagt der große Eingeweihte Šankara: „Eine solche Person ist dreifach vom Glück gesegnet.“ Der Lehrer ermöglicht dem Schüler, auf die Wahrheit zuzusteuern. Er steht ihm als Führer zur Seite, mildert seine Schwierigkeiten ab, ermutigt den Schüler, wenn dieser verzweifelt ist, begleitet den Suchenden von Zeit zu Zeit auf der Reise zur Wahrheit und bleibt ein Freund, auf den sich der Suchende verlassen kann. Doch der Lehrer lässt nicht zu, dass der Schüler sich zu stark auf ihn stützt. Stattdessen versetzt er den Schüler in die Lage, auf eigenen Füßen zu stehen, ermöglicht ihm Fortschritte zu machen, hält den Schüler, wenn dieser fällt, stellt ihn wieder her und ermutigt ihn zu gehen.
Der Lehrer führt die Seele
Im Osten gibt es die falsche Auffassung, dass sich der Schüler mit seiner ganzen Schwere auf den Lehrer stützen kann und alle seine persönlichen Lasten auf dem Lehrer abladen kann. Der Lehrer führt die Seele, und durch Stärkung seiner Seelenenergie muss der Schüler seine Persönlichkeitsprobleme selbst in den Griff bekommen. Die Verbindung zwischen Lehrer und Schüler besteht auf der Seelenebene. Der Lehrer mischt sich nicht in die Persönlichkeit des Schülers ein. Er lässt den Schüler seine Persönlichkeit selbst bearbeiten und unterstützt die Seele. Auf diese Weise leistet der Lehrer eine ausgezeichnete und feinfühlige Hilfe, ohne den Schüler zu beeinflussen. Niemals kontrolliert er den Schüler. Wer kontrolliert und beeinflusst, ist kein richtiger Lehrer. Ein wahrer Lehrer informiert und führt. Nie stört oder behindert er die Freiheit der Seele. Wenn er zu Hilfe gerufen wird, übermittelt der Lehrer der suchenden Seele seine Stärke, so dass die Seele mit der zusätzlichen Stärke ihr Leben in den Griff bekommt, die Persönlichkeit organisiert und unter Mitwirkung der Persönlichkeit im Seelenleben fortschreitet. Das wertvollste Geschenk Gottes für einen echten Suchenden ist das Erscheinen eines Lehrers in seinem Leben. Der Schüler sollte wissen, wie er mit dem Lehrer kommunizieren sollte, was er von ihm erbitten sollte, was er vom Lehrer nicht erbitten sollte und wie er nicht mit ihm umgehen sollte. Ansonsten verstummt der Lehrer oder verschwindet sogar aus dem Leben des Schülers.
Zweifler können sich nicht mit dem Lehrer auf die Reise machen
Im Westen ist das Gefühl weit verbreitet, dass ein Wahrheitssucher keinen Lehrer braucht, sondern die Wahrheit durch seinen eigenen Willen finden kann. Obwohl dies stimmt, ist es schwer und fast unmöglich. Herkules, Sokrates, Plato, Pythagoras und ähnliche große Seelen hatten ihre Lehrer. Oft spielt auch die Natur die Rolle eines Lehrers. Der Lehrer ist wie ein Reiseleiter in einem dunklen, gefährlichen Dschungel, der die Fackel hält und den Schüler führt. Allein und auf sich gestellt durch den Dschungel zu wandern, ist eine unsichere Sache, weil man nicht alle Gefahren vorhersehen kann. Der Osten leidet darunter, dass sich die Schüler zu stark auf den Lehrer verlassen. Der Westen leidet unter dem Stolz des eigenen Arbeitens und Strebens, und der Stolz wird zu einem großen Hindernis auf dem Weg zur Wahrheit. Es ist der goldene Mittelweg, den Zweck eines Lehrers zu kennen und zu wissen, wie man mit ihm kommuniziert. Solche Schüler gelangen zur Erfüllung. Ihnen rät Sanat Kumâra: „Verlasst den Lehrer nicht.“ Der Lehrer ist wie ein Stück Holz, das uns über Wasser hält, wenn wir in einem Fluss schwimmen. Aber er ist mehr als ein Stück Holz. Entsprechend unserer Ausrichtung kann er unser Boot, unser Schiff oder unser Flugzeug sein. Zweifler können nicht mit dem Lehrer reisen, weil sie sich nicht an der Energie des Lehrers festhalten. Ein Zweifler ist wie jemand, der sich in einem reißenden Fluss an einem Stück Holz festhält. Wenn er das Holz loslässt, weil er an seiner Wirkung zweifelt, wird er mit Sicherheit ertrinken. „Zweifler gehen zugrunde“, sagt Lord Krishna, und Jesus sagt seinen Nachfolgern: „Zweifelt nicht an mir.“
Ein Schüler kann den Lehrer seiner persönlichen Prüfung unterziehen. Wenn er den Lehrer mag und beschließt, ihm zu folgen, sollte er nicht mehr zurückschauen. Bevor er seine Entscheidung trifft, hat er alle Freiheit, den Lehrer zu beobachten. Hat er jedoch einmal bewusst die Entscheidung für den Lehrer getroffen, ist es für ihn besser, dem Lehrer zu folgen, ohne zu zweifeln. Zweifel halten den Schüler zurück, wenn er beschließt zu folgen und trotzdem zweifelt.
Folgt den Anweisungen des Lehrers
Häufig können die Schüler die Handlungen des Meisters oder Lehrers nicht verstehen. Mit ihrem eigenen, begrenzten Verstehen können die Schüler den Lehrer nie beurteilen. Sie würden einen großen Fehler machen, wenn sie versuchten, den Meister zu verstehen. Stattdessen können sie sich darüber klar werden, was gelehrt wurde und mit gebotenem Verständnis dem folgen, was unterrichtet wurde. Sie können auch den Lehrer um Verstehen und Einsicht bitten, aber sie sollten nie versuchen zu verstehen, was der Lehrer ist. Wir sollten seine Lehre verstehen und ihm folgen, nachdem wir seine Lehre in der gebotenen Weise verstanden haben. Wenn das innere Verstehen erst einmal vorhanden ist, empfinden es die Schüler als angenehm, den Anweisungen des Lehrers zu folgen, selbst wenn sie nicht viel verstehen. Der Lehrer ist durch Lebensbereiche gegangen, die die Schüler nicht kennen. Daher ist es nicht möglich, den Lehrer immer zu verstehen. Einem Schüler, der versucht, den Lehrer zu verstehen, sagt der Lehrer lächelnd: „Verstehen führt zu Missverstehen. Folge dem, was ich sage. Dann wirst du mir folgen.“ Häufig greift der Lehrer die Logik des Schülers an, indem er dem Intellekt des Schülers Gegensätze vorlegt. Ein Schüler ist ein Schüler. Ein Lehrer ist ein Lehrer. Der Lehrer hat alle Umkehrungen umgedreht, und der Schüler lebt noch in den Umkehrungen. Das Verstehen des Schülers steht noch Kopf. Aber das weiß er nicht, sondern er erkennt es erst, wenn seine Umkehrungen umgedreht wurden.
Mit dem Lehrer zu arbeiten ist in gewisser Weise ein Spiel mit dem Feuer. Zugleich ist es die schönste Arbeit, die am meisten Freude bringt. Wenn der Schüler an der Schönheit des Lehrers und seiner Art zu arbeiten großen Gefallen findet, folgt er dem Lehrer mit Freude, sogar bis zu den Toren von Tod und Geburt und noch darüber hinaus.
Wir sollten daran denken, dass ein wahrer Lehrer uns zur Wahrheit führt, die über alle Konzepte, die Trinität und sogar über das universale Bewusstsein hinausreicht, so dass wir eins mit Brahman, mit der universalen Existenz, werden. Die drei Logoi der Trinität werden auch nicht als Ziel der Reise betrachtet, weil die Wahrheit über sie hinausreicht. Wir sollten den Lehrer nicht verlassen, bis wir den Schlüssel zu jener Einen Existenz und dem Einen Bewusstsein gefunden haben, das universal ist und über die Trinität hinausgeht.
Dipak und sein geliebter Lehrer
Es gibt eine klassische Geschichte, die über die Lehrer-Schüler-Beziehung erzählt wird. Es war einmal in Zentralindien. Dort lebte ein Lehrer, von dem man wusste, dass er eine verwirklichte Seele war. Er hatte viele Schüler, die von ihm lernten. Nachdem er 30 Jahre gelehrt hatte, sagte der Lehrer seinen Schülern, dass er nicht mehr unterrichten könne, da er krank sei und die Krankheit sich so weit in seinem Körper ausbreiten würde, dass er nichts mehr tun könne. Er sagte den Schülern, dass sie mit Hilfe des Wissens, das er ihnen gegeben hatte, ihren Weg finden und ihm folgen sollten, um die Wahrheit zu erreichen. Er würde sie weiterhin segnen, egal wo er sich aufhielte, und solange sie auf ihn ausgerichtet blieben, würde er ihnen helfen. Dann teilte er den Schülern mit, dass er für den Rest seines Lebens in Benares (Vârânasî) wohnen und jeden Tag zweimal, morgens und abends, im heiligen Fluss Ganges (Gangâ) baden würde. Die Schüler fragten ihn, welche Krankheit ihn befallen würde und ob sie ihm irgendwie helfen könnten. Der Lehrer antwortete, dass er an fortgeschrittener Lepra erkranken würde, dass sein Körper stinken und aufgrund unreiner Körpersekrete fürchterlich riechen würde und dass er lieber allein leben würde. Er wies die Schüler an, ihren Weg zu finden und segnete alle.
Am Morgen des nächsten Tages machte sich der Lehrer auf seine Reise nach Benares und stellte fest, dass einer seiner Schüler namens Dipak ihm folgen wollte. Der Lehrer versuchte ihn davon abzuhalten und sagte, dass er ihn nicht mehr unterrichten und ihm in keiner Weise mehr helfen könne. Er machte ihm auch klar, dass er sich weder um sein Essen noch um seine Erholung kümmern könne. Er selbst sei sich nicht einmal sicher, eine Unterkunft für sich selbst zu finden. Deshalb könne er Dipak in keiner Weise helfen, und er bestand darauf, dass der Schüler nicht mit ihm kam. Aber Dipak sagte: „Meister, du hast uns dein Leben gegeben, du hast uns deine Energie gegeben. Du hast uns nicht nur viel Wissen gegeben, sondern außer der Weisheit hast du uns auch jeden Tag Essen gegeben. Du hast dich um uns wie um deine eigenen Kinder gekümmert. Wenn wir krank waren, hast du uns geholfen, wenn wir infolge unserer Unwissenheit krank wurden, hast du uns geholfen, und du hast uns viele Schlüssel zur Weisheit gegeben. Für mich bist du die Wahrheit. Du bist die Verkörperung der Wahrheit. Ich brauche keine andere Wahrheit zu erkennen als dich. Du bist meine Wahrheit, du bist mein Gott. Ich möchte bei dir sein und dir dienen und dir alles so angenehm wie möglich machen. Ich will eine Wohnung für dich suchen. Ich will dich jeden Tag zum Ganges bringen, damit du im Fluss baden kannst. Danach werde ich dich zurückbringen. Ich werde dich anziehen und es dir angenehm machen. Ich werde kochen und dir Essen servieren. Bitte erlaube mir, dir zu folgen.“
Der Meister sagte: „Du bittest um Schwierigkeiten. Es ist schwer, einem Lehrer zu dienen. Noch viel schwerer ist es, einem Lehrer zu dienen, der krank ist. Ich weiß, dass meine Krankheit ganz schrecklich sein wird. Niemand kann an meiner Seite bleiben, wenn die Krankheit voll zum Ausbruch kommt. Die Absonderungen aus meinem Körper und aus den Lepra-Wunden sind nicht nur ekelerregend, sondern sogar furchterregend. Du bist der zarteste und feinfühligste unter meinen Schülern. Du bist für mich wie mein jüngster Sohn. Ich kann nicht zulassen, dass du durch deinen Dienst für mich leidest. Mein Leiden ist mein Leiden. Du kannst nicht gemeinsam mit mir leiden und noch viel weniger kannst du mir wirklich dienen. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten werde, wenn meine Krankheit voll zum Ausbruch kommt.“
Dipak gab zu: „Meister, ich kann nicht wagen zu behaupten, dass ich dir dienen kann. Du bist der Dienende, wir sind die Bedienten. Doch segne mich, dass ich dir ein wenig Beistand leisten kann. Ich weiß, dass ein Schulkind einem Berg nicht beistehen kann, aber mein Herz sehnt sich nach dir. Ich kann dich nicht allein gehen lassen. Ich kann dich nicht dir selbst überlassen, vor allem dann nicht, wenn du sagst, wie schwer die Krankheit und das Leiden sein werden.“
Der Meister antwortete: „Keiner meiner Söhne kommt mit mir. Ich hielt sie davon ab. Ich habe auch verhindert, dass meine Frau mich begleitet. Warum willst du dich jetzt durchsetzen?“ Da antwortete der Schüler: „Meister, es ist allein meinetwegen, nicht deinetwegen. Meinetwegen und zu meiner Freude möchte ich um dich sein. Das soll nicht heißen, dass ich tatsächlich in der Lage bin, dir zu helfen. Meister, lass mich bitte mitkommen.“ Da nickte der Lehrer, und der Schüler folgte ihm.
Sie erreichten Benares. Der Schüler fand eine bescheidene Wohnung am Ufer des Ganges und besorgte entsprechend den Anweisungen des Lehrers eine einfache Ausstattung. Er begann dem Lehrer in jeder nur möglichen Weise zu dienen. Langsam entwickelte sich die Krankheit und erreichte dann ihren Höhepunkt. Der Lehrer konnte nicht schlafen, nicht bequem sitzen und litt tagsüber und nachts unter großen Schmerzen. Trotzdem badete er mit Hilfe seines Schülers jeden Tag zweimal im Ganges und war meistens unruhig. Dipak kochte, servierte Essen und tat sein Bestes, aber der Meister war äußerst gereizt und unzufrieden mit allem, was sein Schüler tat. Er beschwerte sich über das Essen und die Art, wie Dipak mit ihm umging. In Bezug auf alles, was der Schüler tat, brachte der Meister nur seinen Ärger zum Ausdruck. Doch Dipak blieb standhaft. Er wusste, dass dies ein Ausdruck der Krankheit war und dass sein Lehrer im Innersten seines Wesens ruhte.
Eines Tages machte der Lehrer Dipak den Vorschlag, den Tempel des Herrn Višvešvara (Šiva) zu besuchen. Dies ist der Haupttempel in Benares. Der Schüler weigerte sich, dorthin zu gehen und sagte: „Du bist mein Višvešvara. Ich sehe Ihn jeden Tag in dir. Ich brauche nicht zum Tempel zu gehen.“ Der Lehrer antwortete: „Du bist ein Dummkopf. Ich wollte dir ein großes Erlebnis des Herrn Višvešvara schenken und du lehnst es ab. Ich brauche keinen Dummkopf, der mich bedient.“ Der Schüler schwieg, aber er blieb ausschließlich beim Lehrer. In der darauf folgenden Nacht, als Dipak seinem Meister diente, sah er den Herrn Višvešvara in der Ecke des Zimmers, und Višvešvara sprach zu ihm: „Lieber Dipak, mir gefällt dein Dienst für den Meister. Ich möchte dich segnen. Ich möchte dir die Vision der Wahrheit geben, wenn du freundlicherweise für ein paar Minuten mit mir kommen würdest. Dein Meister möchte, dass ich dies für dich tue. Du bist nicht zu mir gekommen, deshalb komme ich zu dir, um dich zu segnen.“
Dipak sagte: „Namaskârams, oh Herr. Ich kann nicht mit dir gehen. Mein Lehrer ist meine Wahrheit. Ich brauche keine andere Wahrheit.“ Der Herr Višvešvara verschwand. Am Morgen des nächsten Tages stand der Lehrer auf. Er nahm einen Stock, schlug den Schüler und rief: „Du Narr! Du hast den Herrn Višvešvara zurückgewiesen! Bist du verrückt geworden? Warum hast du das getan? Ich werde nicht sterben, wenn du für zwei Minuten weggehst!“ Der Schüler sagte: „Der Herr Višvešvara wollte mir die Wahrheit zeigen, aber ich habe die Wahrheit gesehen. Ich bin bei ihr, und die Wahrheit ist überall. Ich brauche nicht irgendwo hinzugehen, um die Wahrheit zu sehen. An einen bestimmten Ort zu gehen, um die Wahrheit zu sehen, ist Illusion. Ich weiß, Meister, dass du mich zu täuschen versuchst. Ich bin bei der Wahrheit, bei der Wahrheit, die nicht stirbt.“ Der Lehrer schwieg und der Schüler diente ihm weiterhin und überwand alle Schwierigkeiten. Jede Kritik und jede Kränkung des Lehrers konnte er ertragen. Er verstand, dass es die Krankheit des Lehrers war und nicht der Lehrer selbst.
Die Krankheit dauerte 7½ Jahre und ebbte dann nach weiteren 2½ Jahren ab. Der Meister wurde wieder wie früher. Er lächelte Dipak an, und Dipak fragte: „Meister, warum hast du so eine schwierige Rolle gespielt? Warum hast du diese Methode gewählt, um mich auszubilden?“ „So ist es nicht, Dipak“, antwortete der Meister. „Da war noch eine ausstehende Krankheit, die ich über mehrere Leben immer wieder verschoben habe. In diesem Leben habe ich beschlossen, sie auszuräumen. Ich habe die Krankheit nicht vorgetäuscht. Es ist wahr, dass ich irgendwann alles annehmen und zu Ende bringen musste, was ich in den vergangenen Leben durch Heilung der Kranken auf mich genommen hatte. Ich konnte die Krankheit aufschieben, aber sie war immer wie eine wartende, dunkle Wolke da. Ich beschloss, sie auszuräumen, und du hast mir beigestanden. Du bist gesegnet. Wenn du erlaubst, werde ich heute Nacht während der Vollmondstunden meinen Körper verlassen.“
Der Schüler antwortete: „Meister, brauchst du meine Erlaubnis, um zu gehen? Es gibt kein Weggehen. Die Wahrheit existiert, und sie existiert für alle Zeit. Sie ist allgegenwärtig. Ich kann dich in mir und in der Umgebung fühlen, auch wenn du dich nicht mehr in der Form aufhältst.“ Der Lehrer umarmte seinen Schüler und sagte: „Ja, es ist wahr. Empfange den Segen, Taten des Göttlichen zu tun, solange du den Körper hast. Mit oder ohne Körper – du wirst in der Wahrheit bleiben.“ In jener Nacht während der Vollmondstunden ging der Meister in den Ganges und verschwand. Für Dipak blieb die Gegenwart des Meisters in seinem Inneren und überall in seiner Umgebung. Er erkannte Brahman, die Wahrheit, und setzte die Arbeit des Lehrens und Heilens fort, so wie sein Lehrer es getan hatte.
In jener Vollmondnacht erschien ihm der Lehrer zusammen mit der Trinität in einem Körper aus Licht. Die Trinität pries Dipak wegen seines unerschütterlichen Willens, bei der Wahrheit, beim Lehrer zu sein. Dipak wurde ein großes Licht und diente der Menschheit.
Deshalb sagt der Herr Sanat Kumâra: „Verlasse den Lehrer nicht, bis du die Wahrheit erkannt hast und bis du erkannt hast, dass du die Wahrheit bist und dass du und der Lehrer ein und dasselbe sind.“
Dies ist die Thematik. Es gibt noch andere Philosophien, die der Herr gegeben hat, aber für uns stellen diese 24 Weisungen die Lehre dar. Wir wollen versuchen, uns inspirieren zu lassen, um diese Weisungen zu erarbeiten und sehen, wo wir beginnen können. Lasst uns, egal wo wir stehen, den nächsten Schritt machen. Wir sollten nicht zum Berggipfel blicken, denn dann bekommen wir das Gefühl: „Dorthin werde ich nie gelangen können.“ Durch Anschauen des Gipfels werden wir nicht hinaufkommen, sondern wir werden eher das Gefühl haben, ins Taumeln zu geraten. Für uns ist der nächste Schritt wichtig. Auf diese Weise können wir nach oben klettern. Es ist möglich, wenn wir uns um den nächsten Schritt kümmern und nicht nach oben schauen.
Der Lehrplan ist gegeben. Wir müssen beim ersten Punkt anfangen und Schritt für Schritt vorwärts gehen.
Danke.
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