Gebot 13:
Übe Harmlosigkeit in Gedanken, Worten und Taten
Harmlosigkeit ist eine uralte Anweisung. Jeder kennt sie, und jeder spricht über sie, aber niemand setzt sie in die Tat um. Für manche bedeutet Harmlosigkeit, anderen Personen keinen körperlichen Schaden zuzufügen. Doch Harmlosigkeit ist viel mehr als dies und geht noch weit darüber hinaus. Harmlosigkeit ist eine Methode, die in allen drei Welten Gültigkeit besitzt: in der Welt der Gedanken, der Worte und in der groben Welt der Objektivität. Es geht nicht nur um das Verletzen oder Schädigen von Menschen, sondern auch um das Verhalten gegenüber Tieren, Pflanzen, der Erde und den fünf Elementen. Die Menschheit möchte Frieden. Sie sehnt sich nach Frieden. Aber solange die Menschen alles, was sie umgibt, verletzen und schädigen, kann der Frieden niemals zur Menschheit kommen. Wir Menschen verschmutzen die Erde, das Wasser und die Luft. Wir töten Tiere, die auf der Erde, im Wasser und am Himmel leben. Ständig verletzen wir unsere Mitmenschen und fügen ihnen Leid zu. Anderen etwas zu Leide zu tun war von jeher die menschliche Aktivität der Unwissenheit auf dem Planeten – und wir wollen Frieden!
Die erste Anweisung, die zum Frieden führt, ist Harmlosigkeit. Darüber können wir in den Veden lesen: „Es gibt keine Tugend, die höher steht als die Harmlosigkeit.“ Die Tugend der Harmlosigkeit übertrifft alle anderen Tugenden. Ahimsa paramo Dharma. Lord Krishna spricht von ihr als der erstrangigen Tugend. Im achtfachen Yoga-Pfad werden die Regeln für den Yoga genannt, und Ahimsa steht an erster Stelle. Buddha wandte diese Regel an und wurde für die Menschheit zum Hoffnungsträger und leuchtenden Vorbild. Christus lebte nach dieser Regel. Alle Menschen, die vom Göttlichen durchdrungen sind, bekundeten Harmlosigkeit, aber die Menschheit lernt nicht. Ahimsa ist das Sanskrit-Wort für Harmlosigkeit. Himsa bedeutet ‚Leid zufügen, verletzen‘.
Anderen Wesen körperliches Leid zuzufügen ist die grobe Form von Himsa. Durch Worte verletzt zu werden ist schmerzlicher als eine körperliche Verletzung. Wurde jemand äußerlich verletzt, dann heilt der Körper nach kurzer Zeit. Aber wenn wir durch Worte verletzt werden, schmerzt dies viel länger. Vielleicht können wir vergeben, aber wir werden es nicht vergessen. Wir sollten dem Satz, der von Priestern zu hören ist, keinen Glauben schenken: „Vergesst und vergebt.“ Die zutreffendere Aussage lautet: „Ihr sollt nicht vergessen, aber ihr könnt vergeben.“ Jesus Christus vergab jenen, die ihn kreuzigten, aber er vergisst nicht, was ihm zugefügt wurde. Er hat so sehr vergeben, dass er jenen Menschen wieder dient. Vergessen hilft nicht. Vergeben hilft. Vergeben ist göttlich, Vergessen ist Unwissenheit. Die Wissenden vergessen nicht, aber sie vergeben restlos. Sie vergeben so vollkommen, dass sie bereit sind, jenen zu dienen, von denen sie verletzt wurden.
Wie schon gesagt, wer nach dem Licht strebt, muss sich notwendigerweise auf den Weg von Ahimsa (Harmlosigkeit) begeben. Harmlosigkeit führt zur Liebe. Man wird so sehr von Liebe erfüllt, dass man zweimal überlegt, ehe man eine Blume oder eine Frucht vom Baum pflückt. Wenn jemand im wahren Sinn des Wortes harmlos ist, möchten die Pflanzen, Tiere, Menschen und sogar die Devâs bei ihm und um ihn sein. Das ist wahr. Dies ist das Geheimnis der Heiligen, der Yogîs, um die sich alle gern versammeln.
Harmlosigkeit ermöglicht dem Menschen, magnetisch zu sein. Er manipuliert nicht, ist liebevoll und hilft anderen. Solchen Personen bieten sich die Leute an, um zusammen mit ihnen Dienst zu leisten und auch ihnen zu dienen. Ein zivilisierter Mensch erlaubt sich vielleicht keine Prügeleien, aber er führt viele emotionale, mentale und auch intellektuelle Kämpfe. Aus diesem Grund findet er überall emotionale, mentale und intellektuelle Unstimmigkeiten. Sie erzeugen einen Krieg, der nicht auf der physischen Ebene geführt wird. Alle Kriege entstehen zuerst im Denken und dringen dann bis zur physischen Ebene durch. Heute gibt es Kriege in der Politik. Die Politik befindet sich immer im Kriegszustand. Kommunismus, Kapitalismus, Sozialismus bekämpfen sich gegenseitig. Genauso gibt es auch religiöse Kriege zwischen Juden, Christen, Muslimen und Hindus. Letzten Endes sind die Religionen nur Denkmodelle, die sich Menschen von Gott gemacht haben. Wo solch ein Denkmodell kristallisiert, dort ist Gott verschwunden, und die toten Konzepte bekämpfen sich gegenseitig. Die Religion lebt im Kriegszustand, die Politik lebt im Kriegszustand und sogar die Geschäftswelt befindet sich im Kriegszustand. Im Geschäftsleben herrschen schwerer Konkurrenzkampf, Habgier und Manipulation. In jedem Bereich gibt es Gruppenbildung und Rivalität. Keine Gruppe stimmt mit der anderen überein. Der Hintergrund von all dem ist mangelndes Verständnis, zu wenig Liebe und zu wenig Freundlichkeit. Dies alles konnte entstehen, weil Harmlosigkeit fehlt. Harmlosigkeit ist der Weg. Er führt zum Frieden und zum friedlichen Zusammenleben. Um einen harmlosen Menschen sammeln sich viele Wesen. In Indien kann man Personen finden, die von Gott erfüllt sind. Sie sind harmlos, und deshalb sammeln sich viele Leute um sie. Die Leute in ihrer Umgebung bekämpfen sich zwar untereinander, aber sie kämpfen nicht mit dem gotterfüllten Menschen, denn er ist ihr Trost. Er ist ihre Lösung und ihr Lebensquell.
Wer vollkommen harmlos ist, mit dem leben sogar Kobras zusammen. Bis vor kurzem gab es in den Nîlgiris in Südindien einen Meister, bei dem Kobras lebten. Er gehörte keinem Eingeborenenstamm an, sondern war ein hoch zivilisierter Meister, der viele Male durch die ganze Welt reiste. Wenn er zu seinen Abendspaziergängen aufbrach, schlossen sich ihm Kobras an und wenn er zurückging, kehrten sie ebenfalls zurück. Das Geheimnis ist Harmlosigkeit. Wann immer er sich in Indien aufhielt, lebte er in den Blauen Bergen (Nîlgiris). Lange Zeit lebte er auch in der Schweiz, in den USA und anderen Ländern. Auch mein Vater konnte Kobras in der Hand halten, während er den Namen Gottes sang. Dabei fühlten sich die Kobras genauso wohl als wenn sie unter sich wären. Wir brauchen keine Geschichten aus dem Altertum zu bemühen, um das Konzept der Harmlosigkeit darzulegen. Sie ist ein Prinzip, das auch heute durch Personen lebt. In der Gegenwart einer harmlosen Person fühlen sich alle Menschen wohl und sie finden in ihrem Inneren Frieden.
Wer die entgegengesetzte Energie zur Harmlosigkeit in sich trägt, wirkt wie ein Anti-Magnet. Die Leute laufen vor ihm weg. Sie trennen sich von ihm, und selbst ein Straßenhund läuft vor ihm weg. Haben wir dies nicht schon beobachtet? Wenn Leute auf einer Straßenseite spazieren, läuft ein streunender Hund, ein Straßenhund, nebenher und begleitet eine Person, die den Hund gar nicht kennt. Aber der Hund geht mit ihr. Der Hund fühlt sich mit jener Person freundschaftlich verbunden und geht mit, weil er die Qualität der Harmlosigkeit in ihr riechen kann. Nun stellen wir uns vor, welche Energie wir in uns tragen, wenn sogar ein herumstreunender Hund wegläuft, sobald er uns sieht. In unserer Gesellschaft gibt es Leute, die von anderen lieber gemieden werden. Selbst Tiere weichen ihnen aus.
Es gab einmal einen Meister der Weisheit, der einen Trick anwendete, um zu sehen, wie harmlos sein Gegenüber war. Er gab der Person, die zu ihm kam, eine Rose und unterhielt sich dann mit dem Betreffenden, der die Rose in der Hand hielt. Wenn die Rose durch die Berührung jener Person zu welken begann, gab er dem Betreffenden keine Weisheit. Wenn die Rose mehrere Stunden lang unversehrt und frisch blieb, erlaubte er der Person, eine okkulte Ausbildung zu beginnen. Beobachtet die Pflanzen, Tiere und Menschen in eurer Umgebung. Wenn sie an eurer Seite erblühen, seid ihr auf einem guten Weg zur Harmlosigkeit. Falls sie in eurer Gegenwart eingehen, könnt ihr sehen, dass in Bezug auf Harmlosigkeit noch eine Menge zu wünschen übrig ist. Wem Harmlosigkeit fehlt, zu dem können die Devâs nicht kommen. Allein aufgrund ihres Mitgefühls können die Meister zu diesen Personen kommen, denn die Meister sind voller Barmherzigkeit. Sie kommen, um richtiges Üben der Harmlosigkeit zu ermöglichen. Manchmal sagen wir von jemandem, dass er eine glückliche Hand hat. Durch die Berührung jener Hand wächst und entfaltet sich alles. Aber wir finden auch Hände, deren Berührung Verderb, Verfall und Tod bringt. Die glücklichen Hände haben eine gute Heilungsenergie, die verderblichen Hände dürfen nicht mit Heilungsarbeit beginnen, bis sie Harmlosigkeit üben. Harmlosigkeit hat die Fähigkeit zu heilen, zu erneuern und wiederherzustellen. In unserer Zeit ist das gesamte Gesundheitswesen so kommerziell ausgerichtet, dass es kaum noch Heilung gibt, und Medikamente bewirken ebensoviel Krankheit wie Gesundheit. Versucht in jeden Aspekt eures Lebens Harmlosigkeit einzuführen. Dies ist nützlich für euer Wachstum und auch für das Wachstum von allem, was euch umgibt.
… wird fortgesetzt
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