Reaktive Sichtweise
Wenn Menschen heutzutage Störungen ihrer Gesundheit betrachten, dann gehen sie meistens nach einem Symptomenverständnis vor. Es zeigt sich ein Problem und genau dieses wird nun Gegenstand einer möglichen Intervention.
Es ist, wie wenn nur die Oberfläche einer Störung betrachtet würde. Allerdings korrespondiert diese Betrachtungsweise direkt mit der heute üblichen „Mechanikermentalität“.
Wenn Dr. Schüßler mit seinen Überlegungen, was Störungen im gesundheitlichen Geschehen des Menschen betrifft, andere Wege ging, dann wurden sie schnell wieder in die „richtigen“ Bahnen gelenkt. Es setzte sich mit der Zeit das sogenannte Symptomendenken durch, das auch in der Homöopathie im Vordergrund steht.
Dazu Joachim Broy1
„Schüßler und die frühen Biochemiker bezogen einen erheblichen Teil ihres Wissens um die physiologische Chemie aus ihren Erfahrungen am Krankenbett, eine zu damaliger Zeit durchaus akzeptable und keineswegs unwissenschaftliche Methode. Nach und nach aber wurde das biochemische Mittel immer mehr nach einzelnen Krankheitssymptomen verordnet, wobei zu seiner Findung die deckungsgleiche Symptomatik im Vordergrund stand, ein Verfahren, wie es der Homöopathie eigentümlich ist.
Diese Art der Mittelfindung allein wird jedoch der Biochemie nicht gerecht. Darum ist es nicht verwunderlich, dass mit fortschreitender „Homöopathisierung“ die Erfolgsquoten zurückgingen und schließlich denen anderer biologischer Heilmethoden weit nachstanden. Kennzeichnend dafür ist auch die Tatsache, dass anstatt des Schüßlerschen Terminus „Charakteristik“ für den Wirkungsmodus des einzelnen Mittels sich die homöopathische Bezeichnung „Mittelbild“ einbürgerte.
Dem Biochemiker darf die Symptomatik nur dazu dienen, den pathologischen Biochemismus des individuellen Elektrolyt-Haushalts zu ermitteln, um so das geeignete biochemische Mittel aufzufinden. Dabei kann sich unter Umständen ein ganz anderes Mittel als notwendig erweisen als das für das gegebene Symptom zunächst naheliegende.
Der Symptomenkomplex, der auch das Heilmittel kennzeichnet, erarbeitet in sorgfältigen, speziellen Arzneimittelprüfungen, ist das besondere Kennzeichen der Homöopathie.
Da es sich bei biochemischen Mitteln um stets gegenwärtige, körpereigene Substanzen handelt, meldete Schüßler Zweifel an, dass diese typischen Symptome im gesunden Organismus hervorzurufen in der Lage sind, wie es für die Erstellung eines homöopathischen Mittelbildes unabdingbar wäre.“
Auch die traditionelle Medizin arbeitet reaktiv in Bezug auf die Symptome, ganz im Sinne des im letzten Artikel vorgestellten Satzes: „Was nehme ich gegen?“
Manchmal ist es sogar so, dass oft nur die Meldung einer Störung ausgeknipst wird und die dahinter liegende Belastung gar nicht gesehen wird. Im Vergleich dazu würde das bedeuten, wenn im Auto über ein Lämpchen eine Störung gemeldet wird, dieses einfach herausgedreht wird und damit der Erfolg der Reparatur angezeigt ist, weil die Lampe nicht mehr aufleuchtet.
Komplexe Sichtweise
Wenn es nun um eine Störung im Gesundheitlichen des Menschen geht, dann müssen wir in der Biochemie nach Dr. Schüßler sozusagen hinter die Störung schauen. Da trifft das folgende Sprichwort den Nagel auf den Kopf: „Alles, was sich außen am Körper zeigt, ist wie die Spitze vom Eisberg.“
Wir brauchen eine komplexe Betrachtungsweise gegenüber den gesundheitlichen Störungen im Organismus!
Schon Dr. Reckeweg hat in seiner Homotoxinlehre gezeigt, dass Krankheiten in Auseinandersetzung mit Toxinen entstehen, die – wenn alle Entgiftungsmöglichkeiten erschöpft sind – zuerst in der ex-trazellulären Matrix und später bis hinein in die Zellen abgelagert werden. Darüber entstehen anfangs akute, später zunehmend chronische Erkrankungen, am Ende Autoimmunerkrankungen und Krebs.
Im Zylindermodell nach Noak wird gezeigt, wie eine Störung nach den anderen den „Belastungstopf im Organismus anfüllt, bis schließlich die letzte Störung „das Fass zum Überlaufen“ bringt. Allerdings wird dann diese Störung im Sinne des kausalen Denkens als die zu behandelnde angesehen.
Was ist da im menschlichen Körper schon alles abgelaufen?
In der Biochemie nach Dr. Schüßler gehen wir davon aus, dass der Organismus ein ausgeklügeltes Speicherwesen ist und sich auch immer danach richtet, wie sehr diese Speicher aufgefüllt sind.
Die vermuteten Speicher der einzelnen für Dr. Schüßler bedeutsamen Mineralstoffe
Nr. 1 Calcium fluoratum: Zahnschmelz, Knochenhülle, Oberhaut (Epidermis), alle elastischen Gewebe, in denen Hornstoff (Keratin) eingelagert ist.
Nr. 2 Calcium phosphoricum: Knochen, Zähne
Nr. 3 Ferrum phosphoricum: Nasenwurzel innen – bei einem chronischen Mangel entsteht ein schmaler Steg.
Nr. 4 Kalium chloratum: Bronchien, Schleimhäute
Nr. 5 Kalium phosphoricum: Schläfen
Nr. 6 Kalium sulfuricum: Bauchspeicheldrüse
Nr. 7 Magnesium phosphoricum: Knochen, auch Herz.
Nr. 8 Natrium chloratum: Schleimhäute
Nr. 9 Natrium phosphoricum: Lymphe.
Nr. 10 Natrium sulfuricum: Leber
Nr. 11 Silicea: Bindegewebe
Nr. 12 Calcium sulfuricum: Leber
Die Bedeutung der Mineralstoffspeicher im Körper: Der Körper – ein Vorsorgewesen
Wir unterscheiden verschiedene Arten von Speichern im Körper:
Arbeitsspeicher
Der Speicher der Funktionsmittel in der Zwischenzellflüssigkeit und im Blut stellt den sogenannten Arbeitsspeicher dar. Er ist der aktuelle, der unmittelbar zur Verfügung steht. Durch ihn werden die laufend anfallenden Anforderungen an den Körper aufgefangen. Das sind vor allem die freien Ionen in den Körperflüssigkeiten, wie Blut, Lymphe, Bindegewebsflüssigkeit (- durchströmt den gesamten Organismus), die sehr rasch zur Verfügung stehen und Steuerungsfunktionen im Körper übernehmen, besonders im aktuellen Stoffwechselgeschehen. Mit diesen Ionen werden die Zellen versorgt und sie liegen jedenfalls fein verteilt, also auf der Mikro Ebene vor.
Mittelfristige Speicher
Diese Mikro Mineralien sind auch im Organgewebe angereichert und haben am Gesamtstoffwechsel teil. Aus diesen werden die Mikro Mineralstoffe im Organismus „in Umlauf“ gebracht. Dazu gehören die Knochen für die Nr. 1 und für die Nr. 2, das Blut und die Leber für die Nr. 3, das Bindegewebe und die Drüsen für die Nr.4, die Nervensubstanz und Milz für die Nr. 5, die Bauchspeicheldrüse für die Nr. 6, Knochen und Herz für die Nr. 7, die Niere für die Nr. 8, die Lymphe für die Nr. 9, die Leber für die Nr. 10, das Bindegewebe für die Nr. 11 und für die Nr. 12.
Langzeitspeicher
Die Speicher für die Funktionsmittel in den Zellen bestehen in einer optimalen Auffüllung bzw. Aufladung der Zelle mit Mineralstoffen über den Betriebsbedarf hinaus und stellen einen Langzeitspeicher dar. Auf diesen Speicher greift der Organismus zu, wenn nach einer längeren Zeit der Belastung der erschöpfte Arbeitsspeicher wieder aufgefüllt werden muss. Dies ist nur dann notwendig, wenn die fehlenden Mineralstoffe nicht anderweitig zur Verfügung gestellt werden.
Langzeitspeicher sind Speicher für Moleküle, die weder für den Betrieb noch für den Aufbau von Gewebe bzw. Struktur im Einsatz sind. Ihr Vorhandensein und ihre Bereitstellung ist deshalb kein Luxus, weil der Organismus in weiser Voraussicht ein Puffersystem aufbaut, um stärkere außergewöhnliche Belastungen abfedern zu können.
Langzeitspeicher sind ebenso nicht betriebsnotwendiges Gewebe. Dazu gehören z. B. jene Speicher, die wir in der Antlitzanalyse betrachten. Langzeitspeichermängel zeigen uns den Bedarf an Mikro und Makro Mineralien an, wenn nämlich der Mangel zu stark und oder chronisch ist, muss eine Makro Versorgung mit einbezogen werden. Nachdem der Arbeitsspeicher erschöpft wurde, geht der Körper daran, aus dem Langzeitspeicher seinen Arbeitsspeicherbedarf aufzufüllen, um den Stoffwechsel möglichst optimal zu gestalten.
Werden die Langzeitspeicher gesenkt (der Körper leert den gesamten Langzeitspeicher nicht, solange er das Stoffwechselgeschehen halbwegs bewältigen kann), dann muss der Organismus auch Gewebe zerlegen, um an die fein verteilten Mineralstoffe heranzukommen.
Wir erkennen die Mängel, die sich im Organismus auswirken auch in der Antlitzanalyse: bei der Nr. 1 verliert der Hornstoff seinen Halt, bei der Nr. 2 werden vermehrt Knochenzellen abgebaut, die Nr. 3 fördert die mangelnde Durchblutung der Knochen, die Nr. 4 bewirkt, dass der Faserstoff frei wird und z. B. der Schleim in den Bronchien seinen Halt verliert oder die Blutviskosität zunimmt. Die Nr. 5 wird aus zerfallendem Gewebe freigesetzt, was zu einem fauligen, brandigen Geruch führt. Die Nr. 6 holt der Körper aus der Haut, die Verknüpfung von Mineralstoff zu Melanin wird gelöst, das Melanin verliert seinen Halt und es entsteht der ockerfarbene Schleim. Die Nr. 7 wird aus den Knochen abgebaut, die Nr. 8 aus dem Schleim der Nasenschleimhaut, der dann seinen Halt verliert und als Rotz aus der Nase rinnt, oder es wird aus den Knorpeln geholt. Die Nr. 9 holt der Organismus aus der Lymphe, wodurch der Mensch zusehends versäuert. Die Nr.10 wird von der Leber bereitgestellt, wobei diese in ihrer Entgiftungsleistung geschwächt wird. Um die Nr. 11 zu gewinnen, baut der Körper Bindegewebe ab, es kommt zur Faltenbildung. Wird die Nr. 12 aus dem Gewebe geholt, leidet die Durchlässigkeit aller Gewebe und die Kommunikation zwischen den Zellen, immer wenn „es stockt“.
… wird fortgesetzt
1 Broy, Joachim: Die Biochemie nach Dr. Schüßler, Seite 49f
Kommentare sind geschlossen.