3.1 Das, was mir im Leben dazwischenkommt, ist manchmal das Leben!
Gesundheit ist wesentlich mehr als nur die Abwesenheit von körperlichen Störungen. Sie umfasst auf der körperlichen Ebene vor allem auch das weitestgehende Freisein von Belastungsstoffen, Stoffwechselrückständen und Giften. Eine allgemeine Alterung ist nicht als eine Krankheit zu bezeichnen. Sie ist die Erscheinung des Lebens, im tiefsten Sinne als Veränderung der Erscheinungsweise.
Heilung von einer Krankheit bedeutet, dass der Erkrankte wieder in den Fluss des Lebens zurückkehrt. Er ist auch dann geheilt, wenn er im Verlauf der Krankheit irreparable und irreversible, unumkehrbare Schäden davongetragen hat. Er kann dann vielleicht nicht mehr gesund im körperlichen Sinne werden, aber geheilt im Sinne einer lebensbejahenden Einstellung.
Eine Heilung ist nur durch den Menschen selbst möglich. „Natura sanat, sed medicus curat morbos!“ (Die Natur heilt die Krankheit, der Arzt pflegt und sorgt!) Der „innere Arzt“, der in jedem Menschen anwesend ist, besorgt die Korrektur des aus den Fugen geratenen Körpers. Allerdings braucht der Organismus dabei Hilfen, die ihm in Form von verschiedenen Möglichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Entscheidend ist die Tatsache allein, ob der Einzelne bereit ist, die entsprechenden Schritte zu gehen.
Allerdings muss in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass zwischen reparieren und heilen unterschieden werden muss! Welche Ebenen berücksichtigt werden bzw. welchen Anspruch der Kranke an dieses Geschehen richtet, hängt hauptsächlich von seiner Einstellung ab! Es ist sehr viel auf diesem Gebiete möglich: von der schon erwähnten Reparatur über das Anbieten von Krücken, von Stützen bis hin zur Befreiung. Meistens bleiben die Menschen bei der Anwendung von Krücken hängen und kommen so nie zu einem leichten, freien, aufrechten Gang in ihrem Leben (im übertragenen Sinne) im weiten Land.
Auch die Mineralstoffe nach Dr. Schüßler sind in gewisser Weise Krücken bzw. Stützen. Sie ermöglichen wie immer das Auffüllen der Speicher, wodurch sich der Organismus wieder zufriedenstellend organisieren kann. Sie bewirken indirekt Veränderungen auf der Ebene des Körpers, des Gemütes, des Gefühles, der Energie und der Farben. Grundsätzlich sind diese Mineralstoffe, wie viele andere Interventionsmöglichkeiten, das Angebot zum Gesundwerden. Das Leben ergreifen muss der Kranke selbst; mit der damit erlangten Lebendigkeit besteht die Chance, die Blockaden zu bearbeiten. Damit ist er gerüstet, sich wieder dem Fluss des Lebens anzuvertrauen.
Eigentlich ist der Erkrankte der Hauptdarsteller in dem ganzen Geschehen, ohne den auf Dauer gar nichts geht. Oft genug erreichen verschiedene Interventionen vorübergehende Erfolge, aber nach einer mehr oder weniger langen Zeit stellt sich das Übel wieder ein. Der Erkrankte hatte sich innerlich nicht von der Stelle bewegt, oder es wurden die ihn umgebenden Bedingungen nicht ausreichend verändert. Auch diese Veränderungen bedürfen zumindest der Zustimmung des Erkrankten.
3.2 Die Wirksamkeit der Mineralstoffe nach Dr. Schüßler
Dr. Schüßler schreibt in seiner „Abgekürzten Therapie“2:
„Das Mittel muss so verdünnt sein, dass seine frei gewordenen Moleküle durch das Epithel 3 der Mundhöhle, des Schlundes und der Speiseröhre und durch die Wandungen der Kapillaren in das Blut treten können.“
Dieser Hinweis in der Schrift Schüßlers ist auch der Hintergrund für die Anweisung, die Mineralstoffe möglichst lange im Mund zu behalten. Dann können die Wirkstoffe ungehindert in den Körper eindringen, ihn durchdringen bzw. diffundieren, wie der spezifische Ausdruck dafür heißt.
Auch der schon öfter zitierte Dr. Schneider gibt einen diesbezüglichen Hinweis, der auf den Einfluss der Magensäure hinweist, sollten die Mineralstoffe geschluckt werden:
„Auch die Resorption4 veranlasst zu homöopathischen Dosen. In größeren Dosen verabreicht, gelangt die Arznei in den Magen. Dort wird sie aber unter dem Einfluss der Magensäure verändert; aus phosphorsaurem Eisen entsteht dann salzsaures Eisen. Auch die übrigen biochemischen Mittel, die ja alle Salze sind, müssen sich unter dem Einflusse der Salzsäure des Magens zu salzsauren Salzen umsetzen. Geben wir aber eine homöopathische Verreibung, so findet die Aufsaugung bereits in der Mundhöhle und im Schlunde statt. Das Mittel gelangt unverändert in die Blutbahn, das Blut trägt es durch den ganzen Körper, lagert es aber nicht willkürlich irgendwo ab, sondern die überempfindlichen kranken Zellen nehmen die Anwesenheit des Mittels wahr und ziehen es aktiv an sich.“ 5
Die Wirksamkeit der Mineralstoffe nach Dr. Schüßler hat seit ihrer ersten Veröffentlichung die Geister bewegt. Es kam des öfteren zu Auseinandersetzungen, vor allem auch schon durch Dr. Schüßler und seine Widersacher. Das ist der Grund, warum auch wir uns mit dieser Thematik beschäftigt haben.
Weiter oben wurde schon darauf hingewiesen, dass auch die verschiedenen Potenzierungen ein und desselben Mittels verschiedene Wirkungen haben können (D3, D6, D12). Deshalb ist es für einen Homöopathen gar nicht egal, welche Potenzen er bei den verschiedenen Stoffen verwendet. Das betrifft auch die Mineralstoffe nach Dr. Schüßler.
Nach verschiedenen Forschungen verschließt sich die Zelle, wenn ihre Umgebung zu hohe Mineralstoffkonzentrationen aufbaut. Wie allerdings dann die feiner zubereiteten Mineralstoffe nach Dr. Schüßler an diesen Konzentrationen vorbei in die sich verschließenden Zellen gelangen können, gibt Anlass zu Spekulationen.
Ein sehr nahe liegender Schluss besteht darin, dass den verschiedenen Konzentrationen jeweils eigene „Schlüssel“ dienen, um in die Zelle Eingang zu finden. Ein einfacher Vergleich möge den Zusammenhang näher erläutern. Das Wasser kennen wir in den drei Aggregatzuständen fest als Eis, flüssig und gasförmig als Dampf. Setzt man die verschiedenen Aggregatzustände mit den verschiedenen Konzentrationen der Stoffe gleich, dann wird ersichtlich, dass nicht jede Form des jeweiligen Stoffes andere durchdringen kann. Wohin das Eis nie gelangen könnte, dahin fließt das Wasser ganz leicht. Wohin aber das Wasser wegen seiner doch relativ großen Dichte nicht mehr gelangt, dorthin kann es in der Form des Dampfes immer noch gelangen.
Verschiedene Potenzierungen haben verschiedene Wirkungen, sie sind wie verschiedene Schlüssel in die Zelle:
Niedere Potenzen = körperliche Wirkung
Mittlere Potenzen = energetische Wirkung
Hochpotenz = informatorische Wirkung
3.2.1 Ist eine vollwertige, verantwortungsbewusste Ernährung ausreichend?
Immer wieder wird von Menschen, die sich vollwertig ernähren, die Frage gestellt, ob eine qualitätvolle Ernährung ausreicht, um keine Mängel zu haben!
Im Kapitel über die Entstehung von Mängeln haben wir im Abschnitt über die Ernährung auf folgenden Sachverhalt hingewiesen: Dr. Schüßler musste sich zu seiner Zeit mit industriell veränderten Nahrungsmitteln noch nicht auseinandersetzen. Er konnte davon ausgehen, dass die Menschen mit einer vernünftigen Ernährung auch die notwendigen Mineralstoffe zu sich nehmen werden. Das ist bis heute noch genauso!
Wenn Menschen heutzutage durch eine unvernünftige Ernährung unter Betriebsstörungen zu leiden haben, dann sind das nicht jene Leiden, die durch die Mineralstoffe nach Dr. Schüßler zu behandeln sind. Diese Probleme sind durch eine ausgewogene, vernünftige, vollwertige 6 Ernährung wieder zu beheben, weshalb bei vollwertiger Ernährung solche Störungen kaum auftreten. Im Gegenteil, solche Menschen sind sehr gesund und haben durchwegs eine gute Grundkonstitution.
Wenn es sich um Betriebsstörungen bzw. Krankheiten handelt, welche aus einem anderen Grunde entstehen, nämlich einem feinstofflichen Mangel in der Zelle, dann ist dieser nur bedingt durch eine gute Ernährung zu beheben. Die entsprechenden Mängel entstehen meistens nicht auf der körperlichen Ebene, wie aus dem im Einleitungskapitel erklärten Menschenbild verständlich wird. Mit ihnen hat sich Dr. Schüßler zu seiner Zeit auseinandergesetzt und müssen wir uns heute noch immer auseinandersetzen.
Er stellte sich in seiner Schrift: „Allopathie, Biochemie und Homöopathie“ diesem Thema folgendermaßen7:
„Ausführliches über die Wirkungen der in Obigem erwähnten Mineralien findet man in meiner biochemischen Therapie, welche unter dem Titel „Eine abgekürzte Therapie“ vor Kurzem in 22. Auflage erschienen ist.
Die eben genannten Mineralien müssen, wenn sie als Heilmittel in Anwendung gebracht werden sollen, in Molekularform verabreicht werden. Die freien Moleküle treten durch das Epithel der Mund- und Schlundhöhle und durch die Wandungen der dort befindlichen Capillaren in’s Blut und diffundiren 8 alsdann überall hin im Organismus. Ein Teil der diffundierten Moleküle gelangt in den Krankheitsherd und bewirkt daselbst die Deckung eines Defizits, welches die Ursache der betr. Krankheit ist.
Diejenigen Heilungen, welche mittels Moleküle der oben erwähnten Mineralien sich vollziehen, sind biochemische.
Die Biochemie bezweckt die directe Correction der von der Norm abgewichenen physiologischen Chemie.
Einige Ärzte haben gegen das biochemische Heilverfahren einen Einwurf erhoben, durch welchen sie ein glänzendes Zeugnis von ihrer Denkfaulheit abgelegt haben.
Sie sagen: „Da alle Mineralstoffe, deren die Biochemie sich bedient, in den Nahrungsstoffen enthalten sind, welche der Mensch in seinen Magen und Darm einführt, so sind die biochemischen Mittel ja überflüssig, es müssen ja die in den Nahrungsmitteln enthaltenen Mineralien die Krankheiten heilen können, umso mehr, als die Kranken große Quantitäten davon bekommen.“
Wer so denkt, lässt die folgenden Verhältnisse außer Acht:
- Die in den Nahrungsmitteln naturgemäß enthaltenen Mineralien sind mit den Eiweißkörpern derselben organisch verbunden.9
- Die Eiweißkörper und die damit organisch verbundenen Mineralien gelangen vom Darm aus auf dem Wege der Pfortader und der Leber ins rechte Herz usw.
- Vom arteriellen Blut aus in die Gewebe gelangt, dienen sie den gesunden jungen Zellen als Material zum Wachstum.
- Die freien Moleküle eines zu therapeutischem Zwecke verabreichten Mineralstoffes gelangen, wie oben angegeben, auf dem kürzesten Wege ins Blut, um in den pathogen veränderten Zellen die Deckung eines Defizites an dem betr. Mineralstoffe zu bewirken.“
In diesem Abschnitt gibt Dr. Schüßler eine kurze Zusammenfassung seiner gesamten Heilweise, wie sie für uns auch heute durchaus noch Gültigkeit hat.
Fußnoten
1 Vergleiche dazu: Schellenbaum, Peter: Nimm deine Couch und geh
München: Kösel 1992, Ungekürzte Ausgabe 1994, dtv TB 35081
2 Schüßler, Abgekürzte Heilweise, 31. Auflage, 1904, Seite 13
3 Epithel [griech.] (Epithelgewebe, Deckgewebe), ein- oder v. a. bei Wirbeltieren mehrschichtiges, flächenhaftes Gewebe, das alle Körperober- und -innenflächen der meisten tier. Vielzeller bedeckt. Nach ihrer Form unterscheidet man: 1. Platten-E. aus flachen, plattenförmigen Zellen; kleidet u. a. Blut- und Lymphgefäße aus; 2.Pflaster-E. aus würfelförmigen Zellen; kleidet die Nierenkanälchen aus; 3.Zylinder-E. aus langen, quaderförmigen Zellen; kleidet u. a. das Innere des Magen-Darm-Kanals aus. Nach der jeweiligen hauptsächl. Funktion unterscheidet man: Deck-E. (Schutz-E.) mit Schutzfunktion; Drüsen-E. mit starker Sekretausscheidung; Sinnes-E. (Neuro-E.), aus einzelnen Sinneszellen bestehend (z.B. Riech-E.); Flimmer-E., dessen Zellen Wimpern tragen, die entweder einen Flüssigkeitsstrom erzeugen (z.B. Flimmer-E. der Bronchien) oder, außen am Körper liegend, der Fortbewegung dienen. © Meyers Lexikon
4 Aufnahme
5 Schneider, Dr. Med. J.: Biochemischer Hausarzt, Seite 7
6 Vollwertig heißt auf keinen Fall nur Körner, sondern dass die Lebensmittel möglichst mit ihrem vollen Wert dem Körper zugeführt werden, das heißt möglichst unverfälscht und unzerstört. Dabei handelt es sich um Gemüse, Salate und Obst, die im biologischen Anbau gezogen wurden, genauso wie um naturbelassene Fette und kaltgepresste Öle und möglichst frisch gemahlenes Getreide.
7 Allopathie, Biochemie und Homöopathie. Besprochen von Dr. med. Schüßler.
Zweite, teilweise umgearbeitete Auflage. Oldenburg 1895. Schulzesche Hof-Buchhandlung und Hof-Buchdruckerei.
8 Wörtlich – alte Schreibweise!
9 Die Mineralstoffe sind in so genannten trägen Verbindungen gebunden.
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