§278 – Sechste Ausgabe
Hier entsteht nun die Frage, welches dieser, für so gewisse als sanfte Hülfe angemessenste Grad von Kleinheit sei, wie klein also, zum Behufe der besten Heilung die Gabe jeder einzelnen, für einen Krankheitsfall homöopathisch gewählten Arznei sein müsse? Diese Aufgabe zu lösen, für jede Arznei insbesondere zu bestimmen, welche Gabe derselben zu homöopathischem Heilzwecke genüge und dabei doch so klein sei, daß die sanfteste und schnellste Heilung dadurch erreicht werde, ist, wie man leicht einsehen kann, nicht das Werk theoretischer Muthmaßung; grübelnder Verstand, klügelnde Vernünftelei geben darüber eben so wenig Auskunft als es möglich ist, alle denkbaren Falle im Voraus in einer Tabelle zu verzeichnen. Einzig nur reine Versuche, sorgfältige Beobachtung der Erregbarkeit jedes Kranken und richtige Erfahrung können dieß in jedem besondern Falle bestimmen und es wäre thöricht, die großen Gaben unpassender (allöopathischer) Arznei der alten Praxis, welche die kranke Seite des Organismus nicht homöopathisch berühren, sondern nur die von der Krankheit unangegriffenen Theile angreifen, gegen dasjenige aufstellen zu wollen, was reine Erfahrung über die nöthige Kleinheit der Gaben, zum Behufe homöopathischer Heilungen ausspricht.
Wenn das der Fall wäre, taucht die Frage auf, welche Potenz die passende ist, um eine vollständige und allmähliche Heilung zu sichern und wie klein eine Dosis sein muss, um eine wirkliche Heilung herbeizuführen. Wie muss jedes Medikament dosiert werden, und wie weit kann es reduziert werden? Die Antwort befindet sich nicht im Bereich einer wissenschaftlichen Diskussion oder Vorstellung. Sie ist auch nicht in gut zurechtgelegten Argumenten oder besonderen technischen und wissenschaftlichen Erklärungen zu finden. Es geht lustigerweise darum, sich im Vorfeld alle möglichen Krankheiten, ihre verschiedenen Stufen und Ausmaße vorzustellen und sie zu klassifizieren. Bei jedem Patienten sollte insbesondere das gewonnene Erfahrungswissen angewendet werden. In jedem Patienten soll die Fähigkeit der Vitalkraft gegenzusteuern beobachtet werden. Dabei sollte man sich auf die Erfahrung verlassen. Man sollte damit aufhören, Medikamente in größeren Dosen, wie es in der Allopathie der Fall ist, anzuwenden. Es sollte nur die Potenz gegeben werden, die notwendig ist, um den Zustand der erkrankten Bereiche zu verbessern.
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