Die Influenza oder echte Grippe
Übersicht über die Verlaufsformen der Grippe
In der Homöopathie spielt es vorrangig keine Rolle, ob es sich um eine echte Influenza oder eine leichte Erkältung handelt. Nicht der Grippevirus wird bekämpft, sondern die Selbstheilungskräfte des Kranken werden individuell unterstützt. Im folgenden Artikel wird erst das Behandlungsschema nach Dr. Fortier-Bernoville gegeben, anschließend werden die wichtigsten Arzneimittelbilder vorgestellt.
Fasten ist das Beste
Eine homöopathische Behandlung der Grippe, ohne die Einhaltung einer Diät, würde das Prinzip der Ganzheitlichkeit schwerlich erfüllen. Wie bei jeder schweren Erkrankung ist auch bei Grippe eine komplikationslose Behandlung nur dann möglich, wenn der Körper nicht unnötig mit Nahrung belastet wird. Kritisch wird es, wenn die Krankheit richtig ausgebrochen ist und trotzdem die Nahrungszufuhr nicht völlig eingestellt wird. Hier steht dem Homöopathen eine lange, schwierige Behandlung bevor, d.h. die komplizierten Formen der Influenza werden auftreten (Lungenbeteiligung; typhusartige, septische Richtungen etc.) Des Weiteren wird sich auch die Behandlung in der Genesungszeit als komplikationsanfällig herausstellen.
Bei allen schweren Erkrankungen ist es wichtig abzuwarten, bis sich das Grundbild zeigt. Mittel wie Aconit und Belladonna kommen bei der Behandlung der schweren Grippe niemals in Frage, denn sie bergen deren Natur nicht in sich.
Die Behandlung der unkomplizierten, einfachen Grippe benötigt im Grunde nur wenige Mittel.
Die Hauptmittel sind:
Eupatorium perfoliatum, Gelsemium, Bryonia, Rhus-tox, Rhus radicans, Arnica, Ruta, Sarcolacticum acidum, Dulcamara, Aconit und Belladonna.
Die Behandlung der komplizierten Grippe ist zu schwierig, um in diesem Rahmen genauer darauf einzugehen. Es werden nur stichwortartig die wichtigsten Mittel nach Fortier-Bernoville angegeben.
Es gibt drei Hauptrichtungen von Grippe:
- die nervöse Form ‑ normaler Verlauf
- die respirative Form ‑ komplizierter Verlauf
- die gastro-intestinale Form ‑ komplizierter Verlauf
Die normale Grippe ist im Grunde die nervöse Form. Wenn Komplikationen hinzukommen, kann der Verlauf typhös, adynamisch oder septisch werden.
Mittel, die beim typhösen Verlauf wichtig sind
Arnica, Gelsemium, Muriaticum acidum, Rhus-tox, Bryonia, Baptisia, Lachesis.
Beim adynamischen Verlauf kommen in erster Linie folgende Mittel vor
Carbo vegetabilis, Gelsemium, Helleborus und Veratrum album.
Der septische Verlauf verlangt nach
Arsen, Anthracinum, Echinacea, Lachesis, Naja, Pyrogenium.
Mittel für die respiratorische Form
Nase und Nasennebenhöhlen
Allium cepa, Eucalyptus, Hepar sulfuris, Hydrastis, Kalium bichromicum, Nux vomica, Pulsatilla, Sticta pulmonaria.
Rachen und Kehlkopf
Arum triphyllum, Bromum, Drosera, Justicia, Mercurius, Phytolacca, Rumex, Sambucus nigra, Spongia.
Bronchien und Lunge
Antimonium arsenicosum, Antimonium tartaricum, Antimomum sulfuricum, Arsenicum album, Ipecacuanha, Kalium bichromicum, Kalium carbonicum, Phosphor, Pulsatilla.
Rippenfell
Apis, Aesclepias tuberosa, Arsenicum jodatum, Bryonia, Cantharis, Ranunculus bulbosus, Sulfuricum jodatum.
Mittel für die Verdauungsform
Magen
Anacardium, Bryonia, Carbo vegetabilis, Ipecacuanha, Kalium carbonicum, Nux vomica, Phosphor.
Pancreas
Lachesis, Lycopodium.
Leber
Phosphor, China, Helleborus, Iris, Berberis und Chelidonium.
Darm
Aloe, Argentum nitricum, Arsenicum album, Capsicum, Nux vomica, Podophyllum und Sulfur
Die Zeit zwischen der Aufnahme des Krankheitskeimes und dem Ausbruch der Krankheit (Inkubation) kann wenige Stunden bis zu einigen Tagen dauern. Je nachdem, wie lange die Inkubationszeit dauert, kann der Homöopath daraus schon den ersten Hinweis für die Mittelwahl gewinnen. Lassen Sie sich genau berichten, wie alles angefangen hat.
Die Grippe kann inmitten völligen Wohlbefindens, während der gewohnten Beschäftigung plötzlich einsetzen. Sie bricht unvermutet mit mehr oder weniger starkem Fieber herein, nicht selten unter Schüttelfrost. Die Temperatur steigt schnell, sogar bis 40 Grad C und höher, um nach einem oder mehreren Tagen schnell abzufallen. Dazu gesellt sich Kopfschmerz mit solcher Heftigkeit, meist in der Stirngegend, den Augenhöhlen, dass der Kranke kaum zu denken vermag und halb benommen daliegt. Jeder Hustenstoß, jedes Sprechen steigert den Kopfschmerz bis ins Unerträgliche.
Im anderen Fall beginnt sie langsam mit Benommenheit des Kopfes, Schwindel, Kreuzschmerz, Ziehen in den Gliedern, dass der Kranke sich nicht aufrecht halten kann. Es scheint, als ob er Blei in den Gliedern hätte. Hierzu gesellt sich ein eher trockener, quälender Husten. Daneben finden sich Appetitlosigkeit, Druckempfindlichkeit der Magengrube und Stuhlverstopfung, zuweilen auch Durchfall. In manchen Fällen ist die Grippe in vier Tagen beendet, in anderen zieht sie sich oft wochenlang hin, währenddessen zwei bis drei Rezidive auftreten. Erst durch reichliches Schwitzen und Abgang von salzigem Urin erfolgt die Genesung. Schwächliche Kranke können sich oft lange Zeit nicht erholen und an Nervenstörungen leiden (Neuralgien, Neurasthenie usw.).
Dosierung
- Das entsprechende Mittel wird in der C 200 alle zwei bis vier Stunden wiederholt.
Aconit
Symptome
- plötzlich einsetzender starker Schüttelfrost
- muss sich sehr warm einhüllen
- trockene Hitze mit hoher Körpertemperatur
- der ganze Körper glüht
- der Kranke ist unruhig
- ängstlicher Gesichtsausdruck
- Angst zu sterben
- großer Durst auf Kaltes
- Schwindel und Erbleichen beim Aufsetzen
- drohende Ohnmacht
- trockener, quälender Husten
Aconitum ist begrenzt auf den Blitzkatarrh. Im Grunde genommen auf Fälle, die sich innerhalb von 24 Stunden wieder auskurieren könnten. Mit Sicherheit kann man das nicht vorher wissen, aber wenn wir uns streng an das Aconit-Bild halten, dann könnten wir aus der schnellen Wirkung des Mittels diesen Schluss ziehen. Bei einem echten Aconit-Fall weicht die Grippe oft innerhalb von Stunden, oft verbunden mit einem Schweißausbruch, wonach der Kranke in tiefen Schlaf fällt und völlig gesund erwacht. Das passiert bei gesunden, robusten Menschen, bei denen keine Dyskrasie vorhanden ist, wie man das häufig bei Kindern findet.
Belladonna
Symptome
- brennende Hitze, nimmt nachts zu, manchmal unter leichtem Schwitzen
- trockener Kitzelhusten
- Gesicht ist glühend rot und trocken
- starker Blutandrang zum Kopf, begleitet von heftigen, klopfenden Kopfschmerzen
- die geringste Bewegung, Licht, Geräusche und besonders Erschütterung sind dem Kranken unerträglich
- Durst verlangt nach kleinen Mengen
- nachts treten sehr häufig Delirien auf; der Kranke sieht Monster oder Tiere, mit Vorliebe schwarze, gehörnte
- Belladonna gehört zu den Heilmitteln, durch welche die Temperatur sehr schnell und hoch ansteigt. Diese Menschen, vor allem Kinder, haben eine gesunde Konstitution. Sie sind sehr aktiv, freundlich und mitteilsam.
Echinacea
Symptome
- subjektiv großes Krankheitsgefühl, wobei die Grippe objektiv gesehen noch gar nicht richtig ausgebrochen ist
- Gefühl, als sei er schon lange krank
- Schmerzen im ganzen Körper
- große Mattigkeit und Erschöpfung
- Frieren mit Übelkeit
- Übelkeit besser durch ruhig Liegen
- Fieberanstieg mit Frösteln oder Schüttelfrost im Rücken und rotem Gesicht
- Gefühl, als sei der Kopf dumpf, voll und müde
- Puls schnell und kräftig
- Reizbarkeit und Ärger, wenn etwas gegen seinen Willen gemacht wird
Das Immunsystem ist bei diesem Menschen oft schon seit längerer Zeit geschwächt, und ein Infekt, sei es nun eine leichte Erkältung oder eine schwerere Grippe, kann hier leicht Fuß fassen. Gleich zu Beginn gegeben, hat Echinacea die Kraft, sogar eine schwere Virusgrippe abzuwehren.
Tipp
Das Verdauungssystem ist hier überstrapaziert worden und hat zur Schwächung des Immunsystems mit beigetragen. Jetzt brauchen Ihre Organe Ruhe und Erholung, vor allem die der Verdauung. Sie fühlen sich so elend, dass es Ihnen den Appetit verschlägt. Trinken Sie jetzt nur kaltes Wasser, bis Sie sich wieder ganz gesund fühlen.
Feste Nahrung würde jetzt nur im Magen anfangen zu gären und Aufstoßen und Blähungen verursachen. Trinken Sie jetzt nur kaltes Wasser, bis Sie sich wieder ganz gesund fühlen, oder trinken Sie mehrmals täglich das pürierte Fruchtfleisch vor allem von Mangos, aber auch von Beeren, mit Wasser verdünnt. Diese frisch pürierten Fruchtsäfte sind aufbauend und wohltuend.
Rhus toxicodendron
Symptome
- kurzer, trockener Husten, der fast nur nachts auftritt und durch das geringste Abdecken, sogar nur der Hände, ausgelöst wird; auch kalte Luft verschlimmert
- warme Getränke würden den Husten bessern, aber der Rhus-tox-Kranke hat häufig Durst auf ganz kleine Mengen Kaltes
- die Zunge ist gelb-weiß belegt, meist nur an der Wurzel mit charakteristischem rotem Dreieck an der Spitze
Tipps
siehe Kapitel Schnupfen und Husten
Rhus radicans
Symptome
- Kopfweh mit unerträglich steifem Nacken
- ein Gefühl von Hämmern und Schockschlägen im Nacken und oberhalb der Schläfen
- in den Beinen sind starke ziehend-reißende Schmerzen
- die Zunge brennt, wobei sich die Zungenspitze wund anfühlt
- Schmerzen zwischen den Rippen schießen zu den Schultern
Rhus radicans sollte statt Rhus-tox genommen werden, wenn deutlich eine Steifigkeit, besonders bei den Kopfschmerzen, vorhanden ist.
Arnica
Symptome
- übler Mundgeruch beim Husten
- der Husten ist so schmerzhaft, dass Kinder nach einem Anfall erbärmlich weinen
- der Kranke liegt benommen da
- zusammenhangloses Reden
- spielt seine Krankheit herunter
- ist schwerkrank und hält sich für gesund
Arnica kann manchmal leicht mit Rhus-tox verwechselt werden. Denn der Arnica-Kranke muss auch oft die Stellung wechseln, aber aus einem anderen Grund ‑ ihm erscheint das Bett zu hart. Auch ganz weiche Unterlagen fangen nach einiger Zeit an, sich immer härter anzufühlen. Sie verursachen Schmerzen, die ihn zwingen, häufig die Stellung zu wechseln. Arnica ist ein `fäulniserregendes Mittel‘; wenn der Arnica-Kranke hustet, werden die Umstehenden von dem Mundgeruch fast überwältigt. Wenn Winde abgehen, stinken sie nach faulen Eiern.
Der Kranke leidet unter großer Benommenheit. Wenn der Behandler eine klassische Anamnese erstellen will, statt einfach zu beobachten, kann ihn der Arnica-Kranke sehr verwirren. Auf Befragen fängt er zwar an, deutlich zu antworten, die Antworten werden in der Folge aber immer unverständlicher, bis am Ende nur noch Zischlaute zu vernehmen sind. Auch wenn der Arnica‑Kranke noch nicht so sehr benommen ist, kann man seine Antworten für die homöopathische Fallaufnahme kaum verwerten. Er redet immer zusammenhangloser, kann es sich aber nicht nehmen, oft zu betonen, wie unwichtig ihm seine Krankheit ist; letzten Endes sei alles gar nicht so schlimm. Die klassische Antwort des Arnica-Kranken auf die Frage, wie es ihm gehe, ist: „Mir fehlt nichts, ich bin gesund“, und dabei hat er 41 Grad Fieber! Es kann soweit kommen, dass er den Arzt nicht bemühen oder ihn sogar wegschicken will. Die gelegentliche Schlummersucht von Rhus-tox darf nicht mit dem stupurösen Zustand von Arnica verwechselt werden.
Bryonia
Symptome
- geringste Bewegung ist mit erheblichem Schmerz verbunden
- Unflexibilität auch im geistigen Bereich
- bezeichnend ist seine Teilnahmslosigkeit
- großen Durst auf meist Kaltes, außer wenn er eine Darmgrippe hat
- wenn die Lungen oder das Rippenfell angegriffen sind, liegt er auf der schmerzhaften Seite und hält sich die Stelle mit der Hand, um noch mehr Druck ausüben zu können
- er wirkt matt, betäubt und schwer
- seine Gesichtsfarbe und die Lippen sind dunkelrot
- er sieht sehr krank aus, sein Zustand ist in der Tat oft bedrohlich
- schmerzhafter Husten und Kopfschmerzen
- kennzeichnend sind die stechenden Schmerzen
Eine echte Bryonia-Grippe entwickelt sich sehr langsam. Bis die Krankheit zum vollständigen Ausbruch kommt, können drei bis vier Tage verstreichen. Die Abneigung gegen die Bewegung ist schon von Anfang an vorhanden, aber der Bryonia-Mensch ist noch nicht richtig krank. Schließlich fühlt er sich eines Morgens nach dem Aufwachen krank genug, um liegen zu bleiben. Am selben Abend und in die Nacht hinein steigt die Temperatur sehr hoch. Bryonia kennzeichnet die Abneigung und die Verschlimmerung durch Bewegung. Er kann stundenlang in einem dunklem Raum in einer Stellung bewegungslos ausharren – mit dem Rücken zur Tür. Er erweckt den Anschein zu schlafen und reagiert nur, wenn der andere sehr aufdringlich ist, und dann mit höchstem Widerwillen, den er den anderen deutlich spüren lässt.
Sarcolacticum acidum
Symptome
- heftige Magen- und Darmgrippe mit großer Übelkeit und krampfhaftem Würgen
- unkontrolliertes Erbrechen nach jeder Nahrungsaufnahme, sogar nach Wasser, gefolgt von großer Entkräftung (Arsen)
- die Muskeln fühlen sich sehr angeschlagen und kraftlos an
- kann nachts vor Unruhe kaum schlafen
Sarc-acid. passt für Steifheit und Wundheit, ähnlich wie wir sie schon von Arnica her kennen. Im Anfangsstadium kann man die beiden Mittel kaum voneinander unterscheiden. Der Sarc-acid-Typ bewegt sich wenig und ist überarbeitet.
Gelsemium
Auslösender Faktor
- warmes Wetter
Symptome
- Durstlosigkeit
- Bewegen der Augen sehr schmerzhaft
- fühlt sich schwer und müde
- Kopf tut derart weh, dass er sich nicht bewegen kann
- Frösteln, welches den Rücken hoch- und runterläuft
- langsamer Puls
Die Gelsemium-Grippe entwickelt sich langsam und neigt dazu, nach dem dritten bis vierten Tag in die adynamische Form überzugehen. Die Gelsemium-Symptomatik gehört zur rein nervösen Form der Grippe. Es ist ein häufiges Mittel bei Influenza in heißen Ländern oder bei warmem Wetter. Bei Bryonia ist es deutlich jegliche Bewegung, die lästig ist und verschlimmert. Bei Gelsemium ist es die Augenbewegung, die so weh tut.
Tipps
siehe Kapitel Schnupfen
Eupatorium perfoliatum
Symptome
- großer Durst auf kaltes Wasser, er trinkt immer wieder größere Mengen davon, besonders in den Morgenstunden, als ob er in der Nacht fast verdurstet wäre
- bekommt nach einer Weile Schüttelfrost
- danach wird ihm übel und er erbricht größere Mengen grüner Flüssigkeit (Galle)
- alle Symptome, außer Kopfschmerz, besser durch Schwitzen
- Schmerzen in der Brust beim Einatmen von kalter Luft
- Kopfweh mit Augenschmerzen
„Weh tun in den Knochen“- dieses Symptom charakterisiert Eupatorium. Es ist, als ob die Knochen geschlagen oder sogar gebrochen sind. Unerträgliche Schmerzen zwingen ihn, sich zu bewegen, obwohl er dadurch keine Erleichterung bekommt. In der ersten Phase der Grippe, wenn die anderen Symptome nicht deutlich auf ein anderes Mittel hinweisen, lässt uns dieses Symptom mit Sicherheit Eupatorium geben, sodass der weitere Verlauf abgewendet wird. Bei den Kopfschmerzen tun die Augen äußerst weh, und zwar nicht wie bei Gelsemium und Bryonia nur beim Bewegen, sondern die ganze Zeit.
… wird fortgesetzt
Weiterführende Literatur
-
und D. Pulford / Ravi Roy PNEUMONIE – Lungenentzündung homöopathisch behandeln, Lage & Roy Verlag
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