Chronische Kopfschmerzen gehören zu den modernen Zivilisationskrankheiten, von denen 12% der westlichen Bevölkerung betroffen sind. Doch bereits in den alten ayurvedischen Schriften wird der Kopfschmerz ausführlich behandelt und die Vorgehensweise hat bis heute Gültigkeit. Mit etwas Geduld, Stressreduktion und gezielter Ernährung kann der Schmerz gelindert oder gar behoben werden.
Kopfschmerzen, im Ayurveda Shiroga genannt, werden in der Schulmedizin in primäre und sekundäre Kopfschmerzen unterteilt. Bei den sekundären Kopfschmerzen handelt es sich um die Symptomatik einer Erkrankung, die durch klinische Untersuchungen erfassbar wird. Die Ursache der primären Kopfschmerzen ist unbekannt. Die drei wichtigsten Schmerzbilder hierfür sind der Spannungs-Kopfschmerz, der Cluster-Kopfschmerz und die Migräne.
Bereits in den alten ayurvedischen Schriften wird das Thema Kopfschmerz ausführlich behandelt. Sie beschreiben als Ursache für Kopfschmerzen: zu viel schweres und trockenes Essen, ein Übermaß an schwerer körperlicher Betätigung, unzureichender Schlaf, Verdauungsstörungen und Verspannungen. Die unterschiedlichen Ursachen, Symptome und Kombinationen von Kopfschmerzen erfordern eine individuell angepasste Therapie. Schon vor ein paar tausend Jahren entwickelten die Weisen der Ayurvedamedizin verschiedene Behandlungsstrategien, die auf die persönliche Konstitution des Erkrankten abgestimmt wurden. Diese Behandlungsansätze haben bis heute nichts an Aktualität verloren.
Unterschiedliche Schmerzqualitäten
Für den Ayurveda handelt es sich bei der Symptomatik Kopfschmerz um eine Disbalance des Kräfteverhältnisses der Bioenergien Vata, Pitta und Kapha. Wie unterschiedlich die Doshas Vata, Pitta und Kapha in das Beschwerdebild involviert sein können, zeigen die unterschiedlichen Schmerzqualitäten.
Der Vata-Kopfschmerz äußert sich durch plötzliche, unbegründbare Kopfschmerzen, die sich in der Nacht verstärken. Lärmempfindlichkeit, Sehstörungen und neurologische Ausfälle begleiten den Anfall. Sie können durch feste Bandagen und Wärmebehandlungen um den Kopf gelindert werden. Sehr deutlich wird hier auch das gegensätzliche Prinzip der Therapie: Vata ist leicht, beweglich und kühl, deshalb ist die Bandage fest. Das verleiht Stabilität und Wärme.
Sind die Kopfschmerzen heiß und brennend und ist die Hitze spürbar in Augen, Nase, Rachen oder Ohren, dann spricht die Schmerzqualität für Pitta-Dominanz. Die Betroffenen reagieren mit Lichtempfindlichkeit, Sodbrennen und saurem Erbrechen. Die Schmerzen verringern sich in der Nacht und durch kühlende Maßnahmen.
Geschwollene Gesichtspartien, besonders im Bereich der Augen, Schwere und Kältegefühl im Kopfbereich, begleitet von Übelkeit, sind Symptome für Kapha-Kopfschmerzen.
Bei der Migräne (Suryavarta) sind alle drei Doshas in den Schmerz involviert. Es kommt zu starken Schmerzen, welche die Region des Nackens, der Augen und Augenbrauen, des Jochbeins und der Schläfen befallen. Der Schmerz beginnt am Morgen, steigert seine Intensität bis zum Mittag und verringert sich zum Abend hin. Eine Migräne beginnt mit einer Vata-Disbalance. Hyperaktive Nervenzellen senden Impulse an die Blutgefäße aus und bewirken eine Anspannung und Verkürzung der Adern, die sich anschließend wieder weiten und ausdehnen. Es werden Prostaglandine, Serotonin sowie andere entzündungsauslösende Substanzen ausgeschüttet, die ein pochendes Schmerzgefühl hervorrufen.
Auf das Essen achten
Die Veranlagung für Migräne kann erblich bedingt sein. Hat man eine Disposition zu diesen Kopfschmerzattacken, können die verschiedensten Einflüsse eine Migräne auslösen: Zu lange Aufenthalte in der Sonne, im Schnee oder im Wind gehören dazu oder ein deutlicher Wetterwechsel. Beobachten sollte man auch, ob eine Veränderung des Schlaf-Rhythmus vorliegt oder ob wir zu wenig schlafen. Die Unterdrückung von natürlichen Bedürfnissen oder Verdauungsstörungen sind ebenfalls ein Auslöser. Dabei sollte man einmal seine Ernährungsgewohnheiten beobachten: Alkoholische Getränke und Zusatzstoffe in Lebensmitteln wie Nitrate (in Fast Food, Wurst, gebratenem Fleisch, Peperoni), reifer Käse, Getränke und Monosodiumglutamat (MSG, häufig enthalten in asiatischen Gerichten, aber auch ein Inhaltsstoff von Aromat) können verantwortlich sein für ca. 30% aller Migräneanfälle.
Die Aufnahme von übermäßig viel Koffein oder ein plötzlicher Koffeinentzug, aber auch die bestimmte Kombination von verschiedenen Nahrungsmitteln können eine Migräne auslösen. Beim weiblichen Zyklus können die Phasen der Menstruation und des Eisprungs eine Anfälligkeit verstärken. Aber auch eine lange, starre Haltung des Kopfes oder zu viel lautes Sprechen ist laut dem Ayurveda ein Trigger für einen Migräneanfall.
Eine der häufigsten Ursachen ist jedoch der emotionale Stress, oftmals verursacht durch unterdrückte Gefühle, die in stressreichen Situationen auftreten können. Dazu gehören Ängste, Sorgen, Aufregung oder Erschöpfung. Sie erhöhen die Muskelspannung und die Weitung der Blutgefäße und verstärken die Intensität der Migräne. Ein sogenanntes Migränetagebuch kann helfen, wenn es darum geht, die Auslösefaktoren zu entdecken.
Die Symptome von Migräne-Kopfschmerzen treten in vielfältiger Form auf. Bekannt sind die folgenden:
- Ein pochender oder klopfender Kopfschmerz, der dumpf beginnt und zu einem klopfenden Schmerz anwächst. Der Schmerz verschlimmert sich meist durch körperliche Aktivität. Er kann von einer Seite des Kopfes zur anderen Seite wandern, an der Stirn auftreten oder den gesamten Kopfbereich betreffen.
- Plötzlich auftretende Kopfschmerzen in der Nacht, ohne ersichtlichen Grund.
- Empfindlichkeit gegenüber Licht, Geräuschen und Gerüchen, Übelkeit und Erbrechen. Dazu kommen Magenbeschwerden, Bauchschmerzen, Appetitverlust, extremes Wärme- oder Kälteempfinden, Blässe, Erschöpfung, Schwindel, verschwommene Sicht, Durchfall, in seltenen Fällen in Verbindung mit Fieber.
Die meisten Migräneanfälle halten etwa 4 Stunden an, schwere Anfälle können bis zu einer Woche dauern. Die Häufigkeit der Anfälle kann sich sehr unterschiedlich gestalten und ist abhängig von der Konstitution des Betroffenen. Ein Anfall kann alle paar Tage auftreten oder im Abstand von zwei bis vier Mal im Monat bis hin zu ein bis zwei Mal im Jahr. Für die Betroffenen sind diese Attacken eine große Beeinträchtigung und herkömmliche Medikamente mögen zwar momentan Hilfe verschaffen, aber sie schützen nicht vor dem nächsten Migräneschub.
Gesundheitsratschläge /Dinacharya
Vermeiden Sie eine Vata erhöhende Ernährung. Dazu gehören trockene, leichte, rohe und kalte Nahrungsmittel wie Knäckebrot, Blattgemüse, Mais oder Kichererbsen. Auch eine Pitta erhöhende Nahrung ist ungünstig: saure Nahrungsmittel, saures Obst, Tomaten und zu scharfe Gewürze. Ebenso ist Vorsicht geboten bei Genussmitteln und Srota (Kanäle) blockierender Nahrung. Dazu gehören Joghurt, Käse, saure Sahne, Wurst, Fleisch und Eier.
Empfehlenswerte Nahrungsmittel sind: Warme Milch, Ghee (eingesottene Butter), Honig, Rohrzucker, Mandeln, Zucchini, Artischocken, Kürbis, Fenchel, Weintrauben, Honigmelonen, süße Äpfel und Datteln. Trinken Sie ausreichend warmes Wasser. Im akuten Anfall kann das Kauen einer Gewürznelke Hilfe bringen.
Vermeiden Sie Stresssituationen, berufliche Überforderung und Temperaturreize. Integrieren Sie Entspannungstechniken, Atemübungen und Meditation in Ihren Tagesablauf.
Wenn Sie den Beginn von Kopfschmerzen empfinden, ziehen Sie beide Ohrläppchen nach unten und gähnen Sie dabei kräftig. Das reduziert den Druck in den Blutgefäßen und verringert den Kopfschmerz.
Den Schmerz weg massieren
Migräne kann mit den ayurvedischen Maßnahmen gut behandelt werden. Es braucht jedoch etwas Geduld, da Ayurveda an die Ursache des Schmerzes herangeht und die psychischen Faktoren stabilisiert. Die Behandlungsstrategie bei Migräne wird sorgfältig auf die Konstitution des Betroffenen abgestimmt. Die gesundheits- und ernährungsberatende Therapie bekommt dabei eine besondere Gewichtung, wobei der Hauptfokus auf der Stressreduktion und einer gezielten Ernährung liegt. Die Schulung der Selbstwahrnehmung öffnet einerseits den Blick dafür, die eigenen Grenzen zu erkennen und zu akzeptieren, und andererseits, die eigenen Ressourcen besser zu nutzen und wieder zu füllen.
«Eine Migräne beginnt mit einer Vata-Disbalance»
Die therapeutische Behandlung reicht von diätischen Maßnahmen über «Nasya», eine Behandlung mit Nasentropfen, sanfte Kopfmassagen, Shirodhara, Takradhara (eine Behandlung mit Buttermilch), Dhurma pana (medizinischer Rauch, der durch die Nase inhaliert wird), Chakra-Massagen, spezielle Fußbäder bis hin zu entspannenden Körpermassagen. Für die therapeutischen Maßnahmen ist es ratsam, einen Arzt oder Naturheilpraktiker zu konsultieren.
Die Anwendungen normalisieren die Überaktivität der Nervenzellen und regulieren die Blutzirkulation zum Gehirn. Die Nebenhöhlen werden von abgelagerten Sekreten und Toxinen gereinigt, wodurch sich der Druck, der auf ihnen lastet, vermindert. Begleitet wird die Behandlung durch ayurvedische Medikamente sowie Gesundheitstipps, die den Organismus ganzheitlich harmonisieren und stabilisieren, um einem Migräneanfall vorzubeugen.
Der Ayurveda empfiehlt begleitend zu einer Therapie jeweils gezielt Yogaübungen. Hier eignen sich Anleitungen zur Stressreduktion und zur Entspannung. Die Körperübungen unterstützen den Reinigungsprozess und regen zusätzlich die Blutzirkulation an. Es lohnt sich, mit Geduld und Ausdauer dem Phänomen «Migräne» den Nährboden zu entziehen.
Grundlagen
Die Doshas oder auch Bioenergien entstehen durch die Verbindung der fünf Elemente, die in allem vorhanden sind: in Mensch, Tier, Stein, Pflanze, Kosmos. Nach dem jeweiligen Anteil ihrer spezifischen Elementeeigenschaften wird die Grundkonstitution eines Menschen, die Prakriti, ermittelt.
Vata steht für das Bewegungsprinzip, gebildet aus den Elementen Luft und Äther. Pitta beinhaltet das Umwandlungsprinzip, gebildet aus den Elementen Feuer und Wasser, und die Bioenergie Kapha steht für Aufbau und Struktur, gebildet aus den Elementen Wasser und Erde. Um das Gleichgewicht der Kräfte im Körper zu balancieren und wiederherzustellen, arbeitet der Ayurveda mit dem gegensätzlichen Prinzip. Das heißt, wo Geschwindigkeit vorherrscht, wird Ruhe entgegengesetzt, wo Schwere und Trägheit vorherrschen, wirkt Dynamik energetisierend und belebend, Kälte wird mit Wärme ausgeglichen, Trockenheit mit Feuchte.
Kontaktadresse
Kerstin Tschinkowitz
Freiestrasse 44
CH-2502 Biel / Bienne
info@ayurvedabalance.ch
Kommentare sind geschlossen.