Das Verdauungsfeuer aktivieren
Erhöhte Cholesterinwerte sind eine Volkskrankheit der modernen Zeit. Für den menschlichen Organismus gilt allerdings: Ohne Cholesterin läuft gar nichts. Der Ayurveda stärkt das Verdauungsfeuer, damit Fette besser umgewandelt werden können.
Cholesterin ist bereits im 18. Jahrhundert in Gallensteinen als essentieller Bestandteil aller tierischer Zellen entdeckt worden. Und tatsächlich läuft im menschlichen Organismus ohne Cholesterin gar nichts. Wie sieht der Ayurveda die Präsenz des Naturstoffes im physiologischen Ablauf des Organismus?
Der Ayurveda betrachtet nicht die Organe, sondern die sieben Körpergewebe, die Dhatus, als die anatomische Basiseinheit des Körpers (siehe Kasten). In ihnen können sich die aus dem Gleichgewicht geratenen Doshas, die Bioenergien, als krankmachende Faktoren manifestieren. Werden sie nicht ausgeleitet und in ihre Balance gebracht, kann dies längerfristig zu Erkrankungen führen, wie zum Beispiel zu Störungen des Fettstoffwechsels und zu hohen Cholesterinwerten.
Die Organe dienen in der ayurvedischen Lehre:
- als Sitz und Aktionsort der Funktionsprinzipien, den drei Doshas – den Bioenergien Vata, Pitta und Kapha
- Agni, dem Verdauungsfeuer, dem Feuer der Umwandlung
- den Srotas, den Transportkanälen des Körpers
Cholesterin, auch Cholesterol genannt, vom griechischen cholé (Galle) und stereós (fest), spielt bei der Biosynthese in der Leber eine wichtige Rolle. Dabei entsteht Gallensäure, ein wichtiger Bestandteil der Wandlungskette, die für die Umwandlung von Fetten aus der Nahrung verantwortlich ist. Da die Leber sehr viel zu tun und zu verdauen hat, benötigt sie für diesen Prozess eine optimal funktionierende Verdauungskraft, ein starkes Verdauungsfeuer (Bhuta-Agni), das Elementefeuer, um die Bestandteile, Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther zu transformieren.
Überfordertes Verdauungssystem
Wird zu wenig Gallensaft produziert, werden die Verdauungsfette nicht optimal abgebaut. Es kommt zu einer Überforderung des Verdauungssystems, was ohne ausgleichende Maßnahmen mit Therapie, Ernährung und Lebensführung unweigerlich zu einer Veränderung der Blutfettwerte führt. Die Folge können erhöhte Cholesterinwerte sein, die durch Ablagerungen die Gefäßwände verengen und im weiteren Verlauf zu Verkalkung führen, der so genannten Arteriosklerose.
Die Ursache für erhöhte Cholesterinwerte kann zum einen eine Erkrankung des Leber-Gallensystems sein. Zum andern kann eine ungesunde Lebensweise zu erhöhten Werten führen: falsche und vor allem zu fette Ernährung, Bewegungsmangel oder andauernder Stress und Ärger.
Stress lass nach
Es gibt neue wissenschaftliche Theorien, die besagen, dass die Ernährung keinen direkten Einfluss auf die Höhe des Cholesterinspiegels hat, da er zu 90 Prozent in der Leber gebildet wird. Nachgewiesen ist jedoch, dass Stress den Cholesterinspiegel beeinflusst. «Mir ist eine Laus über die Leber gelaufen» ist eine bekannte Redewendung. Wer Stress und Ärger hat, dem fehlt es an Verdauungskraft, dem richtigen Feuer, das zur Verstoffwechslung der Nahrung benötigt wird.
Wozu benötigt der Körper Cholesterin
- für die Elastizität der roten Blutkörperchen
- für die Funktion der Zellmembranen
- für die Bildung der Gallensäuren zur Fettverdauung
- für die Bildung von Vitamin D
- für die Psyche
- zur Unterstützung des Immunsystems
- für die Bildung der Sexual- und Stresshormone
- für die Gehirnentwicklung beim Baby
- für die normale Entwicklung des Embryos
Die unterschiedlichen Eigenschaften (Gunas), die Qualitäten der Symptome, der Krankheitsbilder, der Doshas, der Beschaffenheit der Körperkanäle (Shrotas) und der Abfallprodukte (Malas), der verschiedenen Verdauungsfeuer (Agnis), sind wichtiger Bestandteil der ayurvedischen Diagnoseverfahren.
Cholesterin gleicht in seinen Eigenschaften denen des Fettgewebes (Medadhatu) und denen des Kapha-Doshas. Sie sind kalt, schwer, klebrig, ölig, träge und schleimig und werden von den Elementen Wasser und Erde geprägt. Ihnen fehlt die Hitze, das Feuer (Bhuta-Agni), speziell für die Elemente Erde und Wasser, um sie vollständig zu verstoffwechseln. Genau hier setzt die Therapie des Ayurveda an. Wo Kälte, Schwere, Trägheit, Klebrigkeit des Erd- und Wasserelementes vorherrschen, wird mit den entgegengesetzten Eigenschaften, Wärme, Leichtigkeit, Flüssigkeit, behandelt, um die Schlacken zu lösen und abzutransportieren.
Lebensweise anpassen
Entsprechend der jeweiligen Konstitution und des jeweiligen Krankheitsbildes kommen Kräuterpräparate zum Einsatz, die speziell auf die Kapha-Reduktion und Ausleitung ausgerichtet sind. Unterstützt wird die Ausleitung durch Ölmassagen mit Pitta und Kapha reduzierenden Ölen. Um die Nachhaltigkeit der Maßnahmen zu garantieren, ist die Anpassung der Lebensweise und der Ernährung des Patienten unabdinglich. Dazu gehört sowohl das Einstellen des Rauchens als auch die Reduktion von Übergewicht. Regelmäßige körperliche Betätigung unterstützt eine optimale körperliche Durchblutung und die Versorgung des Organismus mit Sauerstoff. Atemübungen und Yoga fördern zudem die Elastizität der Gefäße.
Nicht selten werden zu hohe Cholesterinwerte von zu hohem Blutdruck (Hypertonie) begleitet. Eine gezielte Ernährungsumstellung aktiviert und stärkt die Verdauungskraft, die Stoffwechselfunktionen und die Ausscheidungsprozesse, durch die der Blutdruck und die Cholesterinwerte positiv beeinflusst werden können. Der Schwerpunkt liegt auf einer Kapha und Pitta reduzierenden Ernährung, die vorwiegend warm und leicht verdaulich sein sollte. Zucker, gesättigte Fette, frittierte Speisen, Geschmacksverstärker und Nitrite gilt es vom Speiseplan fern zu halten.
Da Stress erwiesenermaßen einen Einfluss auf diese Komponenten hat, liegt eine Korrektur der Lebensführung nahe. Atemübungen, Yoga, Bewegung in der Natur und andere Entspannungsmaßnahmen haben einen positiven Einfluss auf die Balance der physischen und biologischen Prozesse.
Denkt man daran, dass der Cholesterinverbrauch mit dem zunehmenden Alter ansteigt – früher galt die Regel 200 plus Lebensalter –, stellt sich die Frage: Kann ein Cholesterinspiegel von 200 mg/dl, der dem Wert eines jungen Menschen entspricht, für ältere Personen gesund sein? Eine medikamentöse Behandlung kann die Werte zwar positiv beeinflussen, werden die Medikamente jedoch abgesetzt, kehren die Symptome zurück.
Sicher gibt es Fälle, bei denen Ayurveda die Medizin nur flankierend begleiten kann. Doch die Eigenständigkeit der Patienten und die Regulation der Selbstheilungskräfte sollte immer ein fester Bestandteil des Therapieplans sein.
Sieben Dhatus (Körpergewebe)
- Rasa-Dhatu ist das Plasmagewebe (Blutplasma). Es ist verantwortlich für die Nahrungsübermittlung im Körper bis in die kleinste Zelle.
- Rakta-Dhatu ist das Blutgewebe (rote Blutkörperchen). Es ist verantwortlich für die Sauerstoffaufnahme und seine Verteilung im gesamten Körper über das Blut.
- Mamsa-Dhatu ist das Muskelgewebe. Es dient als Energiespeicher für die Körperkraft und die Fortbewegung.
- Medha-Dhatu ist das Fettgewebe. Es ölt und schmiert die Gelenke und sorgt für die Feuchtigkeit und die Elastizität des Körpers, des Gehirns, des Rückenmarks, der Leber, der Nieren und Nebennieren.
- Asthi-Dhatu ist das Knochengewebe. Es stützt den Körper und gibt ihm Struktur.
- Majja-Dhatu ist das Knochenmarksgewebe. Es füllt die Hohlräume des Körpers und sorgt für die Kommunikation zwischen den Zellen, den Körpergeweben und den Organsystemen.
- Sukra-Dhatu steht für die Fortpflanzungsgewebe des Mannes und Artava Dhatu für die Fortpflanzungsgewebe der Frau. Sie sind verantwortlich für Zeugung, Stress- und Emotionsbewältigung
Die drei Doshas
- Vata (Äther und Luft) steht für das Prinzip Bewegung. Es ist rau, trocken, kalt, leicht, subtil, beweglich und klar.
- Pitta (Feuer und Wasser) steht für Umwandlung und Transformation. Es ist heiß etwas ölig, penetrierend, flüssig, sauer, fließend und scharf.
- Kapha (Wasser und Erde) steht für Struktur und Verbindung. Es ist schwer, kalt, weich, ölig, süß, stabil, schleimig und klebrig.
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