Saturn
Saturn ist die Kraft der Vorstellung und der Wille zur Verwirklichung. Er bildet unseren Horizont. Was darüber hinausgeht, können wir uns nicht vorstellen. Er macht unsere Grenze aus, unsere Persönlichkeit, die vor allem ihre eigenen Vorstellungen verwirklichen möchte.
Im Mythos wird Saturn als eines von zwölf Kindern des allumfassenden Himmels und der Mutter Erde beschrieben. Jede Nacht bedrängte der Himmel seine Gattin samt der zwölf Kinder in ihrem Bauch. Da fragte Mutter Erde ihre Kinder, wer sich von ihnen das Treiben des Vaters nicht mehr gefallen lassen möchte. Saturn reagierte als Einziger darauf. “Ja Mutter, ich tue und vollende es” war seine Antwort. Er stellte sich vor seine Geschwister und verkörpert damit die Kraft der Vorstellung, die etwas tun und zu Ende bringen will. Danach flüsterte ihm die Mutter ihren Plan ein. Er bekam von ihr eine scharfzahnige Sichel in die Hand, trennte damit das Schöpfungsorgan seines Vaters ab und warf es hinter seinen Rücken ins Meer. Daraus entstand Aphrodite/Venus, die Schaumgeborene, die Göttin der Liebe.
Die Trennung vom Allverbundenen macht uns zu eigenständigen Individuen. Zugleich bringt sie die Liebe hervor. Ohne Trennung könnten wir die Liebe nicht erfahren. Liebe ist die Kraft, die alles Getrennte auf die rechte Weise wieder miteinander verbindet, damit das Allverbundene, ja die Idee des Allumfassenden, die Idee des himmlischen Vaters Uranus hier auf Erden verwirklicht wird.
Unsere persönliche Entwicklung zu einem eigenständigen Individuum ist ein notwendiger Schritt. Deshalb wird zunächst Saturn zum Herrscher unter den Göttern und auch in unserem Leben. Durch ihn lernen wir, unser Leben selbst zu bestimmen und es nach unseren Vorstellungen zu gestalten. Saturn ist eine wunderbare Kraft. Er vertritt das Gesetz der Erde und leistet bei jedem Verstoß Widerstand. Wer etwas tut, was er nicht beherrscht, merkt dies vor allem am Widerstand. Dieser schwindet, sobald die Lektion gelernt ist. Danach lässt einen Saturn weitergehen. Er ist der Hüter der Schwelle. Keiner kann ihn täuschen oder übertölpeln. Er ist in diesem Sinne gnadenlos und das aus nur einem Grund. Er schützt uns davor, etwas zu tun, für das wir noch nicht reif sind. Die Erde will, dass ihre Kinder wohl behütet aufwachsen, bis sie wirklich auf eigenen Füßen stehen können. Dafür sorgt Saturn. Sind wir seiner Ansicht nach reif, braucht er keinen Widerstand mehr zu leisten. Dann ist der Saturn in uns entwickelt.
Sobald wir die Anforderungen des Alltags im Großen und Ganzen bewältigen können, haben wir das Notwendige gelernt und unser Leben im Griff. Dann folgt die Überraschung. In uns wird eine zweite, machtvollere Kraft geboren. Der Mythos erzählt dies so: Kaum hatte Saturn die Macht an sich gerissen, offenbarten ihm die Eltern, dass eines seiner Kinder ihm die Macht entreißen würde. Nun setzte er alles daran, seine Macht zu erhalten. Er verschlang seine Kinder, darunter Pluto, den Reichtumspendenden, und Neptun, den Hüter des Lebenstraums. Folgen wir nur unseren eigenen Vorstellungen, erreichen wir weder unseren Lebenstraum noch die verborgenen Kräfte des Unbewussten. Das Leben kann uns dann nicht den Reichtum spenden, den es für uns bereithält. Wirkliche Erfüllung bleibt aus. Nach und nach wächst unsere Sehnsucht und mit ihr auch unsere Offenheit für das Neue, Andersartige und Fremde. Sobald sich unser Herz hiervon angesprochen fühlt, wird Jupiter in uns geboren. Er ist das Kind des Saturn, das im Herzen groß wird und das dieser nicht verschlingen kann. Jupiter befreit später auch Neptun und Pluto, damit wir deren Kraft in unserem Leben bewusst erfahren können.
Saturn und Jupiter trugen einen lange andauernden Kampf aus. Es ist der Kampf zwischen dem, wie es unserer Vorstellung nach gut wäre, und dem, wie es tatsächlich für alle gut ist. Saturn lebt nach der Devise “Hauptsache mir geht es gut.” Jupiter vermittelt hingegen die Einsicht, dass wir nicht wirklich glücklich sein können, solange unsere Mitmenschen leiden. Er vertritt das Gesetz des Himmels, das Gesetz der Liebe und Gnade.
Wir können tun und lassen, was wir wollen. Allerdings zieht jede Tat ihre Konsequenzen nach sich. So lautet das Gesetz der Erde. Saturn achtet darauf, dass es eingehalten wird, und sorgt für einen gerechten Ausgleich. Dies ist seine eigentliche, höhere Aufgabe. Durch die Kraft des Schicksals bringt er uns stets das entgegen, was wir auszugleichen haben. Und durch die Kraft der Liebe können wir stets das hinzufügen, was noch fehlt. Auf diese Weise kommt Saturn – so sagt es der Mythos – trunken vom Saft des Jupiterbaums auf die Insel der Seligen. Er herrscht dort und nur dort auf ewig und stellt seine Kraft in den Dienst Jupiters. Wir verwirklichen dann das, was für alle und auch für uns selbst gut ist. Dies bringt Sinn und Erfüllung in unser Leben. Bist du bereit, jeden Widerstand als liebevollen Hinweis anzunehmen, deine Fähigkeiten zu vervollkommnen und dich noch mehr für die Welt der anderen zu öffnen?
… wird fortgesetzt
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